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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Vor 90 Jahren: Antifaschistische Aktion! (II)

Prof. Dr. Heinz Karl, Berlin

 

(Teil I siehe Heft 5/2022)

Mit dem Aufruf zur Antifaschistischen Aktion am 25. Mai 1932 hatte die KPD auf die ent­scheidende aktuelle Aufgabe – dem Hitlerfaschismus den Weg in die Regierungsmacht zu verlegen – orientiert, die Herstellung der Einheitsfront mit der sozialdemokratischen Bewe­gung als unumgängliche Voraussetzung dafür umrissen und den Blick auf neue Möglichkei­ten des Zusammenwirkens auch mit bürgerlichen Kräften gegen die faschistische Gefahr gerichtet. Das ZK der KPD orientierte die Parteiorganisationen darauf, sich dafür einzuset­zen, dass sich zur »Leitung der Bewegung ... Einheitsausschüsse ... auf breitester Grundla­ge«1, Selbstschutzformationen und andere Gremien bilden, die ein möglichst breites antifa­schistisches Bündnis zum Ausdruck bringen.

Diese Initiative hatte außerordentliche Resonanz. In wenigen Wochen wurde die Antifa­schistische Aktion zu einer deutschlandweiten organisierten Bewegung mit wirklichem Massencharakter, an der in großem Umfange Sozialdemokraten, Mitglieder des Reichsban­ners Schwarz-Rot-Gold (einer vor allem von Sozialdemokraten getragenen republikani­schen Wehrorganisation) und der Freien Gewerkschaften, Sportler und Angehörige christli­cher Organisationen aktiv teilnahmen, die nicht nur Arbeiter, sondern auch Intellektuelle, Bauern und andere Kreise der Mittelschichten erfasste.

Wie zeitgemäß und realistisch Situationsanalyse und Schlussfolgerungen des Maiplenums waren, zeigte sich schon nach wenigen Tagen. Am 30. Mai musste Brüning demissionieren; am 1. Juni wurde der Großgrundbesitzer, Großaktionär und ehemalige Generalstabsoffizier Franz v. Papen zum Reichskanzler ernannt. Die KPD schätzte dessen »Kabinett der Barone« sofort als »Platzhalterin des Hitlerfaschismus« ein, das »die Vorbereitung der offenen, faschistischen Diktatur in Deutschland«2 betreibe, und nutzte jede sich bietende Chance, dem entgegenzuwirken.

Im Preußischen Landtag erklärte am 2. Juni der Vorsitzende der KPD-Fraktion, Wilhelm Pieck, an die Nazis gewandt: »Wir werden unter Einsetzung aller Kräfte des Proletariats zu verhindern suchen, daß Sie hier oder sonstwo anders die Regierungsmacht in die Hände bekommen.«3 Am 3. Juni stimmten die Kommunisten einen deutschnationalen Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung nieder, dessen Annahme die Wahl eines Nazi-Ministerprä­sidenten ermöglicht hätte. Damit sicherte die KPD, dass die Regierung Braun (SPD), die ihre parlamentarische Basis verloren hatte, als geschäftsführende Regierung im Amt blieb. Die KPD-Fraktion unternahm alles in ihren Kräften Stehende, um die Wahl von Faschisten in das Landtagspräsidium zu verhindern. Sie erklärte ihre Bereitschaft, auf eigene Kandida­ten zu verzichten und für ein aus Vertretern der SPD und des Zentrums bestehendes Präsi­dium zu stimmen. Doch beide Parteien lehnten dieses Angebot ab. Das Zentrum ermög­lichte durch Stimmenthaltung die Wahl eines Nazis in die politische Schlüsselstellung des Präsidenten des Preußischen Landtags. Am 15. Juni stimmte die KPD-Fraktion den Nazi-Antrag nieder, die der SPD und der bürgerlich-demokratischen Deutschen Staatspartei angehörenden Minister in Anklagezustand zu versetzen. Im Reichstag verfolgten die Kommunisten eine entsprechende Linie, mit SPD und Zentrum gegen die Faschisten zusammenzuarbeiten.

Die KPD wandte sich insbesondere an die Leitungen der SPD und der von ihr geführten Massenorganisationen, um ein gemeinsames Auftreten gegen die faschistischen Vorstöße zu erreichen. So appellierte am 16. Juni Walter Ulbricht im Namen der KPD-Bezirksleitung Berlin-Brandenburg an die Berliner Vorstände der SPD, der Freien Gewerkschaften und des Reichsbanners, eine Massendemonstration gegen die faschistische Reaktion und die Papen-Regierung zu unterstützen.4 Das wurde abgelehnt, obwohl selbst Lageberichte des Reichsinnenministeriums registrierten, dass es eine »bei den breiten Massen überaus wirk­same«5 Initiative war. Ähnlich handelten die anderen Bezirksleitungen der KPD.

Alle Beispiele erfolgreichen Zusammenwirkens verstärkten in der sozialdemokratischen Bewegung die Bereitschaft zur antifaschistischen Aktionseinheit. Mitte Juli registrierte das Reichsinnenministerium: »Im ganzen Reiche gehen die praktischen Einheitsfrontaktionen weiter. SPD-Betriebsräte gehen mit roten Kollegen zusammen, Reichsbannermitglieder erscheinen als Delegierte ihrer Kameraden in kommunistischen Versammlungen … Gemeinsame Sargwachen und Beteiligungen bei Beerdigungen sind schon überall die Regel, ebenso wie bei oder nach nationalsozialistischen Aufmärschen regelmäßig wirklich überparteiliche Demonstrationen veranstaltet werden. Sozialdemokraten erscheinen bei den vielerorts veranstalteten antifaschistischen Kongressen der KPD ...; Gewerkschafts­funktionäre erklären, daß man die entgegengehaltene Bruderhand der KPD nicht zurück­weisen dürfe.«6 Je stärker dieses Drängen wurde, desto nachhaltiger stemmte sich ihm jedoch der Parteivorstand der SPD entgegen. In einem Rundschreiben an die Bezirksvor­stände vom 28. Juni verbot er jegliche Verhandlungen mit Kommunisten und drohte Zuwi­derhandelnden mit dem Ausschluss.

Als am 20. Juli 1932 Papen durch einen von der Reichswehr abgesicherten Staatsstreich die von der SPD – die Hindenburgs Wiederwahl ermöglicht hatte – geführte preußische Regierung absetzte, schlug die KPD den Vorständen der SPD und der Freien Gewerkschaf­ten vor, Papens Staatsstreich mit dem Generalstreik zu beantworten. Aber die kommunisti­sche Initiative wurde ignoriert; die Berliner Gewerkschaftsvorstände diffamierten sie sogar als Provokation.7

Auf Grund der den Massen verständlichen und auch den Interessen der Sozialdemokraten entsprechenden Zielstellung sowie der außerordentlichen Aktivität der kommunistischen Parteiorganisationen gelang es trotz der negativen Haltung der sozialdemokratischen Füh­rungsinstanzen, viele gemeinsame Aktionen von Kommunisten, Sozialdemokraten und an­deren Antifaschisten herbeizuführen. Viele Hunderte gemeinsamer Ausschüsse und Kampfleitungen entstanden, in denen Kommunisten und Sozialdemokraten, viele christli­che Arbeiter, Sportler, Intellektuelle, auch Bauern einträchtig und wirksam zusammenar­beiteten. Vor allem eine Vielzahl von Formationen des antifaschistischen Massenselbst­schutzes – wie Straßen- und Häuserschutzstaffeln – konnten geschaffen werden.8 Die gemeinsamen Interessen von Kommunisten und Sozialdemokraten, Christen und bürgerli­chen Demokraten an der Verteidigung der demokratischen Rechte und Freiheiten bildeten das stärkste Motiv der Aktionseinheit. Besonders die Erfordernisse der Abwehr des faschistischen Terrors bewirkten die breitesten Verbindungen antifaschistischer Kräfte und führten am ehesten zu organisierten Formen gemeinsamen Kampfes.

Wirkungen der Antifaschistischen Aktion

Erste Ergebnisse zeigten sich bald. Die Antifaschistische Aktion vermochte den faschisti­schen Terror im Sommer 1932 im Wesentlichen zu brechen. Schon die Reichstagswahl am 31. Juli 1932, bei der die Nazis mit 13,8 Millionen Stimmen (37,4 Prozent) ihr bestes Ergebnis erzielten, zeigte zugleich, dass ihr Vormarsch faktisch zum Stillstand gebracht worden war, in Stagnation überging.9 Selbst auf ihrem Höhepunkt waren sie weit von einer absoluten Mehrheit entfernt – fast zwei Drittel der deutschen Wähler hatten sie nicht gewählt. Für eine Koalition aber fanden sie keinen Partner. Die anderen rechtskonservati­ven Kräfte wurden durch ihren Zuwachs geschwächt; die Zentrums-Führung, die mit ihnen darüber verhandelt hatte, musste mit Rücksicht auf ihre Anhänger davon Abstand nehmen – auch eine Wirkung der Antifaschistischen Aktion, die das politische Klima verändert und die Sensibilität gegenüber den Faschisten verstärkt hatte.

Die Antifaschistische Aktion trug entscheidend zu der schweren politischen Niederlage der Nazis im Herbst 1932 (u.a. Verlust von zwei Millionen Wählern bei der Reichstagswahl am 6. November) sowie zum Sturz der profaschistischen Regierung Papen bei.

Wesentlichen Anteil daran hatte die von der KPD und der Revolutionären Gewerkschafts­opposition (RGO) geführte erfolgreiche Streikwelle im Herbst 1932. Durch rund 1.100 Streiks, von denen etwa 80 Prozent erfolgreich endeten, gelang es, den von Papen mittels Notverordnung versuchten, bisher rabiatesten Lohn- und Unterstützungsabbau weitgehend abzuwehren.

Höhepunkt der Herbststreikwelle war der Streik der 22.000 BVG-Arbeiter Anfang Novem­ber. Hier hatten sich in einer Urabstimmung mit 85-prozentiger Beteiligung 79 Prozent der Kollegen für den Streik entschieden, um weiteren Lohnabbau zu verhindern.

Den Streik führte eine gewählte Zentrale Streikleitung, in der die RGO den bestimmenden Einfluss hatte. 16 Mitglieder gehörten den Freien Gewerkschaften an, einige waren unorga­nisiert; eine verschwindende Minderheit – ganze vier – waren Nazis. Diese hatten bei der letzten Betriebsratswahl etwa 1.500 Stimmen erhalten und sahen sich aus taktischen Grün­den – wenige Tage vor der Reichstagswahl – genötigt, am Streik teilzunehmen. Ihre erzwun­gene Teilnahme war ein günstiges Moment, weil dadurch der Streikbruch erschwert wurde.

Der Streik legte den U-Bahn-, Straßenbahn- und Omnibus-Verkehr in Berlin völlig lahm. Ein unmittelbarer Erfolg des Streiks wurde durch die sozialdemokratisch dominierten Gewerk­schaftsinstanzen hintertrieben. Sie riefen, sobald ein Schiedsspruch gefällt war, der den Lohnabbau sanktionierte, zur Wiederaufnahme der Arbeit auf – also faktisch zum Streik­bruch – und erreichten, dass die Hälfte der Streikenden dem folgte. Daraufhin musste der Streik abgebrochen werden. Dennoch hatte er bedeutende Auswirkungen. Er offenbarte nicht nur den politischen Bankrott der Papen-Regierung – der reaktionärsten Regierung vor Hitler. Die Reichstagswahl am 6. November (während des Streiks) brachte der KPD in Ber­lin einen besonders großen Erfolg, jedoch sowohl der Nazipartei als auch der SPD beson­ders schwere Verluste. Vor allem in der SPD führte das zu heftigen Auseinandersetzungen, weil die Funktionäre mit Recht dafür auch die Streikbruchtaktik der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer verantwortlich machten.10

Die Niederlage des Nazifaschismus löste in der Nazipartei eine tiefe Krise aus, die auch Auflösungserscheinungen zeitigte. Dabei war der Tiefpunkt offenbar noch nicht erreicht. Ihre Stimmenverluste setzten sich fort bei der Lübecker Bürgerschaftswahl und den säch­sischen Kommunalwahlen am 13. November und bei den Kommunalwahlen in Thüringen – wo sie seit August regierte – am 4. Dezember.

Beredtes Zeugnis legt das Tagebuch ihres Reichspropagandaleiters Joseph Goebbels ab: - 7. November: »Auf dem Berliner Gau herrscht eine sehr gedrückte Stimmung ...« – 10. November: »Überall tauchen nun Ärger, Streit und Misshelligkeiten auf.« - 11. November: »Kassenlage der Berliner Organisation ... ist ganz trostlos. Nur Ebbe, Schulden und Ver- pflichtungen, dazu die vollkommene Unmöglichkeit, nach dieser Niederlage irgendwo Geld in größerem Umfange aufzutreiben.« – 6. Dezember: »Die Lage im Reich ist katastrophal: In Thüringen haben wir seit dem 31. Juli nahezu 40 Prozent Verluste erlitten.« – 8. Dezem­ber: Gregor Strasser, der »zweite Mann« nach Hitler, legt unerwartet alle seine Ämter nieder. Goebbels kommentiert hysterisch: »Verrat! Verrat! Verrat! ... In der Organisation herrscht schwere Depression. Die Geldsorgen machen jede zielbewußte Arbeit unmöglich. ... Die Inspekteure der Partei sind beim Führer versammelt. ... Wir sind alle sehr deprimiert. ... die Gefahr besteht, daß die ganze Partei auseinanderfällt. ... Die Lage in der Partei spitzt sich von Stunde zu Stunde zu. ... Der Führer ... verbittert ... sagt nur: ›Wenn die Partei einmal zerfällt, dann mache ich in 3 Minuten mit der Pistole Schluß.‹«11

Bilanz

Die Antifaschistische Aktion hat den Prozess der Faschisierung bis zu einem gewissen Grade gehemmt, die Errichtung der faschistischen Diktatur erschwert und verzögert.

Es ist schon an sich bemerkenswert, dass im Zusammenhang mit der Antifaschistischen Aktion der Masseneinfluss der KPD für die Zeit bis 1945 seinen Höhepunkt erreichte. Bereits 1930 war sie – als erste (und vor dem Zweiten Weltkrieg einzige) kommunistische Partei eines kapitalistischen Landes – in der Hauptstadt wählerstärkste Partei geworden. Bei den Reichstagswahlen im November 1932 stimmte jeder sechste deutsche Wähler (in Berlin jeder dritte) für die KPD, die fast sechs Millionen Stimmen erhielt (gegenüber 7,25 Mill. für die SPD). In den neun industriell entwickeltsten Wahlkreisen (dem heutigen Nordrhein-Westfalen, Berlin und Umgebung, dem mitteldeutschen Industriegebiet und Oberschlesien) erhielt die KPD 2,5 Mill., die SPD 1,7 Mill. Stimmen. Das zeigt, in welchem Maße sich die Sympathien der Mehrheit der deutschen Arbeiterklasse der KPD zuzuneigen begannen.

Zugleich wurde deutlich, dass nicht nur die Arbeiterklasse an politischer Aktivität und anti­faschistischer Konsequenz gewann, sondern im Zusammenhang damit auch in den Mittel­schichten antifaschistische (dem Wesen nach antiimperialistische) Orientierungen an Ein­fluss zunahmen, faschistische und andere reaktionäre Positionen geschwächt wurden.

Die seit Mai/Juni 1932 bewirkten Veränderungen eröffneten die Chance, durch ein ge­meinsames Auftreten der Arbeiterparteien und Gewerkschaften den Kräften der Faschisie­rung eine Niederlage zu bereiten. Doch sie wurde durch die nicht nur unverändert, sondern sogar verschärft antikommunistische Positionierung der SPD-Führung vertan.12

Erfahrungen und Lehren

Kann man 1932 und 2022 vergleichen? Natürlich verbieten sich Analogien. Aber alle Erfah­rungen mit dem Großkapital, seinen politischen Konzepten, dem Agieren seiner politischen, bürokratischen und militärischen Eliten, seinen Medien mahnen zu größter Vorsicht.

Die wichtigste Erfahrung: Es ist unbedingt notwendig, im Ringen um antifaschistische Bündnisse die größte Breite anzustreben! Falsch ist es allerdings (wie es Bernd Langer tut13), antifaschistische und antikapitalistische Motivationen einander entgegenzusetzen. Nicht nur, weil damit die realen gesellschaftlichen Ursachen faschistischer Gefahren und Entwicklungen ignoriert werden. Nicht weniger wichtig ist die Erfahrung, dass die Antifa­schistische Aktion ihre größte Wirkung gerade dort entfaltet hat, wo die antifaschistischen Anliegen eng mit den wirtschaftlichen und sozialen Tagesinteressen verbunden waren.

Außerordentlich wichtig ist die Beachtung der Dialektik von Spontaneität und Bewusstheit. Das erfordert insbesondere auch die stete Berücksichtigung der Vielfalt organisatorischer Strukturen und ihrer sehr oft spontanen Herausbildung. Es gibt kein Schema für Formen und Methoden! Anfang der 30er Jahre hatte die antifaschistische Bewegung ihre breiteste Basis im Massenselbstschutz. Aber auch Einheitsausschüsse, Kampfkomitees, Erwerbslo­senausschüsse, Mieterausschüsse, Bauernkomitees, Kampfausschüsse gegen die Kulturre­aktion, Konferenzen und Kongresse der Antifaschistischen Aktion spielten eine große Rol­le. Heute können eine ähnliche Rolle Bündnisse, Netzwerke, Runde Tische usw. spielen.

Offensichtlich ist in der Antifaschistischen Aktion 1932 das inspirierende, mobilisierende, organisierende, koordinierende, vermittelnde, zusammenführende Wirken der KPD. Ohne sie hätte es diese breite, starke, stabile Bewegung nicht gegeben. Langers Entgegenset­zung von antifaschistischer (Basis-) Bewegung und Kommunistischer Partei14 widerspricht sowohl den Erfahrungen von 1932 als auch den heutigen. Dabei steht das Problem der politischen Avantgarde heute in anderer Weise als 1932, aber es steht – die Alternative heißt Orientierungslosigkeit und Zersplitterung. Auch Michael Hardt15 irrt, wenn er einer­seits die Zersplitterung und Instabilität der »Multitude« beklagt, aber andererseits unbe­dingt ohne eine politische Avantgarde auskommen will (was im Übrigen allen Erfahrungen seit der Antike widerspricht).

Wesentliche Lehren vermittelt auch die Behandlung des Verhältnisses von ideologischem und – wie man es damals nannte – »wehrhaftem« Kampf gegen Faschisten, die entschiede­ne Bekämpfung des Abgleitens in individuellen Terror. Dies darf aber in keinem Fall dazu führen, Faschisten die Straße (bzw. überhaupt öffentlichen Raum) zu überlassen.

Von fundamentaler Bedeutung ist das Primat des außerparlamentarischen Kampfes. Es ist eine grundlegende Lehre der 30er Jahre, dass die Demokratie nicht durch parlamentari­sche Manöver, sondern allein durch den aktiven Kampf der Volksmassen geschützt werden kann. Ihn unterstützend, seine Möglichkeiten für politische Initiativen nutzend, kann und soll die parlamentarische Arbeit eine wichtige Rolle spielen.

Ungemein wichtig ist eine kritische Haltung zum »Antifaschismus« des bürgerlichen Staa­tes. Die ganze Geschichte der BRD, von ihrem Entstehen bis heute, beschwört die kata­strophale Erfahrung der Weimarer Republik, dass die herrschende imperialistische Bour­geoisie die Staatsmacht und ihren Apparat rigoros ihren Interessen unterordnet, diesen Interessen entsprechende reaktionäre Aktivitäten legitimiert und dabei den Übergang auch zu extremsten Herrschaftsformen nicht scheut.

 

Anmerkungen:

1 Die Antifaschistische Aktion. Dokumentation und Chronik Mai 1932 bis Januar 1933. Hrsg. u. eing. v. H. Karl u. E. Kücklich unter Mitarb. v. E. Fölster u. K. Haferkorn, Berlin 1965, S. 36.

2 Ebenda, S. 78.

3 Wilhelm Pieck: Gesammelte Reden und Schriften, Bd. IV, Brlin 1961, S. 455.

4 Vgl. Die Antifaschistische Aktion, S. 114/115.

5 Ebenda, S. 136.

6 Ebenda, S. 186/187.

7 Vgl. Vorwärts (Berlin), 21. Juli 1932 (Morgenausgabe).

8 Vgl. Die Antifaschistische Aktion, S. 388-406.

9 Die Nazipartei erlangte bei den Reichstags- bzw. Reichspräsidentenwahlen im September 1930: 6,4 Millionen Stimmen (18,3 %), März 1932: 11,3 Mill. (30,1 %), April 1932: 13,4 Mill. (36,8 %), Juli 1932: 13,8 Mill. (37,4 %).

10 Vgl. Anpassung oder Widerstand? Aus den Akten des Parteivorstandes der deutschen Sozialdemokratie 1932/1933. Hrsg. u. bearb. v. Hagen Schulze, Bonn/Bad Godesberg (1975), (Archiv für Sozialgeschichte, Beiheft 4), S. 41/42, 52 u. 68.

11 Joseph Goebbels: Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei, München 1934, S. 197, 200, 217-220.

12 Vgl. Heinz Karl: November 1932: Wird Hitler gestoppt? In: Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE, Heft 11/2012, S. 23 ff. u. 12/2012, S. 29 ff.

13 Vgl. Bernd Langer: Antifaschistische Aktion. Geschichte einer linksradikalen Bewegung, (Münster 2014); z.B. S. 11, 18, 73. Dies verwundert allerdings nicht, liest man eine die Sicht des Autors auf die Problematik charakterisierende Aussage wie: »Die These, dass die NSDAP vor allem ein Instrument der Großindustrie und der Hochfinanz gewesen sei, ... lässt sich bei näherer Betrachtung nicht halten.« (S. 54)

14 Vgl. ebenda, S. 69 ff. u. 128 ff.

15 Vgl. Michael Hardt: Jetzt ist die Zeit, Großes zu tun. In: neues deutschland, 6./7. Mai 2017, S. 18/19.

 

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2022-05: Vor 90 Jahren: Antifaschistische Aktion! (I)

2021-08: Einheitsfrontpolitik gegen Großkapital und Reaktion 1921/22

2021-04: 1921: Kommunisten für Aktionseinheit – gegen bürgerlichen Staatsterrorismus (II)