Über die internationalistische Hilfe Kubas und für Kuba
Jörg Rückmann, Berlin
Eine gemeinsame Delegation von Cuba Sí und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag weilte vom 30. April bis zum 12. Mai in Kuba.
»Ein Gläschen Rum mit Karl« – so war es im Programm der gemeinsamen Delegation von Cuba Sí und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag für den 5. Mai angekündigt. Und so versammelten wir uns am Erinnerungsstein für Karl Marx im Zentrum von Havanna und stießen auf den 200. Geburtstag des großen Philosophen und Ökonomen an.
Schon seit dem 30. April absolvierte unsere Delegation ein umfassendes Besuchsprogramm in Kuba. Mit dabei waren die Abgeordneten des Bundestages Sylvia Gabelmann, Eva-Maria Schreiber und Achim Kessler sowie die Vertreter*innen Silke Albert, Steffen Niese und Jörg Rückmann der AG Cuba Sí. Ein paar Tage später kamen auch der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Bundestag Dietmar Bartsch sowie die Abgeordnete Źaklin Nastić nach Kuba und schlossen sich unserer Delegation an.
Ein erster Höhepunkt für uns war die Teilnahme an den Feierlichkeiten zum 1. Mai in Havanna. Wie in jedem Jahr strömten Hunderttausende Kubanerinnen und Kubaner in den frühen Morgenstunden zur Demonstration auf den Platz der Revolution. Die Botschaft dieses Tages war eindeutig: »Einheit, Verpflichtung und Sieg!« (Unidad, compromiso y victoria!). Und immer wieder konnte man auf den Transparenten lesen: »Kuba gehört uns!«, »Unsere Stärke ist die Einigkeit!« und »Nie war es bedeutsamer, auf dem Weg der Einigkeit aller Kubaner voranzuschreiten!«. Zwei weitere große Themen dieses Tages: die Solidarität mit Nicaragua und mit dem ehemaligen Präsidenten Brasiliens Lula da Silva. Rund 1.400 internationale Gäste aus 32 Ländern waren auf dem Platz der Revolution dabei. Am Folgetag folgten die ausländischen Gäste, so auch unsere Delegation, der Einladung zu einem großen Solidaritätstreffen im Palacio de las Convenciones, das der kubanische Gewerkschaftsverband organisiert hatte.
Unser Besuchsprogramm kennt kein Ausruhen. Wir besuchten eine Familienarztpraxis, eine Poliklinik, das Kubanische Tropeninstitut »Pedro Kourí« – hochinteressant für die mitgereisten Abgeordneten der LINKEN, die zum ersten Mal in Kuba sind und im Bundestag zum Thema Gesundheit arbeiten. Natürlich statteten wir auch dem Krankenhaus »Ramón González Coro«, das von unserer Solidaritätsorganisation unterstützt wird, einen Besuch ab. Die Ärzt*innen und Krankenschwestern dieser Spezialklinik für Frühgeburten und Problemschwangerschaften übermitteln auf diesem Wege den Spender*innen in Deutschland ihre herzlichen Grüße und ein riesiges Dankeschön für die Hilfe von Cuba Sí.
Am 4. Mai weilte unsere Delegation in Santiago de Cuba im Osten der Insel. Am Grab von Fidel Castro legten wir Blumen nieder und besuchten das Museum in der ehemaligen Moncada-Kaserne. Am Nachmittag empfingen uns Mitglieder des Parlamentes der Provinz Santiago zu einem Gespräch, zu dem die kubanischen Gastgeber auch Thomas Neisinger, den deutschen Botschafter in Kuba, eingeladen hatten. Dies war eine unerwartete, aber gute Gelegenheit, dem diplomatischen Vertreter der Bundesrepublik in Kuba über unsere Solidaritätsarbeit zu berichten.
Bei Gesprächen im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kubas, im Außenministerium, und im Forschungszentrum für Internationale Politik konnten wir viel über die Sichtweise Kubas auf die Entwicklungen in Lateinamerika, besonders in Venezuela und Brasilien, und über die aktuelle Politik der US-Regierung gegenüber dem sozialistischen Land erfahren; wir haben intensiv diskutiert über die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf Kuba und auf den gesamten Kontinent. Die kubanischen Genossen interessierte in Gesprächen vor allem die gegenwärtige Rechtsentwicklung in Europa, des weiteren die Möglichkeiten und Formen der Auseinandersetzung mit diesen gefährlichen Tendenzen in der deutschen und europäischen Politik sowie die Arbeit der Linksfraktion im Bundestag.
Sehr herzlich empfangen wurden wir im Kubanischen Institut für Völkerfreundschaft (ICAP) von Fernando González Llort, Präsident des ICAP und Mitkämpfer der Cuba Five. Er informierte die Abgeordneten über die Aufgaben des ICAP und betonte die Wichtigkeit der politischen Solidarität mit Kuba in der gegenwärtigen Situation. Gern hat unsere Delegation auch Fernados Einladung zu einem gemeinsamen Mittagessen angenommen.
Der Verantwortliche im ICAP für die Bundesrepublik Deutschland, Yodier Cabrera, ist gleichzeitig auch Sekretär des kommunistischen Jugendverbandes (UJC) im ICAP. Er hatte einen Tag nach dem Treffen mit Fernando noch einmal in die Räume des ICAP eingeladen zu einem Gespräch mit Thais Martín, der Verantwortlichen für internationale Beziehungen im UJC.
Am 8. Mai legte unsere Delegation am Denkmal für die Matrosen kubanischer Handelsschiffe, die im Zweiten Weltkrieg bei Angriffen deutscher U-Boote umgekommen sind, Blumen nieder. Im Che-Guevara-Studienzentrum gab es eine herzliche Begegnung mit Aleida Guevara, der Tochter des Che. Sie war am 23. Juni zu Gast beim Fest der Linken in Berlin. Bei der Vereinigung der Ökonomen Kubas (ANEC) erhielten wir einen Einblick in den aktuellen Entwicklungsstand der kubanischen Wirtschaft sowie in die Diskussionen im Lande zu Plänen, Erfolgen und Schwierigkeiten der ökonomischen Entwicklung. Im biopharmazeutischen Forschungszentrum CIGB erfuhren wir viel über die Entwicklung kubanischer Medikamente z.B. gegen Diabetes und Krebserkrankungen, über die Schwierigkeiten bei der Vermarktung dieser medizinischen Eigenentwicklungen in der sogenannten ersten Welt und beim Schutz der kubanischen Patente. Wir sprachen in der Zentralstelle für medizinische Kooperation (UCCM) mit mehreren Vertretern der Ärztebrigade »Henry Reeve«, die uns über die Geschichte der internationalistischen Hilfe Kubas im Medizinbereich informierten und über persönliche Erlebnisse bei den Auslandseinsätzen berichteten.
Bei fast allen Gesprächen, die wir auf dieser Reise geführt haben, spielten die Themen US-Blockade und ihre extraterritoriale Anwendung sowie die Nennung ganz konkreter Beispiele, wie dieser Wirtschaftskrieg Kuba schadet, eine große Rolle. Dies waren für die mitgereisten Bundestagsabgeordneten starke Eindrücke, denn viele dieser konkreten Informationen kann man in den Mainstream-Medien in Europa kaum finden.
Die Abgeordneten haben während ihres Aufenthaltes natürlich auch die Arbeit von Cuba Sí – aus kubanischer Sicht – kennengelernt und auch immer wieder – zum Beispiel beim Besuch unseres Landwirtschaftsprojektes in der Provinz Mayabeque – die große Dankbarkeit der kubanischen Partner für die geleistete Solidarität gespürt.
Ein großes Dankeschön sagen wir dem ICAP und dort im besonderen dem Compañero Yodier Cabrera, der dieses interessante Programm für unsere Delegation organisiert und auch alle speziellen Wünsche der Bundestagsabgeordneten erfüllt hat.
Unter www.cuba-si.org findet man diesen Reisebericht in zwei Teilen.
Mehr von Jörg Rückmann in den »Mitteilungen«:
2017-09: Unterschätzt das Volk nicht!
2014-11: Internacionalismo cubano
2014-09: Eine neue Kuba-Politik?