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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Paul Eisenschneider und seine Tochter Elvira wurden vor 70 Jahren ermordet

Eberhard Butter, Berlin

 

Es war eine kommunistische Familie aus dem idyllischen Fischbach an der Nahe in Rheinland-Pfalz. Nicht mehr weit ist es bis nach Idar-Oberstein an der Deutschen Edelsteinstraße, und das uralte Handwerk der Edelsteinschleiferei hat hier eine jahrhundertelange Tradition und sein deutsches Zentrum. Auch Paul Eisenschneider erlernte es.

Nach Augenzeugenberichten ist Paul Eisenschneider am 19. April 1944 von SS-Angehörigen im Zementstollen des KZ Mauthausen ermordet worden, die Lagerverwaltung teilte als Todesursache Herz- und Kreislaufschwäche mit. Elvira Eisenschneider richteten die Faschisten am 6. April 1944 im KZ Sachsenhausen hin. [1] Die Ehefrau und Mutter Ella misshandelten, während einer Hausdurchsuchung nach Paul, SA- und "Stahlhelm"-Angehörige 1934 so schwer, dass sie zum Krüppel wurde. [2]

Elvira war mit 20 Jahren eines der ganz jungen Opfer des faschistischen Terrors in einer Reihe mit Hanno Günther (21) [3], Sophie Scholl (21), Helmuth Hübener (17) und Hertha Lindner (22) [4].

Die Worte Stephan Hermlins, die er vielen von ihnen in seinem Werk "Die erste Reihe" widmete, sollten auch für Leben und Tod Elvira Eisenschneiders gelten: "Sie waren nicht dazu geboren worden, jung einen schweren Tod zu sterben. Sie waren nicht als Helden geboren. Sie waren einfache Menschen, die wie alle Menschen ihre Eltern, ihre Frauen und Männer, ihre Kinder und Freunde liebten. Sie liebten ihren Heimatort, ihre Straße, ihr Land … alles noch Unbekannte, zu Erwartende, die Zukunft. Aber, was sie von anderen Menschen unterscheidet, ist, dass sie das alles um einen Grad heißer, bewusster liebten als die anderen. Daher waren sie fähig, für das alles zu kämpfen. Und, weil sie den Tod hassten, aber nicht fürchteten, waren sie imstande, für das Leben zu sterben, für jenes Leben, das für andere nur Wirklichkeit werden konnte, wenn sie bereit waren, in den Tod zu gehen." [5]

Paul Eisenschneider wurde am 5. Mai 1901 als Sohn einer Lehrerfamilie in Fischbach geboren. Er besuchte die Volksschule und das Göttenbach-Gymnasium in Idar-Oberstein und ging 1917 als Einjährig-Freiwilliger zur Kaiserlichen Marine. In Kiel nahm er 1918 am Matrosenaufstand teil und kämpfte später mit den Ruhrkumpeln gegen die Kapp-Putschisten. Früh kam er wegen seiner politischen Tätigkeit auf die schwarzen Listen der Unternehmer seiner Branche der Edelsteinschleifer, geriet dadurch mit seiner Familie in materielle Not und leistete gelegentliche Aushilfsarbeiten auf Neubauten, in Zechen und Steinbrüchen. Er hatte 1923 Ella Korb, die Tochter seines Lehrmeisters, geheiratet, und am 22. April 1924 wurde Elvira geboren.

Erst Mitglied der USPD, trat er 1922 in die KPD ein, für die er in den örtlichen Gemeinderat und 1927 als Leiter der KPD Fischbach gewählt wurde. Nach einem Lehrgang an der Rosa-Luxemburg-Schule in Fichtenau bei Berlin wurde er 1931 Mitglied der Bezirksleitung Rhein-Saar und Leiter des Unterbezirks Birkenfeld der KPD, und 1932 wählte man ihn zum Landtagsabgeordneten seiner Partei. Bereits Ende 1932 musste er nach der Regierungsübernahme des Freistaates Oldenburg [6] durch die Nazis im Juni 1932 in das Saargebiet übersiedeln, das damals noch Mandatsgebiet des Völkerbundes war.

Von hier aus organisierte er den Vertrieb der KPD-Zeitungen "Rote Fahne" und "Junge Garde" nach dem "Reichsgebiet". Nach der Misshandlung Ellas flohen Mutter und Tochter zu Paul ins Saargebiet, um danach über Frankreich und Großbritannien gemeinsam in die Sowjetunion zu emigrieren. Hier besuchte Paul die Internationale Lenin-Schule in Moskau von 1934 bis 1935, seine Frau kam in die Obhut sowjetischer Ärzte und Elvira in das Internationale Kinderheim Iwanowo. Sie wurde Mitglied des Komsomol, ihr besonderes Interesse galt der Literatur.

Das ZK der KPD beauftragte Paul, die Abschnittsleitung West der Partei in Amsterdam zu unterstützen. Vom Ruhrgebiet aus versuchte er, die Beschlüsse der Brüsseler Konferenz von 1935 [7], an der er wahrscheinlich teilgenommen hatte, im Sinne der Bildung einer Einheitsfront mit sozialdemokratischen und christlichen Antifaschisten umzusetzen. Am 15. September 1936 wurde er in Bochum verhaftet und am 24. Mai 1937 vom Volksgerichtshof "wegen Vorbereitung zum Hochverrat unter erschwerenden Umständen" zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. In das KZ Mauthausen verlegte man ihn 1943 aus dem Zuchthaus Münster. [8]

Nach dem Überfall der Faschisten auf die Sowjetunion begleitete 1941 Elvira als Sanitäterin Evakuierungstransporte und erteilte sowjetischen Offizieren Deutschunterricht. Nach ihrem 18. Geburtstag meldete sie sich freiwillig zur Roten Armee und erklärte, wie der Vater illegal nach Deutschland zurückkehren zu wollen. Sie war an einigen Partisaneneinsätzen hinter der Front beteiligt und wurde als Fallschirmspringerin und Aufklärerin ausgebildet.

In dieser Zeit schrieb sie ihrer Mutter: "Wenn ich zurückkomme, werde ich ein vollkommen erwachsener Mensch sein, dann werde ich Dich zu mir nehmen, und wir werden glücklich zusammen leben … Doch Du weißt ja selbst, damit unsere Träume in Erfüllung gehen, und nicht nur unsere eigenen Träume, sondern Träume von Millionen Menschen, müssen wir zuerst Hitler schlagen …" [9]

Anfang 1943 sprang sie über Deutschland ab, erreichte die heimatliche Pfalz und konnte erste Funkkontakte über geglückte Verbindungen zum illegalen Widerstand herstellen. Danach riss der Kontakt ab.

Die Opfer unter den über Deutschland abgesprungenen, aus der Sowjetunion kommenden Widerstandskämpfern waren besonders groß und schmerzlich. Ihr Mut, ihre Selbstlosigkeit und ihr Bewusstsein um ihre Mission bleiben in unserer Erinnerung. [10]

Paul und Elvira Eisenschneider werden auf der großen Gedenktafel der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin geehrt. Schiffe der Volksmarine der DDR trugen ihren Namen, und in Dranske auf Rügen gibt es noch die Paul-Eisenschneider-Straße. Eine Elvira gewidmete Sondermarke der Post der DDR erschien 1961. Der Schriftsteller Armin Peter Faust erinnerte in einer Buchlesung in Idar-Oberstein im November 2011 an Elvira, und über den Lebens- und Kampfweg der Familie schrieben Dieter May und Luitwin Bies aus den alten Bundesländern und Karl-Heinz Jahnke und Luise Kraushaar aus der DDR.

 

Anmerkungen:

[1] Das Datum nach einer Festschrift des Göttenbach-Gymnasiums Idar-Oberstein, dessen Schüler Paul E. einst war.

[2] Ella Eisenschneider, geb. 18.12.1904 - gest. 21.12.1977 in Berlin.

[3] Siehe Mitteilungen, Heft 12/2012, S. 34f.

[4] Siehe Mitteilungen, Heft 3/2013, S. 33f.

[5] Zitiert nach: Peter Rau in DRAFD-Information 12/2004.

[6] Absolute Mehrheit für die NSDAP bei der Landtagswahl am 29. Mai 1932.

[7] "Brüsseler" Konferenz bei Moskau 1935.

[8] Nach oder während der justiziellen Strafhaft war jederzeit nach dem Gestapo-Gesetz 1936 und dem Erlass des Reichsministeriums des Innern 1938 eine Einweisung in KZ möglich. Die Gestapo konnte durch die Justizorgane weder beeinflusst noch kontrolliert werden.

[9] Zitiert nach Peter Rau in DRAFD-Information 12/2004.

[10] Allgemeine Quelle: Luise Kraushaar, Deutsche Widerstandskämpfer 1933-1945 Bd. 1, S.220-225, Dietz Verlag Berlin 1970.

 

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