Zum Hauptinhalt springen
Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

So dachten schon einmal welche ...

Von Ellen Brombacher, Berlin

 

Einige Bemerkungen zum Antifaschismus. Mitte März 1945, so schrieb es mein Vater auf, traf im KZ Mauthausen ein Transport von 1.500 Häftlingen ein, von denen 300, es waren die Schwächsten, sofort ermordet wurden. Abgetrennt von den anderen wurden die Opfer aufgefordert, sich vollständig zu entkleiden. Dem Schneetreiben ausgesetzt, nahmen die Unglücklichen an der Todesmauer Aufstellung. Das Stöhnen und Wimmern dieser Menschen drang bis in die entlegensten Baracken. Um ihren Tod zu beschleunigen, trieb die SS die Sterbenden in dieser Nacht mehrmals ins Bad. Nach heißen Duschen wurden die kalten Wasserstrahlen auf die Körper der Opfer herabgelassen. Auch der Stärkste mußte unter diesen Mißhandlungen eingehen. Erstarrte, die im Leichenkeller des Krematoriums noch Lebenszeichen von sich gaben, wurden von der SS erschlagen. Soweit aus dem Bericht meines Vaters.

In der Nacht vom 11. auf den 12. Februar 2009 wurde die Außenmauer der Gedenkstätte Mauthausen mit Naziparolen beschmiert. In siebzig Zentimeter großen Buchstaben stand da: "Was unsern Vätern der Jud/Ist für uns die Moslembrut/Seid auf der Hut!/3. Weltkrieg – 8. Kreuzzug". In Italien werden währenddessen Sinti und Roma gejagt, und das Faschistenblatt für die Magdeburger Börde, der "Börde-Beobachter", schreibt dazu: "Wenn die BRD ein Türkenproblem hat ... so hat Italien zweifellos ein Romaproblem. ... nach offiziellen Zahlen leben in Italien 342.000 dieser ungebetenen Gäste, die man fälschlicherweise als Rumänen bezeichnet. Eine Beleidigung für jeden echten Rumänen ... (Anm. Redaktion: im Volksmund noch als Zigeuner geläufig, doch aufgrund der "Political Correctness" darf man nur noch von Sinti und Roma sprechen) ... Wütende Italiener warfen ... am 14. und 15. Wonnemond (Mai) 2008 Steine und Molotow-Cocktails auf die Romalager am Rande Neapels, verbrannten diese und jagten Hunderte Romas in die Flucht. Wie man weiß, sind das genau die Anlässe für die in- und ausländischen Pseudo-Gutmenschen, Partei zu ergreifen. Und zwar nicht für die Opfer die sich nach langer Leidenszeit wehren, sondern für die zu einem erheblichen Teil kriminellen Romas." Soweit der völkische Börde-Beobachter, ein Nazi-Drecksblatt von vielen in diesem Land. In Ungarn üben Faschisten in SS-ähnlichen Uniformen am hellerlichten Tage ihren Terror aus. Im Baltikum finden Ehrungen an Denkmälern für die einheimischen SS-Einheiten statt, die an der Seite der deutschen Faschisten mordeten. Die Aufzählung über derartige Tendenzen in europäischen Ländern ließe sich lange fortführen. Als habe es die zig-millionenfachen Bestialitäten nicht gegeben. Wer weiß, wozu es gut ist, werden manche denken – und so dachten schon einmal welche – die keine Konzepte dafür haben, wie man mit einer Krise fertig werden soll, die gerade erst richtig beginnt und von der niemand sagen kann, wie sie und wann sie endet.

Fazit: Der Problematik des Antifaschismus sollte im Wahlprogramm zu den Europawahlen größere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Daher schlagen die Einreicher folgende Änderung im Wahlprogramm vor:

"Die Wirtschaftskrise fällt zusammen mit einem beängstigenden Erstarken neofaschistischer Kräfte in Mitgliedsländern der EU und mit weltweiten Kriegen. Krise, faschistoide Tendenzen und Krieg sind eine unheilvolle Verbindung ... Es ist dringend notwendig, den neofaschistischen Kräften in Mitgliedsländern der EU zwingend Einhalt zu gebieten. ... In den Mitgliedsländern der EU sind die erstarkenden neofaschistischen Kräfte offen anzuprangern und kompromißlos zu bekämpfen. Jede Art von Rassismus – vor allem der mörderische Antisemitismus und ebenso die volksverhetzende Islamophobie – ist zu ächten."

Diskussionsbeitrag auf dem EU-Parteitag der LINKEN am 28. Februar 2009 in Essen – Die von Sahra Wagenknecht, Ellen Brombacher, Sabine Lösing, Ulrike Bretschneider, Arne Brix, Rim Farha, Dieter Popp, Carsten Schulz und Haimo Stiemer eingereichten Anträge wurden vom Parteivorstand der LINKEN bereits im Vorfeld des Parteitages in das Wahlprogramm übernommen.

 

Mehr von Ellen Brombacher in den »Mitteilungen«: 

2009-03: Der Unterschied zu Münster und Gera

2008-12: Referat des Sprecherrates auf der Bundeskonferenz am 22. November 2008

2008-11: Nachbetrachtungen zu einer teilboykottierten Veranstaltung