»… haben zu verhungern«
Prof. Kurt Pätzold, Berlin
Kürzlich erschien im Verlag edition ost »Der Überfall. Der 22. Juni 1941. Ursachen Pläne und Folgen«. Der Autor ist Kurt Pätzold. Nachfolgend drucken wir mit freundlicher Genehmigung des Verlages drei Zeugnisse der Barbarei, die in Pätzolds Buch veröffentlicht sind.
10. Grundsätze der Ausplünderung der Sowjetunion, 2. Mai 1941
1. Der Krieg ist nur weiterzuführen, wenn die gesamte Wehrmacht im 3. Kriegsjahr aus Russland ernährt wird.
2. Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird.
3. Am wichtigsten ist die Bergung und der Abtransport von Ölsaaten, Ölkuchen, dann erst Getreide. Das vorhandene Fett und Fleisch wird voraussichtlich die Truppe verbrauchen.
4. Die Beschäftigung der Industrie darf nur auf Mangelgebieten wieder aufgenommen werden.
Seite 135 – Quelle: Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Nürnberg 1948, Bd. 31, Dok. PS-2718.
12. Die Nichtahndung militärischer Verbrechen durch deutsche Soldaten beim Ostfeldzug, 13. Mai 1941
1. Für Handlungen, die Angehörige der Wehrmacht und des Gefolges gegen feindliche Zivilpersonen begehen, besteht kein Verfolgungszwang, auch dann nicht, wenn die Tat zugleich ein militärisches Verbrechen oder Vergehen ist.
2. Bei der Beurteilung solcher Taten ist in jeder Verfahrenslage zu berücksichtigen, dass der Zusammenbruch im Jahre 1918, die spätere Leidenszeit des deutschen Volkes und der Kampf gegen den Nationalsozialismus mit den zahllosen Blutopfern der Bewegung entscheidend auf bolschewistischen Einfluss zurückzuführen war und dass kein Deutscher dies vergessen hat.
Seite 139 - Quelle: Fall Barbarossa. Dokumente zur Vorbereitung der faschistischen Wehrmacht auf die Aggression gegen die Sowjetunion 1940/41. Ausgewählt und eingeleitet von Erhard Moritz, Berlin/DDR 1970, S. 316 ff.
47. Die Ernährung sowjetischer Kriegsgefangener, Besprechung am 13. November 1941
[...] 15. Seitens des Chefs der Heeresgruppe Mitte wird die Frage der Ernährung der Kriegsgefangenen angeschnitten. Insbesondere wird seitens der Heeresgruppe Mitte darauf hingewiesen, dass die Kriegsgefangenen einen notwendigen Zuschuss an Arbeitskraft darstellten, in ihrem gegenwärtigen Zustand aber nicht arbeiten könnten, vielmehr in großem Umfange der Erschöpfung anheimfielen.
Der Generalquartiermeister greift in die Auseinandersetzung ein und erklärt: Nichtarbeitende Kriegsgefangene in den Gefangenenlagern haben zu verhungern.
Seite 211 – Quelle: Dokumente der deutschen Geschichte 1939-1942. Hg. von Wolfgang Ruge und Wolfgang Schumann, Berlin/DDR 1977, S. 97.
Wir trauern um unseren Genossen Professor Kurt Pätzold (3. Mai 1930 bis 18. August 2016). Er wird uns fehlen. Als überragender Historiker und großartiger Formulierer, als Partner aus dem Marxistischen Forum – als aufrechter Mensch. Wir werden sein antifaschistisches Vermächtnis bewahren.
Mehr von Kurt Pätzold in den »Mitteilungen«:
2016-01: Formelhafte Verdichtung
2014-09: Die letzte Alternative