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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Der Überfall des faschistischen Deutschland auf die Sowjetunion und die Westmächte 1941

Prof. Dr. Anton Latzo, Langerwisch

 

Ziele

Vor 75 Jahren, am 22. Juni 1941, überfielen das faschistische Deutschland und seine Verbündeten (Finnland, Rumänien, Italien, Slowakei und Ungarn) wortbrüchig und ohne Kriegserklärung die Sowjetunion. Zum Ziel erklärte Hitler am 30. März 1941 laut Tagebuch des damaligen Chefs des Generalstabs Franz Halder (Eintragung vom 30. März 1941): »Unsere Aufgaben hinsichtlich Russlands: die Streitkräfte zerschlagen, den Staat vernichten. Der Krieg gegen Russland ist ein Kampf zweier Ideologien. Tod dem Bolschewismus ... Unsere Aufgabe ist der Vernichtungskrieg«. Tage vor dem Überfall erläuterte Hitler: »Grundsätzlich kommt es also darauf an, den riesenhaften Kuchen handgerecht zu zerlegen, damit wir ihn erstens beherrschen, zweitens verwalten und drittens ausbeuten können.« [1]

Das zeigt deutlich: das deutsche Monopolkapital hat mit der Aggression gegen die UdSSR imperialistische Raub- und Klassenziele verfolgt. Die Erreichung dieser Ziele sollte ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Weltherrschaft des deutschen Imperialismus sein.

Die Sowjetunion antwortete mit dem Großen Vaterländischen Krieg gegen die Mächte des faschistischen Blocks. Dabei verfolgte sie als politische Ziele: Beseitigung der der Sowjetunion von den faschistischen Mächten drohenden Gefahr, Unterstützung der Völker Europas in ihrem Kampf zur Befreiung von der faschistischen Unterjochung, vollständige und endgültige Vernichtung des deutschen Faschismus und Militarismus, der damaligen Hauptkraft der Reaktion, Schaffung von Voraussetzungen für eine friedliche, freie und fortschrittliche Entwicklung der Völker.

Der erzwungene Eintritt der Sowjetunion in den schon fast zwei Jahre dauernden zweiten Weltkrieg veränderte entscheidend den Charakter und den Verlauf des Krieges. Die sowjetisch-deutsche Front wurde zur Hauptfront des zweiten Weltkrieges und ausschlaggebend für seinen Ausgang.

Interessen

In dieser Situation mussten die herrschenden Kreise Großbritanniens und der USA der Tatsache Rechnung tragen, dass die Interessen der Sicherung ihrer eigenen Existenz die Zerschlagung des faschistischen Staatenblocks erforderte. Ihre Politik musste berücksichtigen, dass nur mit der Sowjetunion die faschistische Wehrmacht aufgehalten und dem faschistischen Deutschland der Weg zur Weltherrschaft verlegt werden konnte. In Wahrnehmung ihrer Interessen war es notwendig und für sie vorteilhaft geworden, mit der UdSSR gegen den gemeinsamen Feind vorzugehen.

Die Beziehungen zur Sowjetunion waren ausschlaggebend für die Schaffung der Antihitlerkoalition.

Für die Sowjetunion war die Schaffung der Antihitlerkoalition eine Fortsetzung ihres Kampfes um kollektive Sicherheit in Europa und eines Dammes gegen die faschistische Expansion unter den Bedingungen des zweiten Weltkrieges und besonders des Überfalls des faschistischen Deutschland auf die UdSSR. In diesen Rahmen wurden sowohl die bilateralen als auch die multilateralen Beziehungen zu Großbritannien und den USA entwickelt.

Die Politik der beiden kapitalistischen Hauptmächte gegenüber der Sowjetunion war einerseits durch die gemeinsamen Interessen im Kampf gegen den Faschismus bestimmt. Sie war aber ebenso durch die Fortsetzung der antisowjetischen Winkelzüge der Westmächte charakterisiert, die die Kanalisierung der faschistischen Aggression gegen die Sowjetunion verfolgten. Sie strebte die Lösung der imperialistischen Widersprüche zwischen den Westmächten und den Staaten des faschistischen Blocks auf Kosten der Sowjetunion an.

Dieser Widerspruch wird auch in der Rundfunkrede deutlich, die Winston Churchill am Abend des 22. Juni 1941 anlässlich des Überfalls des faschistischen Deutschlands auf die Sowjetunion hielt. Seinem Antikommunismus treu bleibend führte er aus: »Das Naziregime unterscheidet sich in nichts von den schlimmsten Seiten des Kommunismus« und stellt damit die Sowjetunion auf eine Stufe mit dem faschistischen Deutschland. Er ist jedoch insofern Realist als er feststellen muss: »Diese Invasion Russlands ist nichts anderes als ein Auftakt zur Invasion der britischen Inseln.« Hitler hoffe, »dass er in größerem Umfang als je zuvor seine Taktik fortsetzen kann, die ihm bis jetzt Erfolg über Erfolg eingebracht hat, nämlich seine Feinde einen nach dem anderen zu vernichten und so alles für den Schlussakt vorzubereiten, ohne den alle seine Eroberungen vergeblich bleiben – die Unterwerfung der westlichen Hemisphäre unter seinen Willen und sein System. Die Gefährdung Russlands ist daher unsere Gefährdung und die Gefährdung der Vereinigten Staaten.« [2]

Internationale Wirkungen

Nachdem die Sowjetunion am 3. Juli und Churchill und Roosevelt am 12. August 1941 ihre Aufgaben im Krieg formulierten, kam es im September in London zu einer Interalliierten Konferenz. In der Erklärung wurde darauf hingewiesen, dass die Völker und alle Staaten, die gezwungen sind, einen ihnen aufgezwungenen Krieg gegen Deutschland zu führen, »die schnellste und entschiedenste Zerschlagung der Aggressoren erreichen müssen, indem sie für die weitgehendste Lösung dieser Aufgabe alle ihre Kräfte mobilisieren und einsetzen«. Gleichzeitig wurde von der Notwendigkeit einer solchen Nachkriegsordnung gesprochen, die die Völker vor dem Faschismus retten wird. In diesem Sinne entstanden später die Antihitlerkoalition und auch die UNO.

Bilaterale Beziehungen

In diesem Rahmen entwickelten sich dann auch die bilateralen Beziehungen der Sowjetunion mit Großbritannien und den USA. Auf Initiative der sowjetischen Regierung wurde am 12. Juli 1941 ein sowjetisch-britisches Abkommen »über gemeinsames Vorgehen im Kriege gegen Deutschland« unterzeichnet. Beide Seiten vereinbarten darin gegenseitige Verpflichtungen zur Hilfeleistung und Unterstützung im Krieg sowie den Verzicht auf den Abschluss eines Separatfriedens mit dem Gegner. Auch in seiner politischen Wirkung war dieses Abkommen ein wichtiger Baustein für die Schaffung der Antihitlerkoalition.

Parallel dazu wurden wichtige Schritte unternommen, um auch das Verhältnis zwischen der UdSSR und den USA, die sich bis Dezember 1941 noch nicht im Kriegszustand mit Deutschland befanden, zu verbessern. Am 2. August 1941 fand ein Notenaustausch zwischen der UdSSR und den USA statt, durch den der sowjetisch-amerikanische Handelsvertrag verlängert und der wirtschaftliche Beistand der USA im Krieg gegen das faschistische Deutschland vereinbart wurde. Vom 29. September bis 1. Oktober fand in Moskau eine Konferenz von Vertretern der UdSSR, der USA und Großbritanniens statt, in deren Mittelpunkt Probleme der gegenseitigen militärisch-wirtschaftlichen Unterstützung standen.

Diese Ereignisse wirkten sich gleichzeitig auf die Vorbereitung und den Inhalt der Deklaration der Vereinten Nationen aus, die am 1. Januar 1942 in Washington durch die Vertreter der vier Großmächte (UdSSR, USA, England und China) und von 22 anderen Staaten unterzeichnet wurde.

Ein weiterer wichtiger Gegenstand, der den Inhalt der Beziehungen im bilateralen Verhältnis der drei Großmächte charakterisierte, war die Frage der Eröffnung einer zweiten Front. Ungeachtet der bereits im Sommer 1941 abgegebenen Erklärungen der britischen und der US-Regierung über ihre Bereitschaft, der Sowjetunion im Kampf gegen die Aggression Hitlerdeutschlands Hilfe zu erweisen, beeilte sich weder die britische noch die amerikanische Regierung, ihre Versprechungen einzuhalten. Am 4. September 1941 erklärte Churchill in einem Gespräch mit dem sowjetischen Botschafter J.M. Maiski, dass Großbritannien bis zum Winter keinerlei ernsthafte Hilfe erweisen könne, weder durch den Aufbau einer zweiten Front noch durch die Sicherung einer umfassenden Versorgung mit den von der Sowjetunion benötigten Waffenarten. [3]

Erst nachdem die Sowjetunion ihre Stärke im offenen Kampf mit dem faschistischen Deutschland und seinen Satelliten bewiesen hatte, den Angriff der Faschisten vor Moskau zum Stehen brachte, begannen die Regierungen Englands und der USA allmählich dazu überzugehen, die Sowjetunion durch Lieferung von Kriegsmaterial und Waffen zu unterstützen. Militärische Aktionen wie die zweite Front gehörten nach wie vor nicht dazu. Die zweite Front wurde bekanntlich erst im Sommer 1944 eröffnet!

Die Zerschlagung der faschistischen Truppen bei Moskau erfolgte durch die Rote Armee. Sie veränderte die Kriegslage grundlegend. In den Kämpfen bei Moskau wurde der Plan eines »Blitzkrieges« endgültig zu Grabe getragen. Der Sieg der Sowjetunion bei Moskau hob das Ansehen der UdSSR und stärkte ihren internationalen Einfluss. Selbst Winston S. Churchill musste in seinen Memoiren [4] feststellen, »dass der russische Widerstand die Kraft der deutschen Armeen brach«.

 

Anmerkungen:

[1] Der Nürnberger Prozess, Bd. II, S. 101.

[2] Winston S. Churchill, Der Zweite Weltkrieg. Memoiren, Bd. 3/2, S. 442 ff.

[3] Vergl.: Schriftwechsel Churchill mit Stalin in: Winston S. Churchill, Der Zweite Weltkrieg. Memoiren …, S. 90 ff.

[4] Churchill, a.a.O., Bd. 3/2, S. 27.

 

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2016-03: Positionen und Verhalten der USA

2015-10: Österreichs Neutralität

2015-06: Die Bundesrepublik Deutschland und Bosnien-Herzegowina