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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Formelhafte Verdichtung

Prof. Dr. Kurt Pätzold, Berlin

 

Der »Dimitroffschen« Bestimmung dessen, was Faschismus sei, wird seit je Unzulänglichkeit vorgehalten

 

Wenn heute Marxisten oder Menschen, die an einem tiefen, scharfen Blick in die deutsche Geschichte interessiert sind, über den Faschismus reden, taucht nahezu unvermeidlich die Frage auf, was von der »Dimitroffschen« Definition des Faschismus zu halten sei und ob ihr noch irgendein Wert zugeschrieben werden könne. Sie lautet: Der Faschismus ist die offene, terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.

Zunächst: Der bulgarische Kommunist Georgi Dimitroff ist mit Sicherheit nicht der Schöpfer dieser Kennzeichnung. Sie wurde erstmals im Dezember 1933 auf einer Tagung des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale in Moskau vorgetragen. Da findet sie sich in einem Referat, das der Finne Otto Kuusinen hielt – seit 1921 arbeitete dieser als einer der Sekretäre des Exekutivkomitees der Komintern. Und auch in einer von den Delegierten angenommenen Resolution. Zu diesem Zeitpunkt war der deutsche Faschismus etwa zehn Monate an der Macht, und Dimitroff befand sich im Gefängnistrakt des Leipziger Reichsgerichtshofes, der ihn und zwei seiner Genossen der Reichstagsbrandstiftung beschuldigte. Dass die Begriffsbestimmung dennoch ihm zugeschrieben wurde, geht wohl auf die Tatsache zurück, dass Dimitroff, inzwischen freigekämpft, nach Moskau zurückgekehrt und Vorsitzender des Exekutivkomitees geworden, in seinem Bericht vor dem VII. Weltkongress der Komintern diese Definition im Sommer 1935 wiederholte und sie dadurch unter Kommunisten, später auch über sie hinaus, populärer machte, als sie nach ihrer ersten Erwähnung geworden war.

Die Autoren der Bestimmung sind namentlich unbekannt, dürften jedoch zum Apparat der Weltorganisation gehört haben. Im Grunde hatten sie Kenntnisse und Erkenntnisse verdichtet, die in den Kämpfen während der Jahre zuvor gewonnen worden waren. Ihre Definition bildete und blieb eine Herausforderung derer, die sich vom Faschismus verzerrte Bilder machten, Illusionen über ihn pflegten. Und mehr noch war sie es für jene, die ein Interesse besaßen, den Charakter des Faschismus zu vernebeln. Mit dieser Charakteristik wurden Interpretationen wie die derjenigen, die ihn als die Macht einer Clique politischer Abenteurer auf eigene Rechnung ausgaben, in ihm die Herrschaft des Kleinbürgertums zu erkennen glaubten oder ihn als Ausdruck und Sieg des Volkswillens missverstanden, abgewiesen. Der Kern der Aussage lautete, dass der Faschismus an der Macht die Herrschaft einer bestimmten Gruppe des Finanzkapitals sei.

Unausgesprochen war damit auch festgestellt, dass dieser Staatstyp eine weitere politische Ausprägung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft darstellte, also nichts weniger war als das Produkt einer Revolution. Das genügte, um alle Apologeten des Kapitals zu mobilisieren. Ließen sich auch Thesen, wonach diese Macht so etwas wie ein Bankert oder eine Missgeburt sei, nicht durchsetzen, so wird doch nach wie vor versucht, sie als Produkt eines Zufalls, als Sonderfall oder, wie durch einen Berliner Politikwissenschaftler geschehen, als Ausnahmefall auszugeben.

Offen terroristisch

Wer die Begriffsbestimmung des Jahres 1933 heute diskutiert, muss mitdenken: Erstens sind Definitionen immer eine Abstraktion und, wenn sie im gelungenen Falle auch die wesentlichen Kennzeichen einer Sache hervortreten lassen, sind sie stets ärmer als die Theorie, deren Konzentrat sie ja abgeben, und diese wieder ist ärmer als die Wirklichkeit. Wer versucht, eine komplizierte Erscheinung, die der Faschismus ist, treffend, knapp und einprägsam zu charakterisieren, muss gewärtig sein, dass ihm »nachgewiesen« wird, dass er diese oder jene Seite nicht oder nicht gebührend beachtet und bewertet habe. Doch übersteigt eine allseitige Kennzeichnung die Möglichkeiten des Vorhabens. Zweitens war die dem Faschismus gegebene Definition nicht nur dazu bestimmt, eine Erkenntnis konzentriert zu vermitteln, sondern Massen eine Orientierung für ihre politischen Kämpfe zu liefern. Dazu musste sie denen sprachlich verständlich sein. Drittens hatte sie, das wurde schon erwähnt, dem Anspruch zu genügen, die eigene gedankliche Position klar von anderen, von ihr abweichenden oder ihr entgegengesetzten, abzugrenzen. Endlich, viertens, kann sie nicht gerecht beurteilt werden, wenn nicht bedacht wird, dass der Faschismus in den folgenden zwölf Jahren seiner Existenz als Staats- und Kriegsmacht Züge annahm, die schwärzeste Pessimisten nicht vorauszuahnen, auch scharfsinnigste Wissenschaftler nicht vorherzusehen vermochten.

Dies bedenkend, soll die umstrittene Definition kritisch diskutiert werden. Die Aussage, dass der Faschismus an der Macht eine Diktatur ist, zieht niemand, der ernst genommen werden will, in Zweifel. Gleiches gilt für die Feststellung, dass der Terror das Hauptinstrument ist, dessen sich diese Macht bediente, und dies während der gesamten Dauer ihrer Existenz. Anders steht es mit der Feststellung, dass es sich dabei um eine offene terroristische Diktatur handelte – eine Präzisierung, die nur Sinn macht, wenn sie von nicht offenen Formen der Anwendung von Terror abgehoben werden soll.

Doch haben beispielsweise die deutschen Faschisten den Terror immer offen und abschreckend zur Schau gestellt? 1933 taten sie das, und sehr wahrscheinlich ist die Formulierung gerade unter diesen Eindrücken der Massenverhaftung von Antifaschisten, der Errichtung der Konzentrationslager, der Todesurteile durch Gerichte zustande gekommen. Doch im weiteren Verlauf ihrer Herrschaft versuchte die Hitlerführung, ohne auf die drohend wirkende Bekanntmachung ihrer bis zu Justizmorden reichenden Unterdrückungsmethoden zu verzichten, sich dennoch einen gesitteten Anschein zu geben. Vorbereitung und Verlauf der Olympischen Spiele 1936 zeugen davon. Das änderte sich jedoch wieder in der Phase der Expansion, die mit dem »Anschluss« Österreichs erreicht war, und der unmittelbaren Kriegsvorbereitung, und dann noch einmal, als die faschistische Macht – im Wissen um ihr nahes Ende – das eigene Volk gnadenlos zu weiterem Widerstand antrieb.

Interessenten und Nutznießer

Die weitere Bestimmung der Diktatur als jene von »Elementen des Finanzkapitals« ist uneindeutig. Für jeden bürgerlichen Staat, sei er konstitutionelle Monarchie, Militärdiktatur, Republik, trifft zu, dass die Eigner und Manager des Kapitals die Hebel der Staatsmacht nicht selbst betätigen. Würden sie das tun, enthüllten sie das bestgehütete Geheimnis, das um jeden dieser Staatstypen dicht gewoben ist und gepflegt wird. Es herrscht Arbeitsteilung vor, die jedoch nicht verabsolutiert wird und nicht ausschließt, dass Bourgeois gelegentlich Ministerämter übernehmen, Wirtschaftsführer zu staatlichen Beraterstäben formiert oder in sie einbezogen werden und Konzerngewaltige in Personalunion Staatsfunktionen übernehmen.

Der Faschismus an der Macht hat in der Vorkriegszeit und mehr noch unter den Bedingungen der Kriegswirtschaft diese Praxis im Interesse vor allem der Steigerung der Rüstungsproduktion verstärkt ausgeübt. Doch am Prinzip der Arbeitsteilung änderte das nichts. Und also wäre die Formulierung, »Der Faschismus an der Macht ist eine terroristische Diktatur, deren Hauptinteressenten und Hauptnutznießer Gruppen des Finanzkapitals sind« gegen Missverständnisse besser geschützt gewesen als die 1933 gewählte.

Damit ist das Wesentliche gesagt und nicht bestritten, dass es darüber hinaus politische und ökonomische Profiteure dieser Macht aus anderen Kreisen des Kapitals und weiteren Schichten, beispielsweise der Beamtenschaft und den Militärbefehlshabern, gibt. Unbestritten ist auch – das Jahrzehnt der faschistischen Regimes hat das grausam bestätigt –, dass es Kreise des Finanzkapitals waren, die am meisten reaktionär, chauvinistisch und imperialistisch waren, die den Faschismus einst favorisierten, ihn auf dem Wege an die Macht unterstützten und dann mit dieser Macht beständig und eng kooperierten. Dieser Tatbestand wurde nach 1945 gerichtsnotorisch und zwar durch Gerichtshöfe der USA. Die stellten in den Nürnberger Nachfolgeprozessen fest, dass exponierte Angehörige kapitalistischer Großunternehmen im Krieg Verbrechen begangen hatten und verurteilten sie auch zu Haftstrafen.

Blindstelle Massenanhang

Jeder, der die Geschichte der Faschismusforschung vorurteilsfrei verfolgt, wird, und dies namentlich, wenn er deren verschiedene Wege und Strömungen vergleicht, den kommunistischen Beitrag als verdienstvoll anerkennen. Wo aber lagen dessen Schwächen? Die Autoren konnten sich nicht entschließen auszudrücken, dass die Faschisten an der Macht sich – anders als Politiker an der Spitze bürgerlich-demokratischer Staaten und auch Militärdiktaturen – auf eine nach Millionen zählende Gefolgschaft stützen konnten, die sie aktivierten und ohne die sie nicht annähend jene Stabilität und Aktionsfähigkeit erlangt hätten, die ihr Regime kennzeichneten.

Dieser »Verzicht« hatte eine lange Vorgeschichte. Niemandem fiel es wohl schwerer als den Kommunisten sich einzugestehen, dass sich Millionen von Werktätigen zu verlässlichen Gefolgsleuten der Faschisten gemacht hatten oder sich zu deren Instrumenten machen ließen. Wo die zutage liegende Tatsache erwähnt wurde, schrieben Antifaschisten sie den Lügen der faschistischen Demagogen zu, den raffinierten Erzeugern von Irrungen und Verwirrungen im Massenbewusstsein und Massenverhalten. Noch 1935 war in den Reihen der Kommunisten, aber auch anderer Nazigegner der Glaube nicht aufgegeben, dass Erfahrungen mit der Diktatur die Wende dieser Entwicklung bringen werden. Den schien zu stützen, dass gerade im dritten Jahr der Existenz des faschistischen Regimes in Deutschland akute wirtschaftliche Mangelerscheinungen – eine Folge der Devisenkonzentration auf rüstungswichtige Importe – in der Bevölkerung Unmut auslösten.

Wesentlich war die Blindstelle oder das »Loch« in der Definition des Faschismus aber dadurch verursacht, dass die Massenbasis der Diktatur einzig als Produkt aus Terror und Demagogie angesehen wurde, nicht aber als das von Korruption (Erfolgsbestechung), vor allem erzeugt durch die Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Zu diesem Komplex gehört auch die Wirkung der politischen Maßnahmen, die als Erfolge und Schritte zur Wiederherstellung von Deutschlands Größe ausgegeben wurden – die »Heimkehr« des Saargebiets, die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht, der Aufbau einer modern ausgerüsteten Armee, der »Anschluss« Österreichs und die Einverleibung des Sudetenlandes.

Alleinstellungsmerkmale

Der Haupteinwand, der gegen die Definition des Jahres 1933 bzw. 1935 erhoben wird, bezieht sich aber darauf, dass in ihr der faschistische Antisemitismus und seine Rolle im Regime unerwähnt blieb. Das wird als Beweis dafür ausgegeben – um nur die Minimalvariante der Vorwürfe zu benennen –, dass kommunistische Kritik den Blick nicht auf dieses Feld faschistischer Ideologie und Politik gerichtet habe. Keinem Kritiker scheint aufzufallen, keiner bemängelt, dass die Definition auch vom Antikommunismus kein Wort sagt und der hat in Wort und Praxis der Faschisten auf dem Wege zur Macht und bei deren Befestigung unstreitig eine noch größere Rolle gespielt als der hasstriefende Antisemitismus und die Anfänge der gewalttätigen Judenverfolgungen. Dennoch nimmt sich die Kritik angesichts der »Erfahrung Auschwitz« glaubwürdig und überzeugend aus.

Doch: War auch die Ideologie der Faschisten judenmörderisch, es existierte 1933/35 nicht einmal in den Köpfen derer, die ihn später verwirklichten, ein Plan der Massenvernichtung der Juden. Das verfolgte strategische Ziel war ihre Vertreibung aus Deutschland, bei dessen Durchsetzung viele Etappen zurückzulegen waren. Im Sommer des dritten Jahres der faschistischen Diktatur lebten im Reichsgebiet noch viele sogenannte geschützte Juden, die als anerkannte Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges eingestuft waren. Doch bald lösten die Faschisten die anfänglichen Bremsen ihrer judenfeindlichen Politik, und deren Eskalation beschleunigte sich fortan. Mit der Erfahrungsmasse des Jahres 1935 gehörten Antikommunismus, Antisemitismus, dazu Antidemokratismus und Antiliberalismus in eine Definition der faschistischen Ideologie, die etwas anderes verlangte und darstellte als die des Faschismus an der Macht. Mit dem Beginn des Massenmordens, das 1941 auf sowjetischem Territorium einsetzte, gehört der eliminatorische Antisemitismus auch in jede Faschismusdefinition, die ohne die Begriffe barbarisch und bestialisch – auch mit dem Blick auf das Sterben der Kriegsgefangenen und den Terror in den eroberten Gebieten – nicht geschrieben werden kann.

Doch geht es in der Diskussion über den Faschismus, die in der Bundesrepublik Deutschland nicht in Permanenz gefühlt wird, aber immer wieder einmal entbrannt ist, schon nicht mehr darum. Der gemeinhin als Holocaust bezeichnete Massenmord an den europäischen Juden, der bis zur Tötung des letzten Juden fortgeführt worden wäre, wären die Armeen der Alliierten den Verbrechern nicht noch in den Arm gefallen, gilt inzwischen als das Hauptkennzeichen des deutschen Faschismus. Und da die anderen faschistischen Regime dieses Programm nicht auch besaßen, wie sehr sie bei seiner Verwirklichung den Deutschen auch geholfen haben mochten, wird die geschichtlich beispiellose Untat im neudeutschen, Kenntnisse vortäuschenden Sprachgebrauch zum Alleinstellungsmerkmal aufgeblasen.

Daraus folgt dann die Unmöglichkeit, dieses deutsche Regime mit dem Begriff »Faschismus« zu bezeichnen. Das ergäbe eine ungerechtfertigte Gleichsetzung mit weniger barbarischen Systemen wie dem italienischen und also eine Beschönigung des deutschen Regimes. Damit wird jener Etikettenschwindel gerechtfertigt, von dem eingangs schon geschrieben wurde, aber ungleich mehr erreicht. Mit der These vom Judenmorden als dem Hauptcharakteristikum des deutschen Regimes ist nicht nur dessen Einzigartigkeit behauptet, sind nicht nur Hitler, Himmler und Heydrich samt ihrer judenfeindlichen Rassetheoretiker als alleinige Architekten dieses Staatstyps und seiner Politik markiert, sondern das imperialistische Wesen und Programm aus dem Zentrum aller Betrachtungen gerückt. Und mit ihnen die Fragen nach der Kontinuität deutscher Politik in einer Zeitspanne, die vom Kaiserreich bis nahezu in die Mitte des 20. Jahrhunderts reicht. Einzig der Wahn einer Politikergruppe wird zum Ursprung dessen erklärt, was die Welt seit 1933 und vor allem seit 1939 erlebte.

Räuberischer Imperialismus

Nun sind Tatsachen ein hartes Ding, und zu ihnen gehören die Feldzüge der faschistischen deutschen Wehrmacht an Weichsel und Bug, zum Nordkap, an den Rand der Pyrenäen, zum Mittelmeer, nach Nordafrika und in Richtung Suezkanal, schließlich bis in das Vorfeld Moskaus, nach Stalingrad und zu den Höhen des Kaukasus. In keiner Phase dieser Eroberungen sind Judenverfolgung und Judenmorde vor den Plan der Schaffung des großgermanischen Weltreiches gerückt. In diesem Reich sollte kein Jude leben. Beides war im Denken wie in der Politik der deutschen Imperialisten, die Hitler anführte, fest verankert.

Doch wenn diese Momente kollidierten, erhielten die Kriegshandlungen und Eroberungsziele den Vorzug, etwa vor dem Transport von deutschen und ausländischen Juden in das für »judenfrei« erklärte Reich, als dort die Arbeitskräfte rar geworden waren, der Nachschub aus den zuvor besetzten Gebieten Europas nicht mehr herbeigeschafft werden konnte und Industrieanlagen unter die Erde verlegt werden sollten, um sie Luftangriffen zu entziehen. Von den ersten bis in die letzten Tage der Existenz des faschistischen deutschen Regimes wurde gewacht, dass die judenfeindlichen und judenmörderischen Maßnahmen der Gesamtbewegung und dem Hauptziel des Systems eingeordnet blieben.

Dennoch besitzt die formelhafte Verkürzung des faschistischen Deutschen Reiches auf den Begriff »judenmörderisches System« alle Aussicht auf Dauer. Denn erstens wird der Blick auf Auschwitz noch auf Generationen hinaus die Nachgeborenen – menschlichen Anstand und eine Phantasie vorausgesetzt, die sich Leiden vorzustellen vermag – an die abscheulichsten Verbrechen erinnern, die im Buch deutscher Geschichte stehen. Zweitens lässt sich diese Formel leicht merken und mit Bildern und Vorstellungen stützen, und dies ungleich leichter als die Definition der Komintern samt ihrer notwendigen Ergänzungen und Korrekturen. Deren Aneignung verlangt die Beschäftigung mit einem komplexen Gegenstand und also geistige Anstrengung. Drittens lässt sich diese Formel als nationales Schuldbekenntnis vorweisen, als Zeugnis für »bewältigte deutsche Vergangenheit«.

Dafür ist die Definition des Jahres 1933 absolut ungeeignet. Wenn sich aus ihr Schuldige herauslesen lassen, dann sind es Kleingruppen von Politikern und Mächtigen der kapitalistischen Wirtschaft. Anderes ergäbe sich erst, wenn, wie erwähnt, die Massenbasis des Regimes markiert würde.

Aus: junge Welt, Ausgabe vom 9. Oktober 2015, Seite 12. Vorabdruck aus der Einleitung einer Ende 2015 vom Autor herausgegebenen Quellenedition mit 62 Texten, »deren Autoren die Nazidiktatur als das benannten, was sie war: Eine spezielle Ausformung bürgerlicher Herrschaft. Die Auswahl enthält Reden und Aufsätze aus den Jahren 1922 bis 1945 unter anderem von Theodor W. Adorno, Hannah Arendt, Otto Bauer, Ernst Fraenkel, Daniel Guérin, Hermann Heller, Max Horkheimer, Georg Lukács, Wilhelm Reich, August Thalheimer, Palmiro Togliatti und Leo Trotzki.« (jW) – Kurt Pätzold: Faschismus-Diagnosen. Berlin 2015, Verlag im Park, 139 Seiten, 12,99 Euro, ISBN 978-3-945187-42-5.

 

Mehr von Kurt Pätzold in den »Mitteilungen«: 

2014-09: Die letzte Alternative

2013-07: Die Achtzigsten oder: Vom unverkürzten Erinnern

2012-08: Des Verdachts verdächtig?