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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Vor 60 Jahren: III. Weltfestspiele in Berlin 1951

Nach Notizen von R. Richter

 

Bis 1945 – das lag erst 6 Jahre zurück – hatten große Teile der europäischen Jugend an den Fronten oder in der Illegalität im opferreichen Kampf gegen die deutschen Faschisten gestanden. Das war 1951 nicht vergessen. Die Jugendorganisationen, die 1945 den Weltbund der demokratischen Jugend (WBDJ) gründeten, repräsentierten vor allem die Schichten der Jugend, die aus dem Widerstand kamen. Nun kamen ihre Vertreter, wie das Abzeichen des WBDJ auswies, im Zeichen weltweiter Solidarität, von Antifaschismus und Antirassismus nach Deutschland, nach Berlin.

Aber seit 1945 hatte sich die politische Lage in der Welt stark verändert. Die Anti-Hitler-Koalition war zerbrochen, der Kalte Krieg in seine akute Phase eingetreten: 1948/49 Spaltung Deutschlands und Berlins, Gründung der NATO, beginnende Wiederaufrüstung Westdeutschlands und Japans. Seit 1949 Befreiungskampf gegen Briten und Holländer um eine einheitliche Republik Indonesien, seit 1946 antikolonialer Krieg in Vietnam gegen Frankreich, 1949 Ende des chinesischen Bürgerkrieges und Gründung der Volksrepublik, seit 1950 Koreakrieg.

Seit 1949 verfügte die UdSSR wie die USA seit 1945 über die A-Bombe, es folgten Tests der H-Bomben. Die Gefahr eines atomaren Krieges zeichnete sich ab. 1950 forderte der Weltfriedensrat, dessen Präsident der französische Kernphysiker Joliot-Curie war, die Ächtung der Atomwaffen. Vor allem die Jugendorganisationen sammelten weltweit Unterschriften unter den Stockholmer Appell. Symbol der Friedens- und Anti-Atom-Bewegung waren Picassos Entwürfe der Friedenstaube. Die Taube, ein Element des Festival-Emblems (Abb.), symbolisiert, wie die Weltfestspiele Bestandteil des Ringens um Frieden waren.

Das zweiwöchige Festival vom 5. bis 19. August 1951 war als kultureller Höhepunkt und als Massensportereignis konzipiert. In den Kultureinrichtungen (Ost-)Berlins – soweit bereits benutzbar – fanden Kunstausstellungen, Konzerte, Theateraufführungen statt. Vor allem stellten sich auf zahlreichen Freilichtbühnen in allen Stadtteilen Chöre, Instrumental- und Tanzensembles aus der DDR vor. Vor allem die vielfältigen Programme der großen Ensembles aus der UdSSR, China, Polen, der Tschechoslowakei und Indonesien boten Einblick in ihre, den vielen jungen deutschen Teilnehmern oft noch unbekannten Nationalkulturen. Prominente Kulturschaffende kamen nach Berlin und beteiligten an den dortigen Veranstaltungen: Dichter und Schriftsteller wie Jorge Amado (Brasilien), Pablo Neruda (Chile), Nazim Hikmet (Türkei) und die sowjetische Primaballerina Plissezkaja.

Die Ausrichtung des Festes in der schwer zerstörten Stadt erforderte eine ungeheure organisatorische und Aufbauleistung des kleinen Landes. Im Jahr 1950 entstanden Sportstätten wie das spätere Stadion der Weltjugend, Sporthallen, das Schwimmstadion in Pankow, die Pionierrepublik in der Wuhlheide. Neben zahlreichen Gemeinschafts- wurden 100.000 Privatquartiere benötigt. 26.000 junge Gäste aus 104 Ländern waren in Berlin zu Gast, dazu kamen trotz Reisebehinderungen 35.000 Gäste aus der Bundesrepublik und etwa eine Million Teilnehmer aus der DDR, die in zwei "Schichten" von je einer Woche kostenlos befördert, und beköstigt wurden.

Im Zentrum der offiziellen Geschichtspropaganda steht im August 2011 der 50. Jahrestag des "Mauerbaues" vom 13. August 1961, wobei aus Sicht der politischen Elite der BRD erneut der Vorwurf zu erheben sein wird, die DDR-Führung habe Freizügigkeit unterbunden. Zehn Jahre vor diesem Ereignis, während der III. Weltfestspiele, erwies sich Berlin als gastfrei und weltoffen. Doch geriet das friedliche Fest in die Strudel des Kalten Krieges: Betätigungsverbot für FDJ und Festivalkomitee in der BRD, Paßverweigerungen und Durchreiseverbote für Teilnehmer, vor allem in den westlichen Besatzungszonen in Deutschland und in Österreich. Tagelang wurden 2.000 Jugendliche aus westeuropäischen Staaten in Österreich festgehalten. Die führenden NATO-Staaten, die später so laut fehlende Reisefreiheit im Osten beklagten, haben damals Reiseverbote gegen ein ungeliebtes Jugendfestival eingesetzt.

 

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