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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Dr. Kurt Gossweiler (5. November 1917 - 17. Mai 2017)

Ellen Brombacher

 

Am 5. November wäre Kurt Gossweiler hundert Jahre alt geworden. Er verstarb am 17. Mai 2017 in Berlin. Er war ein Faschismusforscher von internationalem Rang. Stellvertretend für sein Werk seien genannt: »Kapital, Reichswehr und NSDAP 1919 – 1924«, »Die Röhm-Affäre« und »Die Strasser-Legende«. Kurt hat den Antifaschismus gelebt: Im illegalen Kampf als Mitglied des KJVD, im Nationalkomitee Freies Deutschland – nachdem er als Wehrmachtsangehöriger zur Roten Armee übergelaufen war – und in jeder Situation nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus. Er war ein Aufklärer besonderer Güte. Denken wir nur an seinen Aufsatz »Konservatismus als Wegbereiter und Bundesgenosse des Faschismus« aus dem Jahr 2005. Zur Bourgeoisie schreibt er dort z.B:

»Ihre Feindschaft gegenüber jeder Strömung der Arbeiterbewegung – ob Reformisten oder Re-volutionäre, ob Partei oder Gewerkschaft – wurde im gleichen Maße unversöhnlicher und hasserfüllter, wie diese erstarkte und für die bürgerliche Ordnung eine Gefahr zu werden drohte. Der bei ihnen schon immer besonders stark ausgeprägte Drang nach Anwendung von Gewalt und Terror gegenüber der Arbeiterbewegung erreichte nach der Oktoberrevolution den höchsten Grad, den Willen zu ihrer völligen Vernichtung. Aber gleichzeitig schlichen sich auch bei ihnen schon in den letzten Vorkriegsjahren Zweifel hinsichtlich der Allmacht der nackten Gewalt ein. Je näher der von ihnen heiß ersehnte und mit aller Kraft herbeigeführte Krieg um die Neuaufteilung der Welt rückte, um so unbehaglicher wurde ihnen bei dem Gedanken an die vielen Millionen Gewehre, die dann in Arbeiterhände gelangen würden. Nicht zufällig begannen deshalb unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg im Alldeutschen Verband die Erörterungen über die Notwendigkeit, die Masse der Arbeiter zum ›nationalen Gedanken zurückzuführen‹. Der Krieg selbst und noch mehr die revolutionären Ereignisse in Russland beschleunigten dann den Prozess der Erkenntnis auch in den Reihen dieser reaktionärsten Vertreter des imperialistischen Deutschland, dass ohne eine Basis in den Massen, auch und sogar vor allem in den Arbeitermassen, ihre Interessen nicht mehr durchsetzbar, sogar ihre Macht gefährdet war. Zu ihrem Verlangen nach Vernichtung der Arbeiterbewegung gesellte sich daher ein kaum minder starkes Verlangen nach ›Nationalisierung‹ der Arbeitermassen.«

Ich lernte Kurt nach 1990 kennen und mich beeindruckte seine Offenheit und Kameradschaftlichkeit. In manchem stimmten wir nicht überein. Doch wenn es Differenzen gab, wurde mit diesen kulturvoll umgegangen. Kurt blieb Kommunist bis zu seinem Ende. Wir werden ihn nicht vergessen.

 

Mehr von Ellen Brombacher in den »Mitteilungen«: 

2017-03: Nachtrag zur Causa Holm

2017-03: Der Sozialismus des vergangenen Jahrhunderts war historisch legitim - Fünf Überlegungen zum Umgang mit Geschichte (2007)

2017-02: Das fehlende Kreuzchen ist es wohl kaum