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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Westkonfrontation gegen Russland im Ostseeraum

Prof. Dr. Gregor Putensen, Greifswald

 

Bei einem vergleichenden Rückblick auf die sicherheitspolitische Gesamtsituation des Jahres 2017 in Zentral- und Nordeuropa besteht in Bezug auf Russland kaum Anlass dazu, sie als entspannter zu bewerten. Im Gegenteil, die in Heft 2/2017 der KPF-Mitteilungen festgestellten Tatsachen und Entwicklungen zur antirussischen Einkreisungsstrategie der NATO in Nordeuropa und im Ostseeraum haben sowohl an materiell-militärischer Nachhal­tigkeit als auch an politisch-ideologischer Massierung weiter zugenommen. Eindeutiger Hauptverursacher dieser negativen Tendenzen waren bisher die USA. Entgegen den wenn auch nur latenten Hoffnungen in Moskau auf einen politischen Klimawechsel durch die Wahl Trumps im November 2016 zum Präsidenten erklärten die USA in ihrer gut ein Jahr später verabschiedeten nationalen Sicherheitsdoktrin neben China und dem Iran vor allem Russland offen zu einem Feindstaat. Bei aller Unberechenbarkeit Trumps zeigte sich der russische Präsident Putin allerdings dennoch gewillt, dessen Verhalten als Ausdruck innen­politischer Auseinandersetzungen zwischen dem präsidialen Amtsinhaber und den traditio­nellen außenpolitischen Eliten in den USA zu werten. Zumal eine nicht geringe Zahl von nicht nur in der westlichen Militärallianz, sondern auch außerhalb dieses Bündnisses be­findlichen Staaten mit weiter gewachsener Militanz eine antirussische Konfrontations­politik verfolgt. Geist und Handlungen dieser Politik offenbarten sich im politischen Umfeld des Westens zum längst überfälligen, aber dennoch eigentlich positiven Verlauf des Tref­fens beider Präsidenten in Helsinki vom Juli dieses Jahres. Das Gros der traditionellen au­ßen- und sicherheitspolitischen Eliten von NATO und EU ist dabei, die gefahrvollen Dimen­sionen des Kalten Kriegs der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts noch zu übertreffen.

Neben der ohnehin dramatischen Erschütterung der Grundlagen für die Berechenbarkeit internationaler zwischenstaatlicher Beziehungen durch die vertragsbrüchige Aufkündigung von Klimaabkommen, der Atom-Übereinkunft mit dem Iran sowie dem Regelwerk der Welthandelsorganisation (WTO) u.a.m. durch die USA, beteiligen sich alle NATO- und EU-Staaten an einer nahezu geschlossenen Aufrüstungs- sowie Propaganda- und Verleum­dungskampagne gegen Russland. Sie wird unter demagogischer Berufung auf den 2014 immerhin durch eine Volksabstimmung untermauerten Anschluss der Krim an Russland, ebenso aber auch durch Russlands militärische Gegenmaßnahmen – so in Gestalt der Ent­wicklung von teilweise neuartigen strategischen Waffensystemen [1] sowie der Manöver­aktivitäten in den westlichen Militärbezirken des Landes und in der Arktis – mit forciertem politischen Boykott und wirtschaftlichen Sanktionen gerechtfertigt. Die gefahrvolle Tatsa­che, dass der Raketen- und Bombenüberfall der USA, Großbritanniens und Frankreichs vom 14. April dieses Jahres auf Syrien die Welt nach 1945 selten zuvor so nahe an die Schwelle eines dritten Weltkriegs geführt hatte, wurde von der Bevölkerungsmehrheit der Staaten des Westens so gut wie nicht wahrgenommen. Die von der syrischen Staatsfüh­rung ins Land gerufenen russischen Truppen als völkerrechtlich legitimierte Bündnispart­ner liefen reale Gefahr, von eventuell fehlgesteuerten Raketen oder Bomben der drei An­greiferstaaten getroffen zu werden. All dies im Zeichen einer »Vergeltung und Bestrafung« Russlands für ein jeglicher objektiver Ermittlung hohnsprechendes, unbewiesenes, im März d. J. in der Nähe von London mit angeblich hochtoxischem Kampfstoff begangenes Giftattentat. Ebenso der unterstellten Anwendung von Chemiewaffen durch Präsident Assads Streitkräfte im Kampf gegen ihre zahlreichen Gegner auf dem Territorium Syriens. Die Tendenz einer in diesem Jahr bisher weiter gewachsenen Zuspitzung der Haltung des westlichen Militärblocks trotz formaler Wiederbelebung des NATO-Russland-Rates ist un­verkennbar. Darüber hinaus nun auch der EU – insbesondere unter dem Aspekt ihrer jetzt offen deklarierten eigenen Militarisierung im Zeichen einer »Permanenten Strukturierten Zusammenarbeit«/PESCO [2] mit unverhülltem Bezug auf eine vermeintlich zunehmende von Russland ausgehende Bedrohung. Dies blieb nicht ohne Auswirkungen für das militär­politische Klima im Norden Europas.

Provokative Manöveraktivitäten

Am sichtbarsten zeigt sich diese Tendenz auf der Ostsee und in ihren Anliegerstaaten. Die gestiegene antirussische Militanz in der Politik der NATO manifestiert sich nicht nur im Umfang ihrer Manöveraktivitäten, sondern auch in einer besonders hasserfüllten politischen und ideologischen Haltung Polens und der Länder des Baltikums. Andererseits finden sich jedoch in Finnland und Schweden, die beide formal unter dem Siegel ihrer mili­tärischen Bündnisfreiheit noch nicht zur NATO gehören, auch gewisse Differenzierungen zur grundsätzlichen westlichen Perzeption einer vermeintlich von Russland ausgehenden Bedrohung. Polens Regierung hat dagegen, von den drei baltischen Staaten unterstützt, bei den USA darum gebeten, eine amerikanische Panzerdivision unter eigener polnischer finanzieller Kostenbeteiligung in Höhe von 2 Milliarden Dollar im östlichen Teil des Landes permanent zu stationieren. Andererseits forcieren hochrangige Militärs mit offiziösen Aus­sagen und die bürgerlichen Parteien in Schweden und in Finnland (hier nicht ganz so mas­siv) den Druck für einen NATO-Beitritt, für verstärkte Aufrüstung sowie für eine militärtech­nische und operativ verpflichtende Streitkräftekooperation zwischen beiden Ländern. [3] Wie in der NATO insgesamt blieben auch in den beiden formal bündnisfreien Ländern die Rufe nach zusätzlicher Aufstockung der Rüstungsbudgets nicht ohne Wirkung. Sichtlicher Aus­druck hierfür war die Bereitschaft der sozialdemokratisch-grünen Regierung Schwedens, der Forderung der Allianz von vier bürgerlichen Parteien nach 11 Mrd. Schwedischen Kro­nen (Sek) Aufstockung in den nächsten vier Jahren mit 5 Mrd. Sek entgegenzukommen. Unter dem Gesichtspunkt demonstrativer militärisch symbolischer Abwehrbereitschaft wurde die 2005 entmilitarisierte Insel Gotland wieder zu einem Truppenstandort aufgerüs­tet. Diese Schritte der schwedischen Regierung erfolgten allerdings auch unter dem Druck der für Mitte September d. J. anberaumten Parlamentswahlen, die den Fortbestand der politisch erheblich geschwächten Sozialdemokraten als traditionelle Regierungspartei zu­nehmend fraglich erscheinen lassen.

Die in Nordeuropa bereits seit Beginn dieses Jahrzehnts stattfindende Massierung von Militärmanövern der NATO zu Lande, zu Wasser und in der Luft unter immer umfangreiche­rer Einbeziehung und Nutzung der Streitkräfte und des Territoriums Finnlands und Schwe­dens setzt sich fort. Die für Schweden seit dem Zweiten Weltkrieg bisher größten koordi­nierten Land-, Luft- und Seeoperationen im Rahmen eines dreiwöchigen NATO-Manövers im Ostseeraum fanden im September 2017 unter schwedischer Führung statt. Die Teilnah­me allein von 19.000 schwedischen Soldaten neben etlichen Tausend Soldaten aus den USA, Finnland, Dänemark, Norwegen und anderen NATO-Staaten war den Medien Deutschlands so gut wie keinerlei Erwähnung wert. [4] Wohl aber provozierte die zum glei­chen Zeitpunkt stattfindende 10-Tageübung »Zapad« der Streitkräfte Russlands und Bjelo­russlands in ihren westlichen Militärbezirken (auf immerhin eigenem Territorium!) in den bundesdeutschen Massenmedien einen Schwall angsteinflößender Schlagzeilen und Sen­dungen, die dem manipulativen Bild einer Bedrohung aus dem Osten Rückhalt zu verleihen suchten. [5]

Auch die diesjährigen Manöveraktivitäten der NATO auf der Ostsee und in einigen ihrer An­liegerstaaten gaben den Russen kaum Anlass, in ihrer Wachsamkeit nachzulassen. Anfang Juni des Jahres wurde in Brüssel der NATO-Beschluss gefasst, dass weitere 30.000 Sol­daten und dazugehöriges Kriegsgerät im Fall einer Krisensituation innerhalb von 30 Tagen verlegt werden können sollen – natürlich in Richtung Osten mit entsprechend zu finanzie­render Ertüchtigung von Straßen und Brücken zu erhöhter »Panzertauglichkeit«. Zu glei­cher Zeit führte die westliche Militärallianz in Polen und im Baltikum mit 18.000 Soldaten aus 19 Ländern das Manöver »Säbelschlag« durch. Flankiert wurden diese Manöveropera­tionen zu Lande von dem größten Marinemanöver 2018 – den »Baltops«, die vor Russlands Exklave Kaliningrad mit 43 Schiffen, 60 Flugzeugen und nahezu 5.000 Soldaten aus 22 Ländern aufgezogen waren. Und das angesichts der heuchelnden Beschwörung auch einer maritimen russischen Bedrohung des Westens im Ostseeraum! Die NATO-Mit­glieder und ihre Partner Finnland und Schweden sind Russland, was die dortige Anzahl ih­rer verschiedenen Kriegsschiffklassen, von Zerstörern, Fregatten bis hin zu U-Booten anbe­langt, um etwa das 5- bis 15-Fache überlegen. [6] Erkennbar ist somit, dass die Ostsee unter marinestrategischem Gesichtpunkt – anders als während des vorherigen Kalten Kriegs – inzwischen faktisch zu einem von der NATO dominierten Binnenmeer geworden ist. Sie hat notwendigerweise gegenüber der globalen Priorität vor allem der Nordmeerflot­te Russlands mit Blick auf die für das Land erheblich gewachsene strategische Bedeutung der Arktis, aber auch gegenüber der Schwarzmeer- und Pazifikflotte, an Gewicht verloren, was durch die russischen Land- und Luftstreitkräfte erkennbar kompensiert wird.

Die ideologische Verteufelung Russlands

Die unter USA-Präsident Trump entstandene Verunsicherung in Hinblick auf berechenbare zwischenstaatliche Beziehungen hat auch innerhalb der NATO zu unverkennbaren Differen­zierungen im Verständnis der bisherigen amerikanischen Führungsrolle geführt. Die von Trump erhobene Forderung nach BIP-Zwei-Prozent-Rüstungshaushalten in allen NATO-Mitgliedsstaaten ist von Deutschland und Frankreich trotz aller sonstigen politischen und wirtschaftlichen Irritationen um den USA-Präsidenten befürwortet worden. Ist es doch will­kommener Rückhalt für ihre Ambitionen, eine eigene stärkere militärische Rolle innerhalb der NATO- und EU-Länder Westeuropas zu spielen. Im Grundsatz wird dies nicht nur dort, sondern auch in Finnland und Schweden von den politischen Eliten gesehen. Ähnlich wie beispielsweise von NATO-Generalsekretär Stoltenberg [7] oder der deutschen Verteidigungs­ministerin von der Leyen mit ihren Glaubensbekenntnissen zu einem ungebrochenen Fort­bestand »amerikanischer Demokratie« und der Notwendigkeit ergebener »transatlantischer Solidarität«. Dementsprechend wird seither ein pausenloses, zum großen Teil nicht nur amerikanisch initiiertes propagandistisches Trommelfeuer entfacht. Angesichts einiger un­bestreitbarer menschenrechtlicher Defizite in Russland bleibt dies vor allem in Hinblick auf Präsident Putin in Nordeuropa nicht ohne massenpolitisch dämonisierende Wirkungen, die ihm als dem persönlich Schuldigen die Verantwortung für nahezu alle Konflikte und politischen Intrigen unterstellen (z. B. Ukraine-Donbass-Spannungen, kein Minsk-Abkom­men bisher, Passagierflugzeugabschuss über dem Donbass Juli 2014, Spionage, Chemie­waffeneinsatz in Syrien, Giftattentate, Cyberangriffe usw.). Der hiermit flankierte, ohnehin gewachsene politische Rechtstrend in allen drei skandinavischen Ländern (Dänemark und Norwegen sind bereits seit 1949 NATO-Mitglied) bewirkte nunmehr auch in Schweden, dass sich in Umfragen erstmals mehrheitlich etwa 43 Prozent der Befragten gegenüber 38 Prozent von Ablehnenden für einen Beitritt zur NATO aussprechen. [8] In Finnland hält im­mer noch eine deutliche Mehrheit von etwa 55 bis 60 Prozent eine Mitgliedschaft in der westlichen Militärallianz für nicht erforderlich.

Westliche Sanktionspolitik

Auch die unter dem Vorwand der Krim-Annexion geführte Sanktionspolitik von NATO und EU gegen Russland ist von den übrigen Ostseeanliegerstaaten weitgehend befolgt worden. So auch in der Skripal-Vergiftungsaffäre im englischen Salisbury, in dessen Folge massive »westlich-solidarische« Ausweisungen von insgesamt 140 russischen Botschaftsangehöri­gen auf Betreiben der britischen Regierung erzwungen worden waren. Hier begnügten sich die nordischen Länder allerdings jeweils mit nur einem Diplomatenrausschmiss. Die weitaus schwerwiegenderen von der EU gemeinsam mit der NATO seit 2014 verhängten wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland haben trotz anfänglich durchaus schmerzhaf­ter Wirkungen für die dortige Bevölkerung nicht den erhofften außenpolitischen Kurswech­sel Moskaus gegenüber dem Westen erbracht. Wohl aber inzwischen für die EU spürbare negative Konsequenzen durch die russischen handelspolitischen Gegenmaßnah­men in Ge­stalt von umfangreichen Importsperren und Importersatz aus neu entstandener einheimi­scher Produktion. Dies betrifft vor allem Deutschland, Finnland, Polen, Tschechi­en, die Slo­wakei, Ungarn und Italien. Deren Exporte mussten nicht nur erhebliche Einbrü­che erleiden, sondern gingen bisheriger Absatzmärkte auf Dauer verlustig, da inzwischen eine deutliche Schwerpunktverlagerung der russischen Außenwirtschaftsorientierung nach Asien und Fernost eingesetzt hat.

Ein besonders heftig umstrittenes Feld der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen ist die Verlegung des zweiten Strangs der Ostsee-Pipeline »Nordstream«. Hier ergeben sich erhebliche Abweichungen zur sonst üblich gewordenen Konstellation außenpolitischer In­teressen zwischen dem Westen und Russland. Das Konsortium deutscher, niederländi­scher und französischer Energieunternehmen treibt im Verbund mit der die Aktienmehrheit besitzenden russischen Gazprom (bei erkennbarem Rückhalt durch die Bundesregierung) zielstrebig die Verlegung der Unterwasser-Erdgasleitung vom finnischen Meerbusen nach Greifswald/Lubmin voran. Dagegen versuchen die USA, Polen und die baltischen Staaten unter Mitleid heuchelndem Verweis auf den bald absehbaren Ausfall der für die Ukraine bisher so günstigen russischen Durchleitungsgebühren das Projekt zu hintertreiben. Das massive Engagement der Amerikaner in dieser Frage entspringt allerdings dem unverhüll­ten Eigeninteresse nach Export seines Flüssiggases nach Westeuropa, wohl aber zu einem unvermeidlich bis zu etwa 50 Prozent höheren Preis als die russischen Angebote. Für eine Verweigerung der Genehmigungen zur Verlegung der zweiten »Nordstream«- Leitung in den Wirtschaftszonen der Ostee-Anlieger (einmal abgesehen von Russland) hatten sich letztlich trotz manch sicherheitspolitischer Bedenken und ökologisch motivierter Einwände in Finn­land, Schweden und Deutschland bisher keine hinreichend tragfähigen Gründe gefunden. [9] Nur Dänemark will nach ungewöhnlicher öffentlicher Vorankündigung die Zustimmung zur Verlegung der Erdgasleitung in seiner Territorial- und Wirtschaftszone südlich von der Insel Bornholm verweigern. Latenter amerikanischer Druck kann hierbei für die Haltung Däne­marks kaum ausgeschlossen werden.[10]

Das Moment der westlichen Atomstrategie

Alle NATO-Mitglieder Nordeuropas betrachten sich ausdrücklich als strategische Nutznie­ßer des atomaren Schutzschirms der USA. Im Fall der formal militärisch bündnisfreien Län­der Finnland und Schweden geschieht dies offiziell unausgesprochen, eher im Sinne einer stillschweigenden, aber gewollten Akzeptanz. Dies zeigt sich u.a. in der mit der NATO ge­meinsamen mehr oder weniger lautstarken Verurteilung der in der Exklave Kaliningrad sta­tionierten russischen, mit Atomsprengköpfen versehbaren Iskander-Raketen. Dagegen ist weder in Helsinki noch in Stockholm eine in diesem Sinne ähnlich »antiatomar« gebote­ne Kritik an der Installierung des amerikanischen Antiraketen-Systems in Polen (Rydzowo) und in Rumänien mit dem Ziel, die russische Zweitschlagsfähigkeit in der nuklearen Parität zu den USA zu neutralisieren, zu vernehmen. Hervorhebung verdient jedoch der in der schwedischen Regierung eingetretene Grundsatzdisput im Zusammenhang mit der im Juli 2017 von 122 Staaten der UNO verabschiedeten Konvention über ein Verbot aller Kern­waffen. Die erkennbar feministisch geprägte sozialdemokratische Außenministerin Margot Wallström war eine der maßgeblichen Mitinitiatorinnen beim Zustandekommen dieses in­ternationalen Vertrages und trat für dessen rasche Ratifizierung ein. [11] Ihr sozialdemokra­tischer Ministerkollege, der Verteidigungsminister Peter Hultqvist, lehnte »vorerst«, ge­stützt auf die entschiedene Gegnerschaft der Militärführung des Landes und auf eine brei­te Front aller Parlamentsparteien – mit Ausnahme der Linkspartei – eine umgehende Rati­fizierung des Vertragswerkes ab. Man wolle im Herbst nach den Reichstagswahlen angeb­lich auf diese Frage zurückkommen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es jedoch zu kei­ner Vertragsratifizierung kommen, da die atomare Strategie der NATO und die verblendete westliche Sicht doppelter Standards auf die Atommacht Russland vermutlich nichtüber­windbare Hindernisse schaffen.

 

Anmerkungen:

[1] W. W. Putin, Rede vor dem Föderationsrat der Duma zur Lage der Nation am 1. 3. 2018, in: Sputnik (Moskau / Netzaus­gabe) vom 1.3.2018; siehe auch: J. Sommer, Russlands neue Atomwaffen – Gefahr und Chance, in: Das Blättchen Nr. 14, (Berlin 2018), S. 10-12; vgl. ebenfalls: Der russische Bär zeigt seine Krallen – Was ist dran an Putins Wunderwaffen?, in: stern (Hamburg/Netzausgabe) vom 5.3.2018.

[2] Vgl. W. Ersil, Ein neuer Rahmen für die Militarisierung/PESCO, in: neues deutschland vom 3.7.2018, S. 18.

[3] Vgl. Von den Verteidigungsministern Finnlands und Schwedens am 9.7.2018 unterzeichnetes Memorandum über die Richtlinien der Zusammenarbeit im Frieden, in Krisensituationen und im Krieg; in: Svenska Dagbladet (Stockholm) vom 10.7.2018.

[4] Vgl. Deutschlandweit kaum erwähnt bis auf Gregor Putensen, Schweden führt NATO-Großmanöver an, in: neues deutschland (Berlin) vom 11. 9. 2017.

[5] Textbeispiel (in großer Aufmachung): Russisches Großmanöver versetzt Baltikum in Schrecken – Massive Truppenbewe­gungen und mangelnde Transparenz, in: Ostsee-Zeitung (Rostock), Wochenendausgabe vom 9./10. 9. 2017.

[6] Vgl. Pavel Lokshin, Scheinangriff, in: Die Welt (Berlin) vom 5.4.2018.

[7] Thorvald Stoltenberg, NATO-Generalsekretär. »Europas Sicherheit ist und bleibt abhängig von den USA«, in: stern (Hamburg) vom 21.6.2018, S. 92-95; Siehe auch: Ergebnisse der Brüsseler NATO-Ratstagung vom 11./12.7.2018.

[8] Vgl. Aftonbladet (Stockholm/Netzausgabe) vom 15.1.2018.

[9] Vgl. D. Bimboes, Das Erdgas aus dem Osten und der neue Kalte Krieg, (Unversität Kassel/AG Friedensforschung) Manu­skriptdruck; Siehe auch: Wikipedia: Nordstream 2 – Interessengegensätze.

[10] Im November 2017 verabschiedete das dänische Parlament (Folketing) ein Gesetz, das neben bisherigen sicherheits­technischen und ökologischen Gesichtspunkten nunmehr auch geopolitische Kriterien für die Genehmigung technischer Anlagen in Territorialgewässern und in der Wirtschaftszone des Landes geltend macht.

[11] Hans Blix, Schwedens langjähriger Direktor der IAEA (1981-1997), der in Wien stationierten internationalen Behörde zur Kontrolle zur friedlichen Anwendung der Kernenergie, fordert – die Au#ßenministerin unterstützend – in einer detaillierten, für die USA und NATO kritischen Begründung die umgehende Ratifizierung der Konvention. »Schweden sollte die UN-Kon­vention unterschreiben« (Schwed. Text), in: Svenska Dagbladet (Stockholm) vom 20.8.2017.

 

Mehr von Gregor Putensen in den »Mitteilungen«: 

2017-02: Nordeuropa und der Ostseeraum in der Einkreisungsstrategie der NATO gegenüber Russland