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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Positionen und Verhalten der USA

Prof. Dr. Anton Latzo, Langerwisch

 

Aus dem Beitrag »Der Schoß ist fruchtbar noch … – Friedenskampf als ein Hauptfeld des Klassenkampfes« unseres Genossen Anton Latzo, veröffentlicht in RotFuchs Nr. 1/2016 als Beilage, dokumentieren wir hier den den USA gewidmeten Abschnitt:

 

Die USA haben seit 1990 insgesamt 19 Kriege und bewaffnete Interventionen geführt. Und bei all diesen Handlungen agieren sie sowohl inner- als auch außerhalb der NATO. Sie wollen die NATO und die EU einbinden, aber sich nicht durch diese behindern lassen, ihre imperialistischen Ziele zu verwirklichen.

»Unser erstes Ziel ist es, das Wiederauftauchen eines neuen Rivalen zu verhindern, egal ob auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo, der eine ähnliche Bedrohung darstellt wie die Sowjetunion. Das erfordert, dass wir verhindern, dass eine feindliche Macht eine Region dominiert, deren unter Kontrolle gebrachten Ressourcen ausreichen würden, eine neue Weltmacht zu schaffen. Diese Regionen beinhalten Westeuropa, Ostasien, das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und Südwestasien.« (Z. Brzezinski, Die einzige Weltmacht)

Damit wird »Amerikas globale Führungsrolle« klar definiert. Es geht den USA nicht um Frieden, nicht um gleichberechtigte Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil. Es geht auch nicht primär um eine bestimmte Region. Es ist die Weltherrschaft, die das Hauptmotiv, die Triebfeder des USA-Imperialismus ist. Es geht um die Ausschaltung jeglicher Konkurrenz und des Konkurrenten!

In diesem Sinne sind alle Regionen betroffen. Natürlich richtet sich der Hauptstoß primär gegen Russland und die VR China. Aber auch Westeuropa, die EU, die BRD bleiben nicht verschont!

Mit erstaunlicher Offenheit wies George Friedman (Chef der USA-Denkfabrik Stratfor) darauf hin, dass ein »außenpolitisches Grundinteresse« der USA, »wofür wir seit Jahrhunderten die Kriege führten – erster und zweiter Weltkrieg und kalter Krieg – … die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland (waren). Weil vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann, und unser Interesse war es, sicherzustellen, dass das nicht geschieht.«

Im Konzept der USA besteht kein »Europa«. Es gibt in ihrem Konzept keine Anzeichen dafür, dass sie ihre Außenpolitik, ihre Beziehungen und ihr internationales Verhalten unter Einbeziehung eines zusammenhängenden Gebildes namens »Europa« planen und durchführen.

Statt dessen unterhalten die USA Beziehungen zu den einzelnen Staaten Europas und nicht zu einer »europäischen« Entität. Das ist auch der Ausgangspunkt für die Charakterisierung eines »alten Europas« (Westeuropa) und eines »neuen Europas« (Mittel- und Osteuropa, einschließlich ehemalige Sowjetrepubliken). Die Errichtung der Militärstützpunkte in den Ländern Osteuropas, die Einrichtung von Raketenstellungen in Polen, Rumänien, Bulgarien, die Lieferung von Waffen an Estland, Lettland, Litauen, an Rumänien, Polen und Bulgarien sowie an die Ukraine erfolgen dementsprechend nicht im Rahmen der NATO, sondern außerhalb der Institutionen der NATO, um nicht auf die Zustimmung der anderen NATO-Staaten angewiesen zu sein.

Damit erhalten sich die USA die Möglichkeit, den »Sicherheitsgürtel« um Russland mit der NATO, aber auch ohne das Mitwirken der anderen imperialistischen Hauptmächte der NATO und der EU zu errichten, sich bei ihren aggressiven Handlungen jeglicher Kontrolle zu entziehen! Die Bestrebungen der USA laufen darauf hinaus, zu vermeiden, dass eine starke Europäische Union unter deutscher Führung, die auch noch erträgliche Beziehungen zu Russland und zu einer möglichen Eurasischen Union unterhält, die USA in eine ökonomische und geostrategische Randposition drängt.

Die USA sind eine auf ökonomische Stärke und vor allem auf militärische Übermacht basierende imperialistische Macht, die hemmungslos von ihrem militärischen Potential und Apparat Gebrauch macht. Trotz abnehmender Stärke als Tendenz dürfte sie in den nächsten zehn Jahren diese Position erhalten können. Dazu dürfte vor allem beitragen, dass sie auf der Grundlage ihres wissenschaftlich-technischen Potentials in der Lage sein wird, die Kontrolle über die Ozeane und im Weltraum als Fundament ihrer Macht zu erhalten.

Im Rahmen solcher strategischer Überlegungen sind die USA gegenwärtig Hauptaggressionsmacht in der Ukraine. Die USA und ihre europäischen »Verbündeten« sind aufs neue im Nahen und Mittleren Osten militärisch aktiv. Sie schüren in Asien immer neue Konflikte, um a) eigene Expansion zu betreiben und b) eine Verständigung zwischen der VR China, Indien und Japan zu verhindern. In Afrika tobt der Konkurrenzkampf zwischen allen imperialistischen Mächten. Hervorzuheben ist die Tatsache, dass der Kampf um die Neuverteilung der Rohstoffquellen und der Absatzmärkte sowie um politische Einflusssphären fast überall mit militärischen Mitteln ausgetragen wird. Die Tendenz zum Einsatz des Militärischen gewinnt in der Strategie der imperialistischen Staaten die Oberhand!

Vielfältige Schritte verdeutlichen den zunehmenden Einfluss des Militärischen in der Durchsetzung der politischen Ziele der imperialistischen Mächte. So werden z. B. in den strategischen Planungen für die Gegenwart und die nächste Zeit die USA darauf ausgerichtet, dass die Gefahren, die den USA drohen, vor allem von der VR China und von Russland ausgehen. Damit sind die VR China und Russland an die erste Stelle möglicher amerikanischer Zielobjekte gerückt. Sie wurden noch vor die Länder (KDVR, Iran, Irak, Syrien) gesetzt, die George W. Bush in seiner berüchtigten Rede von 2002 auf der »Achse des Bösen« verortet hatte.

In der Nationalen Militärstrategie, die im Sommer 2015 vom Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs Martin Dempsey vorgelegt wurde, heißt es, dass die Gefahr eines Krieges mit einer anderen Großmacht wächst. Das Schwergewicht wird vom »Terrorismus« auf Krieg zwischen Staaten verlagert, womit obige Positionierung bestätigt wird.

Es wird eine radikale Abkehr von der Doktrin, die seit der Zerschlagung der UdSSR gültig war, gefordert, wonach die USA zu jedem Zeitpunkt höchstens zwei größere Kriege gleichzeitig führen können. Für die USA sei es »unabdingbar«, die Fähigkeit zu besitzen, »einen globalen Krieg führen zu können. ... In der heutigen Bedrohungsumgebung könnte es ohne weiteres sein, dass die Vereinigten Staaten gefordert sind, in mehreren Regionen zeitlich überlappend abzuschrecken oder zu kämpfen: auf der koreanischen Halbinsel, im Ostchinesischen oder Südchinesischen Meer, im Nahen Osten, in Südasien und durchaus möglich, in Europa.« Und weiter heißt es im Dokument des Nationalen Verteidigungsforums der USA »Eine sichere Verteidigung für die Zukunft sicherstellen« vom 31. Juli 2014: »Die Vereinigten Staaten müssen sich auch darauf vorbereiten, mit atomar bewaffneten Gegnern konfrontiert zu sein.« (Hervorhebungen A. L.) Die USA bereiten sich also vor, fünf oder sechs Kriege gleichzeitig zu führen. Sie bereiten sich darauf vor, einen globalen Krieg (sprich: Weltkrieg) zu führen, und schließen Kriege zwischen Atommächten nicht aus!

Gleichzeitig sind Russland und die VR China an die erste Stelle der Bedrohungen gesetzt!

 

Mehr von Anton Latzo in den »Mitteilungen«:

2015-10: Österreichs Neutralität

2015-06: Die Bundesrepublik Deutschland und Bosnien-Herzegowina

2014-12: Ukraine im Visier