Günter Herlt (18. Juni 1933 – 20. Dezember 2022)
Ellen Brombacher
Wir waren für den 29. Dezember 2022 um 10 Uhr verabredet. Der Anruf von Karin am 20. Dezember, dass Günter nicht mehr ist, traf mich sehr. Ich war gerne bei Günter Herlt und seiner Lebensgefährtin zu Gast. Stets waren es vertrauensvolle, gewinnbringende Gespräche, die wir miteinander hatten, geprägt auch durch Günters nie versiegenden Humor. Die aktuelle politische Lage war ebenso Thema wie die zunehmend besorgteren Gespräche über den Zustand unserer Partei, der LINKEN. Nie werde ich die Rede vergessen, die Günter anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus auf unserer KPF-Bundeskonferenz am 2. Mai 2015 hielt. Dialektik pur. Ohne Schönfärberei und ohne jede Anpassung an den Zeitgeist. Ein Meisterwerk. Nachdem er geendet hatte, erhielt er minutenlangen, stehend gespendeten Beifall. Es war nicht »nur« sein exzellentes journalistisches Können, welches da gewürdigt wurde. Es war ebenso die durch und durch menschlich und politisch redliche Haltung; über jeden Zweifel erhaben. 1933 in einer Arbeiterfamilie geboren wuchs er im Faschismus auf, erlebte den Krieg und blieb Zeit seines Lebens Antifaschist und Kriegsgegner. Er erlernte den Beruf des Zimmermanns, studierte an der Hochschule für Architektur in Weimar und kam schon in der 50er Jahren zur Journalistik. Bis zur Wende war er Medienarbeiter, zeitweilig Chefredakteur der »Aktuellen Kamera« und in den 1970er und 1980er Jahren Korrespondent des DDR-Fernsehens in Bonn. Mit der sogenannten Wende kam ihm sein Land abhanden. Seine Gesinnung blieb. Wir trafen uns auf mancher Veranstaltung unseres PDS- und später LINKEN-Bezirksverbandes; nicht nur einmal las Günter aus seinen nach 1989/90 geschriebenen Büchern vor, die im Eulenspiegelverlag herausgegeben wurden. Günter wurde Autor unserer Mitteilungen. In der Zeit von 2015 bis 2022 erschienen 19 Artikel [1] aus seiner Feder. Glänzend alle! Günter wird sehr fehlen. Vergessen werden wir diesen wunderbaren Menschen nie.
Anmerkung:
[1] Beginnend mit seinem letzten Mitteilungen-Artikel »Kommt man ohne Politik durchs Leben?« im Januarheft 2022 (https://kpf.die-linke.de/mitteilungen/detail/faschismusentwicklung ) sind sie in den Online-Fassungen alle durch Verweise bis zurück zum oben erwähnten Gastvortrag erreichbar.
Mehr von Ellen Brombacher in den »Mitteilungen«:
2022-11: Deutsch-jüdisches Familienbild
2022-10: Wortmeldung zum 24.10.1992 (Landesparteitag der PDS Berlin)
2022-10: Ilja Seifert wurde 71 Jahre alt. Er war ein Kämpfer.