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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Reformierbar auf Druck der Schwellenländer?

Prof. Dr. Christa Luft, Berlin

 

Am 1. März 1947 nahm der IWF seine operative Tätigkeit auf

 

Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Washington. Seine Hauptaufgabe ist die Vergabe von Krediten an Länder, die in Zahlungsbilanzschwierigkeiten geraten sind und keine ausreichenden Währungsreserven haben. Der IWF und seine Schwesterorganisation Weltbank (diese vergibt Kredite für spezielle Projekte) sind Institutionen, die ihren Ursprung im 1944 geschaffenen Bretton-Woods-System haben. Noch vor Ende des Zweiten Weltkrieges schrieben 44 Staaten in dem nach einem kleinen Ferienort im US-Staat New Hampshire benannten Abkommen die Grundplanken für die Neugestaltung der internationalen Währungs- und Finanzbeziehungen fest:

  • ein System fester Wechselkurse, was Kursspekulationen ausschloss
  • der US-Dollar als Leitwährung und die Verpflichtung der USA, auf den Dollar lautende Forderungen jederzeit in Gold einzutauschen
  • Kapitalverkehrskontrollen
  • die Gründung des IWF und der Weltbank.

1971 kündigte US-Präsident Nixon dieses Abkommen. Die USA befanden sich im Vietnam-Krieg, druckten für dessen Finanzierung Dollarnoten, die amerikanischen Goldbestände aber wuchsen nicht mit. Die Goldeintauschverpflichtung für Dollar-Noten wurde aufgehoben, Kapitalverkehrskontrollen entfielen, feste wurden durch flexible Wechselkurse abgelöst. Das alles blähte die Devisenspekulation auf. Vom ursprünglichen Bretton-Woods-System überlebten nur die Weltbank und der IWF. Letzterer hatte am 1. März 1947 die operative Tätigkeit aufgenommen. Aktuell gehören dem IWF 189 Staaten an, deren Stimmrecht sich laut Satzung an ihrem Kapitalanteil orientiert.

Vormacht der USA

Die Mitglieder mit den größten Stimmanteilen sind: USA 16,75 %, Japan 6,23 %, Deutschland 5,81 %, Frankreich und Vereinigtes Königreich je 4,29 %, Italien 3,21 %. Gemessen an ihrer Wirtschaftskraft sind China mit 3,81 % und auch andere aufstrebende Länder wie Indien (2,34 %) und Brasilien (1,72 %) vollkommen unterrepräsentiert. Da die Beschlüsse im IWF mit einer Mehrheit von 85 Prozent getroffen werden müssen, verfügen jeweils die USA allein und die EU-Staaten gemeinsam de facto über eine Sperrminorität. 2010 hatte der IWF ein größeres Reformpaket angenommen, mit dem die Einlagen verdoppelt und rund neun Prozent der Stimmrechte umverteilt werden sollten. Vor allem die westeuropäischen Staaten würden Macht abgeben, die Schwellenländer hingegen Einfluss gewinnen. Zwar immer noch nicht in dem Maße, wie es ihrer Bedeutung für die Weltwirtschaft entspräche, aber immerhin. Zwar haben inzwischen mehr als 75 Prozent der IWF-Mitglieder die genannten Änderungen ratifiziert, doch der US-Kongress mauerte bisher. Die USA sind das einzige Land in der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20), das sich immer noch widersetzt. Ob das unter dem neuen Präsidenten und der absoluten republikanischen Mehrheit im US-Kongress anders wird, ist offen. Deutschland und die anderen großen EU-Länder empfinden das sicherlich als eine komfortable Situation, da so ihre gemeinsam mit den USA ausgeübte Dominanz verlängert wird. Aber auf ewig wird sich der Wandel nicht aufhalten lassen, wenn der Westen nicht riskieren will, dass sich die Schwellenländer mit eigenen Institutionen weiter abkoppeln. Diese Gefahr sieht wohl Christine Lagarde, die Geschäftsführerin des IWF. Schon im Sommer 2014 wies sie auf eine Bestimmung in der Satzung des Fonds hin, nach der dessen Sitz im Land mit den meisten Stimmrechten unterhalten werden muss. Da aber China weiter wachse und irgendwann die größte Volkswirtschaft sein werde, könne sie sich durchaus vorstellen, dass der IWF eines Tages von Washington nach Peking umziehen muss.

Kreditvergabemodalitäten

Jeder IWF-Mitgliedstaat bekommt eine so genannte Quote zugewiesen. Nach dieser Quote richten sich: die Einzahlungsverpflichtungen (in Gold, Devisen und Landeswährung) in den Fonds. Wenn ein Land in Zahlungsschwierigkeiten kommt, kann es finanzielle Hilfe, einen Kredit, vom IWF beanspruchen. Es kann auf Antrag beim IWF die Währung eines anderen Landes gegen Gold oder Landeswährung kaufen bzw. »ziehen«. Seit 1969 gibt es dafür das Instrument der so genannten Sonderziehungsrechte (SZR). Sie werden den Ländern in bestimmter Höhe zugeteilt und dienen dem Devisenkauf. Bei den SZR handelt es sich um eine Art Weltgeld im Zahlungsverkehr der Zentralbanken. Die Inanspruchnahme eines Kredites ist an bestimmte Bedingungen gekoppelt, die das jeweilige Land zu erfüllen hat. Diese werden als Strukturanpassungsprogramme bezeichnet. Ein solches Programm kann z. B. so aussehen: Kürzung von Staatsausgaben, Steigerung des Exports, Abwertung der Landeswährung, Privatisierung von öffentlichen Einrichtungen wie Sparkassen, Elektrizitätswerke, Wasserwerke, Telekommunikation.

Image als »neoliberale Dampfwalze«

Die Kreditvergabe des IWF ist also generell an wirtschaftspolitische Auflagen geknüpft, die die Rückzahlung der Kredite sichern sollen. In den zurückliegenden Jahrzehnten hat der Fonds sich durch die genannten Strukturanpassungsprogramme bei den sozialen Bewegungen in aller Welt das Image einer »neoliberalen Dampfwalze« zugelegt. Länder, die sich mit IWF-Krediten aus akuten Zahlungsschwierigkeiten befreien wollen, wird als Bedingung für die Hilfe ein ätzendes Paket aus Lohnkürzungen, Massenentlassungen, Privatisierungen und Einsparungen beim Gesundheitswesen und in der Bildung aufgezwungen. Ab den 1980er Jahren traf es viele afrikanische und lateinamerikanische Länder, 1997/98 die ostasiatischen Tigerstaaten, Mexiko und Russland, ab 2008 ff. Irland, Portugal, Spanien und Griechenland.

Der US-Wirtschaftsnobelpreisträger und ehemalige Chefökonom der Weltbank Joseph E. Stiglitz kritisiert in seinem Buch »Die Schatten der Globalisierung« den IWF für die seiner Meinung nach »blinde« Verfolgung des Washington Consensus (Deregulierung, Liberalisierung, Privatisierung) und das Vorgehen der Organisation während der Überführung der osteuropäischen Zentralverwaltungs- in marktwirtschaftliche Systeme. Der IWF setzt also weltweit das um, was in der Europäischen Union als »Austeritätspolitik« bekannt ist. Mit dieser Kritik stößt er bei neoliberalen Ökonomen-Kollegen naturgemäß auf heftigen Widerspruch.

Der griechische Ökonom Yanis Varoufakis, der als Finanzminister mit den Konsequenzen des brutalen IWF-Vorgehens gegen die politisch ungeliebte Syriza-Regierung kämpfte und für verschiedene Varianten einer Schuldenerleichterung warb, erinnert sich: »Dabei wurde so getan, als sei Griechenland nicht bankrott, sondern nur gerade nicht flüssig. In dieser Lage dem insolventesten aller Staaten den größten Kredit der Geschichte zu geben – wie drittklassige korrupte Banker –, das war ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, empört sich Varoufakis. »Damit zwangen sie Griechenland in eine Verschuldung ohne Ende.« Gegen einen Schuldenerlass hatten sich vehement die Regierungen Frankreichs und Deutschlands gewehrt, denn französische Banken hatten in Griechenland 20 Milliarden €, deutsche Banken 17 Milliarden € im Feuer. Stattdessen wurde 2010 ein Notkredit von IWF und den EU-Staaten in Höhe von 80 Milliarden € bewilligt. Fortan reiste regelmäßig eine Troika aus IWF-, EZB- und EU-Kommissionsvertretern als Kontrollinstanz nach Athen, um jeden Zug der dortigen Regierung zu überwachen. Griechenland glich fortan einem Protektorat des Westens.

Weniger brachial als mit Griechenland ging und geht der IWF mit hoch verschuldeten Ländern um, die politisch in der Gunst der USA und ihrer Hauptverbündeten stehen. Die kriselnde Ukraine bekommt gerade eine Milliarde Dollar aus einem Programm, das insgesamt 17,5 Milliarden Dollar umfasst. Russland hatte sich gegen die neue Auszahlung ausgesprochen, weil das Land aus Sicht Moskaus zunächst seine Schulden beim Nachbarland begleichen solle. Die belaufen sich auf mindestens drei Milliarden Dollar. In zwei vorigen Tranchen hatte der IWF bereits rund 5,4 Milliarden Dollar ausgezahlt. Mit Blick auf die ukrainische Konjunktur sprach IWF-Chefin Christine Lagarde wohlwollend von »willkommenen Anzeichen für eine Erholung«.

Kritik am IWF von verschiedenen Seiten

Schwellenländer drängen auf größere Mitspracherechte und Erhöhung ihrer Quoten entsprechend ihrer Wirtschaftsleistung. Der Präsident der VR China hat das auf dem jüngsten Weltwirtschaftsforum in Davos noch einmal deutlich gefordert. Aus liberal-konservativer Ecke steht der IWF in der Kritik, weil er Kredite an Länder gibt, die schlecht gewirtschaftet haben, das setze Fehlanreize. Am heftigsten wird die Griechenland-Rettungspolitik attackiert. Der Fonds habe seine charakteristische Gewandtheit als Krisenmanager verloren. Er sträube sich, an Bord zu bleiben, wenn es um weitere Hilfen wie gegenwärtig für die Hellenen geht. Der IWF-Chefin persönlich wird vorgeworfen, kriselnde europäische Länder zu bevorzugen. Linke kritisieren den Fonds vor allem wegen seines neoliberalen Dogmatismus, mit dem er seit Jahrzehnten vor allem Entwicklungsländer antreibt, ihre Wirtschaft umzugestalten: Zölle und Schutzbestimmungen abbauen und Märkte für ausländische Konkurrenz öffnen. Das würde die Ökonomie beleben und Einnahmen generieren, so die Devise.

Von internationalen politischen Kräfteverhältnissen wird es abhängen, in welche Richtung sich die Finanzinstitution künftig entwickelt.

 

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