Am 22. Juli 2022 verstarb unser Genosse Werner Wüste
Ellen Brombacher
Am 22. Juli 2022 verstarb unser Genosse Werner Wüste. Als ich am 17. Juni Werner und seine Frau Irene in Wandlitz besuchte, konnten wir nicht wissen, dass es das letzte Mal sein würde, dass Werner und ich uns begegnen. Es ging ihm nicht gut und nach einer Gesprächsstunde war er vollends erschöpft. Aber diese eine Stunde war geprägt von seinem angespannten Interesse an allen Fragen, die heute jeden Kommunisten in Deutschland bewegen. Nicht zuletzt sprachen wir über die Lage in unserer gemeinsamen Partei, kurz vor dem Parteitag der LINKEN und – wie fast immer – stimmten wir überein. Werner Wüste traf ich im Jahr 2000 das erste Mal; anlässlich der Beisetzung unseres gemeinsamen Freundes Michael Benjamin. Die beiden waren von Kindesbeinen an verbunden durch das Schicksal ihrer Väter – aktive Antifaschisten, von den Nazis eingekerkert. Werners Vater überlebte. Und Werner war Antifaschist bis zu seinem letzten Tag. 1931 geboren, wuchs er in Berlin auf. 1948 schloss er die Schule ab und begann als Hilfsbeleuchter bei der DEFA zu arbeiten. Von 1952 bis 1956 diente er in der DDR-Grenzpolizei und studierte im Anschluss Regie an der Filmhochschule in Potsdam-Babelsberg. Als Regieassistent bei Karl Gass war er an dem Filmprojekt »Schaut auf diese Stadt« beteiligt. Danach folgten weitere Produktionen im DEFA-Studio für Dokumentarfilme, wo Werner von 1961 bis 1991 tätig war – lange Zeit als Chefredakteur der Wochenschau »Der Augenzeuge«. Als Rentner blieb Werner bis zu seinem Ableben politisch und künstlerisch aktiv. Die Liste seiner publizierten Beiträge ist lang – allein in den letzten 15 Jahren erschienen in den »Mitteilungen« 27 Artikel, zuletzt in der April-Ausgabe (bzw. im Mai-Heft) 2022. Deren Inhalt, ihr ansprechender Stil und die mittlerweile auch gute Online-Erreichbarkeit könnte Interessierte zum Verweilen einladen. Werner würde sich darüber freuen. – Und wir verdanken Werner zwei enorm wichtige Bücher. Er gab wissenschaftliche und publizistische Arbeiten Michael Benjamins heraus »Das Vermächtnis. Zeugnisse eines Sozialisten«. Und wir verdanken Werner die »Klartexte. Beiträge zur Geschichtsdebatte«. In diesem, 2009 gemeinsam mit dem KPF-Bundessprecherrat herausgegebenen, 400 Seiten umfassenden Buch hat Werner Artikel zur Geschichte aus unseren Mitteilungen sachkundig zusammengefügt. Die bei edition ost und dem verlag am park erschienenen zwei Bücher sind komplett »ausverkauft«. Der Kommunistischen Plattform, der Werner angehörte, hat er außerordentlich viel gegeben; nicht nur in materialisierter Hinsicht. Er war uns Freund in einer feinfühlig-ehrlichen, stets großzügigen und sehr klugen Art und Weise. Er stand beispielgebend für Prinzipientreue und Toleranz gleichermaßen. Wir werden ihm stets ein ehrendes Angedenken bewahren.
Mehr von Werner Wüste in den »Mitteilungen«:
2022-04: »Was wir alles nicht über die Volksrepublik wissen«
2021-05: Der Krieg und die Liebe. Die Liebe und der Krieg.
2021-04: ... in memoriam Tschernobyl
Mehr von Ellen Brombacher in den »Mitteilungen«:
2022-07: Über wesentliche Ursachen reden!
2022-05: Eine linke Opposition wird dringender gebraucht denn je
2022-05: Worum es letztlich geht