Zum Hauptinhalt springen
Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Brüsseler Tribunal verurteilte die USA einstimmig

Prof. Dr. Norman Paech, Hamburg

 

Rede auf der Veranstaltung »Völkerrecht statt Wirtschaftskrieg. Bericht vom internationalen Tribunal gegen die Kuba-Blockade« am 1. Dezember 2023 in Hamburg

 

Zumindest im Kreis der »Cuba-Aficionados« hat sich herumgesprochen, dass es in der Tat am 16./17. November 2023 in Brüssel ein Tribunal gab. Die bürgerliche Großpresse hat nirgends davon Kenntnis genommen, hat es auch nie irgendwie kommentiert, sie waren alle eingeladen, niemand ist gekommen außer der Jungen Welt und auch offen­sichtlich dem Freitag. Die Frage ist: Weswegen jetzt ein Tribunal nach 60 Jahren der Sanktionen und der Blockade durch die USA?

Um es kurz auf den Begriff zu bringen: Das Elend, welches Batista hinterlassen hat, hat sich leider in den letzten Jahren in das Elend der Sanktionen gewandelt, und das ist zu verantworten von den USA. Und das ist das Problem, mit dem sich die kubanische Gesellschaft jetzt herumzuschlagen hat.

Auf dem Tribunal traf ich einen Onkologen aus der Schweiz, Professor Cavalli, der mir sagte, er sei im Frühjahr 2023 in Kuba gewesen und er sei noch nie so deprimiert über die soziale Situation gewesen wie da. Er hatte lange Kuba-Erfahrung. Und das ist es, weswegen jetzt die kubanische Regierung – und zwar in Form des Instituts für Völker­freundschaft – gesagt hat, wir müssen etwas dagegen tun, denn – die Presse hat davon keine Notiz genommen – am 4. November hat die UNO-Generalversammlung zum 31. Mal mit überwältigender Mehrheit die gesamte Sanktionspolitik der USA als völker­rechtswidrig und als amoralisch verurteilt. Zum einunddreißigsten Mal! Diesmal waren es 187 Staaten, die dafür stimmten, nur zwei stimmten dagegen – notorisch Israel und die USA –, und es gab eine Enthaltung – die Ukraine. Alle Staaten Westeuropas der EU haben dafür gestimmt, haben die Verurteilung unterstrichen und sie unterstützt, aber nichts ist geschehen.

Was ist solch ein Tribunal?

Und jetzt ist die Frage: Ist ein Tribunal wirklich die Möglichkeit, diese Situation zu ver­ändern? Ich muss kurz sagen, was eigentlich solch ein Tribunal ist. Es ist die Simulation eines Gerichtsverfahrens, welches nicht stattfinden kann, und es knüpft an an das berühmte Tribunal 1966 gegen den Vietnamkrieg in Stockholm. Dieses war auf Initiati­ve des britischen Philosophen Sir Bertrand Russell die Möglichkeit, nach den Normen, die sich die Staaten selber gegeben haben, vorzuführen, mit welcher Völkrechtsverach­tung und Völkerrechtsverletzung die Politik weitergetrieben wird, obwohl diese Staaten alle die Normen, die sie verletzen, unterschrieben haben.

Ich will ein Zitat des damaligen Vorsitzenden des Vietnam-Tribunals, des Philosophen Jean Paul Sartre, anführen. Das macht die Sache kürzer, so brauche ich nicht so viele Worte, um zu erklären, was der Inhalt eines solchen Tribunals ist. Er war damals auf die Kritik an dem Tribunal mit folgenden Worten eingegangen: »Es handelt sich für uns nicht darum, darüber zu urteilen, ob die amerikanische Politik in Vietnam verhängnisvoll ist oder nicht – was für die meisten unter uns außer Frage steht –, sondern darum, zu sehen, ob sie unter die Bestimmungen der internationalen Gesetzgebung über Kriegs­verbrechen fällt oder nicht. ... Es geht nicht darum, eine Politik zu verurteilen im Namen der Geschichte, es geht nicht darum, zu beurteilen, ob sie den Interessen der Mensch­heit zuwiderläuft oder nicht: es geht nur darum, festzustellen, ob sie unter die Kompe­tenz bestehender Gesetze fällt oder nicht.«

Soweit Sartre auf diesem Tribunal. Und das gilt auch hier vollkommen identisch. Auch hier geht es nicht darum, die USA wegen Imperialismus und Amoralität anzuklagen – alle werden das wahrscheinlich sowieso als selbstverständlich ansehen –, sondern hier geht es darum, zu sehen, nach welchen Vorschriften sie reden und nach welchen Inter­essen sie handeln und wie das mit diesem internationalen Recht vereinbar ist.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen sind sehr klar: Es ist einerseits die UNO-Charta und das Völkergewohnheitsrecht – jenes Recht, welches zwar verpflichtend ist, aber nicht irgendwo schriftlich niedergelegt ist, sondern durch die Praxis und die Intention der Staaten als verpflichtend anerkannt wird –, dann sind es die Menschenrechtspakte von 1966, die 1976 in Kraft getreten sind, und zwar insbesondere der zum Schutz der sozialen und ökonomischen Rechte, dann drittens die Vertrags- und Handelsrechte – und zwar der Maastricht-Vertrag, meistens unbekannt, der aber sehr interessante Vor­schriften hat, die verpflichtend sind –, und schließlich auch die Regeln der World Trade Organization WTO.

Ich will Sie und Euch damit nicht quälen, das Urteil gibt dazu einige detaillierte Auskünf­te. Das Gericht selber bestand aus fünf Richtern, und zwar aus Portugal, aus Griechen­land, aus Deutschland, Italien und den USA. Dann gab es drei Ankläger, und zwar aus Belgien und aus den USA. Die Verteidigung wurde nicht personell vertreten, weil die USA alle Tribunale, die bisher gewesen sind, sowieso ablehnten. Das sind sehr viele, zum Beispiel gegen Chile des Pinochet, es gab ein Tribunal gegen den Krieg der US-Amerikaner in Irak, und schließlich gab es vier Tribunale über die Menschenrechtssitua­tion in Palästina, meistens unbekannt hier.

Die Argumente der Verteidigung, die ganz offensichtlich immer da sind, wenn die USA sich wieder rechtfertigen müssen vor der UN-Generalversammlung, und auch in Doku­menten sind sie klar und wurden dem Gericht vorgetragen: Bedrohung der nationalen Sicherheit, Verteidigung gegen internationalen Terrorismus, der von Cuba gefördert werde, Rechtmäßigkeit wirtschaftlicher Sanktionen.

Eine Frage ist immer wieder aufgetaucht: Wirken Sanktionen? Sie wirken ja eigentlich nicht, denn das ist klar, wenn wir uns Russland ansehen, wenn wir Iran – ebenfalls unter den Empfängern von Sanktionen – und auch Kuba ansehen: Die politische Zielset­zung ist immer verlorengegangen, aber es ist natürlich eine ungeheure ökonomische Problematik, die da erzeugt wird. Jeder wird sich noch erinnern der Antwort von Made­leine Albright, der Außenministerin der USA, als sie gefragt wurde, ob die 500.000 Kin­der, die den Sanktionen im Irak zum Opfer gefallen sind, eigentlich die Sache wert gewesen sind, worauf sie ganz nüchtern sagte, bei Betrachtung aller Dinge, das ist es wert gewesen. Dieser Zynismus steht bis heute und zeigt nur, bis zu welchem Grade man politische Kriegsführung, zivile Kriegsführung, gar nicht mehr mit Waffen durchfüh­ren muss, sondern mit ökonomischen Mitteln ebenfalls erreichen kann.

Die USA haben dafür eine Reihe von gesetzlichen Grundlagen erlassen, die wir prüfen mussten, und die nur sehr kursorisch genannt seien: das ist erstens, sehr tief in die Geschichte der USA zurückgreifend, 1917 ganz offen gesagt, der Trading with the Ene­my Act, also Handel mit feindlichen Staaten, der dort etlichen Restriktionen unterwor­fen ist. Dann allerdings, sofort nach der Revolution 1959, 1960 kamen schon die ersten Überlegungen, wie können wir die Revolution aus den Angeln heben. 1961 war es dann Kennedy, der das erste Gesetz gegen Kuba in den Kongress brachte, der Foreign Assistance Act, ganz neutral benannt, danach begannen umfangreiche Sanktionen, die allerdings an dem politischen Kurs Kubas, wie wir alle wissen, zum Glück nichts geän­dert haben. Als dann jedoch die Sowjetunion unterging, als 1990 dann auch nicht mehr die Lieferung und die Unterstützung durch die Sowjetunion und auch nicht durch Russ­land möglich war, da witterte die USA-Administration Morgenluft und sagte, jetzt kön­nen wir den Todesstoß ansetzen, und es kam eine Reihe von anderen Gesetzen, die die Sanktionsschraube weiter andrehen konnte.

Ich will sie nur kurz nennen, damit man ungefähr weiß, wenn man sie wiedererkennt:

Das war 1992 der Cuban Democracy Act, der sogenannte Torricelli Act. Ich zitiere das deswegen, um hier auf ein Wort, welches in der amerikanischen Politik eine große Rolle spielt, nämlich »democracy«, hinzuweisen.

1996 kam dann der Cuban Liberty and Democratic Liberty Act, der sogenannte »Helms-Burton Act«. Wer erinnert sich nicht der ganzen Machenschaften des National Endow­ment for Democracy? Zum Beispiel haben sie in der Ukraine 4 Milliarden Dollar ausge­geben, um die Ukraine zu demokratisieren. Was im Maidan daraus geworden ist, das wissen wir alle, das heißt: Die Demokratie wird zum Büttel eines Krieges gemacht, der immer die furchtbarsten Konsequenzen für diese Länder nach sich zieht. Immer wieder, wenn man das Wort »democracy« hört, dann sollte man zum Fallschirm greifen.

Kern der Anklage

Die US-Strategie wurde schon 1960, als es begann, sehr deutlich benannt, und da zitie­re ich den Deputy Assistant Secretary of State for Inter-American Affairs, den soge­nannten Lester-Mallory-Bericht, der ganz klar erklärte: Die Strategie der USA ist offen, die Vitalität der kubanischen Wirtschaft zu schwächen, Hunger und Verzweiflung zu provozieren und Unzufriedenheit zu säen, um »regime change« herbeizuführen. Wört­lich, nur ein Bruchteil: »... to bring about hunger (Hunger), desperation (Verzweiflung) and overthrow of government (also: regime change)«.

Das war von Anfang an klar, und diese kriminelle Perspektive haben die USA bis heute aufrechterhalten. Der Kern der Anklage von den drei Anklägerinnen und Anklägern war: Verstoß gegen die Souveränität und das Selbstbestimmungsrecht des Staates Kuba, und zwar nach Artikel 2 Absatz 1 der UNO-Charta, und zugleich auch ein Verstoß gegen das Interventionsverbot, welches einige Ziffern später in Artikel 2 Ziffer 7, auch in der UNO-Charta, dargelegt ist.

Das zweite ist, dass man sich überlegt oder dass wir uns überlegen müssen: Wie steht es mit dem Elend, welches hier verursacht wird, und mit der Einhaltung der Pakte für soziale und ökonomische Rechte, das Recht auf Arbeit, das Recht auf Wohnung, das Recht auf ein angemessenes Leben und so weiter? Diese Praxis der USA ist auch dage­gen ein klarer Verstoß.

Ein Beispiel möchte ich doch erwähnen – der Beispiele sind so viele – und zwar: Als die Pandemie auch nach Kuba Einzug erhielt, war es für die Kubaner nicht möglich, an Impfentwicklungen der westlichen Staaten teilzuhaben, also weder von Norwegen noch von Schweden noch von Deutschland, weil das sanktioniert war. Es gab keine Möglich­keit. Aber die Frage der Selbstentwicklung war: Um nur einen Impfstoff zu entwickeln, braucht man Komponenten, die man am internationalen Markt kaufen muss – das ist der Sinn der Globalisierung der Wirtschaft. Aber auch das war durch die Sanktionen gegen das Finanzsystem einerseits erschwert, zum Teil auch unmöglich gemacht wor­den. Es war insofern eine gigantische Leistung, eigene Impfstoffe zu entwickeln. Die Gesellschaft in Kuba hat aber auch enorme Opfer und viele Tote dafür zahlen müssen. Schließlich hat sie, glaube ich, drei Impfstoffe entwickelt. Anders als die Konzerne hier, die sagen, nein, frei geben wir die nicht für die Länder der Dritten Welt oder des Globa­len Südens, haben die Kubaner sie dann nach Südafrika, Indien und andere Länder exportiert. Das war nur eine dieser Situationen, es gab viele und es gibt auch viele andere Mangelerscheinungen.

Extraterritoriale Wirkung

Ein weiteres Problem, mit dem wir uns auseinandersetzen mussten: Der Helms-Burton Act von 1996 war nicht nur auf Kuba selber, sondern auch auf extraterritoriale Wirkung ausgelegt. Das heißt, er sollte jene Staaten und jene Firmen aus dem Verkehr mit Kuba ziehen, die bisher das substituiert hatten, was sie selber nicht entwickeln konnten, das heißt, man wollte eine Drittwirkung der Sanktionen herstellen, und dazu hat man direkt auch weitere Maßnahmen und Verordnungen erlassen. Das heißt, es war eine doppelte Prüfung, die wir vornehmen mussten: einerseits die Wirkung auf die kubanische Gesell­schaft und zum anderen die Wirkung auch auf andere Gesellschaften.

Wir kennen das Problem bei den Sanktionen gegen den Irak, gegen Iran. Auch hier beklagen sich immer wieder westliche Firmen, dass sie dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden. Meistens können sie das verdauen durch andere Verbindungen, aber Kuba natürlich nicht, und viele Firmen haben sich dadurch auch zurückgezogen: die Commerzbank, Bayer und so weiter, es gibt sehr viele Flugfirmen und auch viele Kreuz­fahrtschiffe, die gar nicht mehr in Kuba anlegen. Man könnte sagen, es ist doch gut für Havanna, dass da kein Kreuzfahrtschiff mehr anlegt, aber auf der anderen Seite verdient man auch damit, dass man die Leckermäuler an Bord versorgen kann, nur: Auch das ist nicht mehr gegeben, weil in Havanna diese Waren nicht mehr angeboten werden können, die an Bord verzehrt werden.

Ich will hier nur die Maastricht-Richtlinien zitieren, weil sie so unbekannt sind, aber es gibt einige sehr interessante Vorschriften, die klar auf eines hinweisen: Solche extrater­ritorialen Wirkungen sind unzulässig. Da heißt es zum Beispiel in Nummer 3 und Num­mer 4 der Richtlinien: Alle Staaten haben auch extraterritoriale Verpflichtungen zur Achtung, zum Schutz und zur Erfüllung wirtschaftlicher sozialer und kultureller Rechte – das ist wieder der Sozialpakt von 1966. In Nummer 13: Die Staaten müssen Handlun­gen und Unterlassungen unterlassen, die die reale Gefahr mit sich bringen, dass der Genuss wirtschaftlicher sozialer und kultureller Rechte extraterritorial zunichte gemacht wird oder beeinträchtigt wird. Und schließlich noch einmal Nummer 22 der Prinzipien: »Die Staaten müssen es unterlassen, Maßnahmen wie Embargos oder ande­re Wirtschaftssanktionen zu ergreifen, die dazu führen würden, dass der Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zunichte gemacht oder beeinträchtigt wird.« Das heißt, es gibt eine sehr klare Beziehung der Maastricht-Prinzipien auf die menschenrechtlichen Prinzipien des Sozialpaktes. Wird die nicht hergestellt und durch­brochen, so ist das eine Verletzung verpflichtenden und verbindlichen Völkerrechts.

Strafrecht

Schließlich haben solche Völkerrechtsverstöße natürlich auch einen strafrechtlichen Inhalt. Das heißt: Man stellt nicht nur fest, ihr verletzt das Völkerrecht. Gibt es da nicht auch strafrechtliche Sanktionen? Ja, es gibt eine strafrechtliche Verantwortung seit 1989 und dann 2000. 1989 wurde das sogenannte Römische Statut, das internationale Strafgesetzbuch, von insgesamt 120 Staaten vereinbart, und dann im Jahre 2000 wur­de der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag installiert. Seitdem kann man wegen Verstoßes gegen die einzelnen Artikel auch dort anklagen. Und da ist zum Beispiel der Artikel 7 des Römischen Statuts »Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, die als ein ausgedehnter oder systematischer Angriff auf die Zivilbevölkerung definiert werden. Meistens hat man es mit Ausrottung, Versklavung, Deportation und Verfolgung zu tun, aber es ist auch das zu sagen: Eine Situation, die die Menschen in den Tod treibt, wie das jetzt ein UNO-Beamter von Gaza gesagt hat bzw. auch von den Sanktionen gegen Kuba gesagt hat, das sind Restriktionen, die im Endeffekt, wie auch in der Pandemie, Menschen in den Tod treiben. Da ist das Gericht einstimmig dazu gekommen: Ja, dies ist die Verbreitung von Elend durch die Sanktionen – und die Kausalität ist immer gege­ben, auch das haben die Zeugen ganz eindeutig bewiesen. Es waren insgesamt über 30 Zeugen und mehrere juristische Experten, die ebenfalls noch hinzugezogen wurden – es ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Völkermord

Und dann war da noch eine besonders schwerwiegende und aufgrund auch unserer Geschichte hier in Deutschland für mich als Richter persönlich schwierige Frage: Ist das nicht ein Völkermord, wie die Kubaner meinen? Denn in Artikel 8 ist der Völkermord ebenfalls strafrechtlich bewehrt und kann verfolgt werden. Da will ich nur die Passage vorlesen, mit der das Urteil zu seinem Ergebnis gekommen ist:

»In der Genfer Konvention von 1948 über Verhütung und Bestrafung des Völkermords heißt es in Absatz c: Die vorsätzliche Zufügung von Lebensbedingungen, die auf die vollständige oder teilweise physische Zerstörung einer Gruppe abzielen, ist ein Akt des Völkermords.

Die katastrophalen und grausamen Auswirkungen der US-Gesetze und Verordnungen, die seit mehr als 60 Jahren aufrechterhalten werden, zeigen, dass keine Blockade so umfassend, langanhaltend und brutal gegen ein Volk war wie diejenige, die die Vereinig­ten Staaten gegen Kuba aufrechterhalten haben. Die Blockade hat direkt und indirekt zum Verlust zahlreicher Menschenleben geführt, und die Entscheidung der USA, diese Blockade so lange aufrechtzuerhalten, bis das kubanische Volk sich den US-amerikani­schen Interessen unterwirft, zeigt, dass die USA entschlossen sind, langfristig die phy­sische Zerstörung zumindest eines Teils des kubanischen Volkes herbeizuführen, was einem Verbrechen des Völkermords gleichkommen könnte.«

Dieses war die Entscheidung des Gerichtes, und die wurde ebenfalls einstimmig ange­nommen.

Was nützt es?

Die Frage ist zum Schluss: Was nützt es? 60 Jahre der Verurteilung wegen Sanktionen, wegen Völkerrechtsverstoßes, haben die USA immer abgewinkt. Keine Maßnahme der EU-Staaten – es gab einige – hat irgendeine Wirkung gezeigt, sondern: Auch unter Biden ist die Schraube zur Erwürgung dieses Volkes immer enger gezogen worden. Es ist eine Legende, dass sich das seit Trump gelockert hätte. Nein, diese Regierung Biden hat die gleiche Interessen-Zielrichtung wie sie Trump und die Regierungen vorher gehabt haben. Das ist das Tragische daran, dass man immer wieder den Illusionen ver­fällt, dass der nächste Präsident es eventuell besser macht. Daran wird auch ein sol­ches Urteil nichts ändern, darüber sind wir uns klar. Aber wir sind der Überzeugung, dass es auch ein wesentlicher Beitrag zur Unterstützung des Widerstandes des kubani­schen Volkes gegen diese wirklich kriminellen Sanktionen sein kann. Die Aufgabe wird sein, dass man mit diesem Urteil vielleicht ein Nachdenken auch bei den Regierungen der EU-Staaten bewirken kann, um endlich das, was sie zwar wörtlich immer wieder in den Resolutionen anprangern, auch irgendwie in politische Aktionen gegen die amerika­nische Regierung verwandeln zu können. Das ist alles, was wir mit diesem beschei­denen Beitrag machen konnten.

Die LINKE Hamburg, Cuba Sí und die Linksjugend ['solid] veranstalteten am 1. Dezember 2023 im Hamburger DGB-Haus einen Informationsabend über das Internationale Tribunal gegen die Blockade Kubas. Teilnehmer auf dem Podium waren Rolf Becker, Schauspieler und Gewerkschafter, sowie der Völkerrechtler Norman Paech, der Vorsitzender Richter des Tribunals in den Räumen des EU-Parlaments in Brüssel war. Des Weiteren referierte die kubanische Botschafterin Juana Martínez Gonzáles über den Kampf gegen die Folgen der brutalen Blockade gegen Kuba.

Die komplette Video-Aufzeichnung dieser gelungenen Veranstaltung »Völkerrecht statt Wirtschaftskrieg. Bericht vom internationalen Tribunal gegen die Kuba-Blockade« ist auf dem Youtube-Kanal der LINKEN Hamburg verfügbar: https://www.youtube.com/watch?v=EJmLOIfFdCQ.

Mehr vom Tribunal am 16. und 17. November 2023 in Brüssel findet man auf der Homepage von Norman Paech www.norman-paech.de unter »Aktuelles«: Die Rede des Vorsitzenden Richters zum Auftakt und das abschließende Urteil, jeweils als PDF-Dokument.

 

Mehr von Norman Paech in den »Mitteilungen«: 

2023-10: US-Blockade gegen Kuba auf der Anklagebank

2023-04: Vor 20 Jahren: Der Krieg gegen Saddam Hussein

2022-07: Vom Kongress »Ohne NATO leben – Ideen zum Frieden« in Berlin, 21. Mai 2022