Sie opferten ihr Leben - Kommunisten im antifaschistischen Kampf
Eberhard Butter, Berlin
Vor 70 Jahren holte der deutsche Faschismus nach dem Scheitern des Blitzkrieges und der Niederlage vor Moskau zu einem zweiten bedeutenden strategischen Schlag gegen die Sowjetunion aus. Ihr Süden mit wichtigen Industriezentren und Rohstoffgebieten und Stalingrad wurden die Hauptziele des "Sommerfeldzuges" mit beträchtlichen Anfangserfolgen. Die Invasion in Nordafrika als ursprüngliche Hilfe für die bedrängten italienischen Truppen galt als Nebenkriegsschauplatz, zersplitterte jedoch das faschistische Aggressionspotenzial.
Die Siegesstimmung großer Teile der deutschen Bevölkerung wich zunehmender Ernüchterung, insbesondere im 2. Halbjahr 1942 in Anbetracht der gewaltigen Menschenverluste der faschistischen Armeen und der standhaften sowjetischen Verteidigung des Kaukasus und des Stalingrader Raumes. Immer besorgter wurden die Stimmungsberichte des faschistischen Geheimdienstes (SD).
Auch wuchs der Widerstand der unterdrückten europäischen Völker und in Deutschland selbst gegen die faschistische Herrschaft. Zunehmend beteiligten sich daran auch Kreise aus dem Bürgertum, dem Adel, dem Militär und der Geistlichkeit.
Bedeutsame Ereignisse dieses Kampfes in Deutschland 1942 waren die Aktionen der Roten Kapelle, der Weißen Rose in München und die Anschläge der Gruppe jüdischer Widerstandskämpfer um Herbert Baum auf die antisowjetische Hetzausstellung "Das Sowjetparadies" im Berliner Lustgarten.
An diesen Formen des Widerstandes hatten auch Mitglieder der KPD und ihrer Jugendorganisation KJVD Anteil.
Ein gewisser Kulminationspunkt des Kampfes und auch der Opferzahlen war das Jahr 1942. Die sich abzeichnende Wende des Krieges gegen Ende des Jahres durch die Niederlagen in Stalingrad und Nordafrika (El Alamein) veranlasste das Regime, den Terror nach innen zu forcieren. Die Zahl der Verhaftungen, Verurteilungen und danach äußerst kurzfristig vollstreckten Hinrichtungen, besonders auch von Mitgliedern der KPD, stieg stark an.
Seit 1933 aber hatten die Funktionäre und Mitglieder der KPD, KPO und des KJVD bereits die meisten aller deutschen Opfer des antifaschistischen Kampfes erbracht. Das sollte sich bis 1945 nicht ändern. Sie wurden anfangs teilweise noch auf offener Straße erschlagen, in den Lokalen der SA und bei den Gestapo-Vernehmungen zu Tode gefoltert, wurden Opfer der Justiz und des umfassenden KZ-Systems.
Ganze Widerstandsgruppen sind durch gekaufte Verräter oder eingeschleuste Spitzel zerschlagen worden. Viele emigrierte deutsche und Kommunisten anderer Nationen wurden Opfer der Repressionsmaßnahmen sowjetischer Organe ab 1936.
In Deutschland sind von den 1932 registrierten 300.000 KPD-Mitgliedern bis 1945 150.000 mehr oder weniger längere Zeit inhaftiert gewesen. Die Zahl der Ermordeten und Hingerichteten wird auf 20.000 geschätzt. Allein zwischen 1933 und 1934 sind 60.000 Kommunisten verhaftet und 2.000 ermordet worden.
Den kommunistischen Opfern der Nazis – doch bei weitem nicht nur den kommunistischen – wurden in der DDR alle Ehren zuteil. Das wurde und wird der DDR als Einseitigkeit vorgeworfen. Wer redet über die Einseitigkeiten heute? In dieser BRD kann man zu dem Eindruck gelangen, einen kommunistischen Widerstand gegen Hitler habe es nicht oder kaum gegeben. Kommunistinnen und Kommunisten werden totgeschwiegen. Gerade deshalb wollen wir ihres antifaschistischen Kampfes heute und in kommenden Mitteilungen gedenken.
Quellen u.a.: Heinz Bergschicker, Deutsche Chronik 1933-1945, Verlag der Nation Berlin 1981 S. 350 ff., 368, 372. www.ddr-biografien.de (Kommunistischer Widerstand 1933-1945).
Genosse Etkar André (KPD) geboren am 17. Januar 1894 in Aachen, hingerichtet am 4. November 1936 in Hamburg.
Etkar entstammte einer Handwerkerfamilie. Wegen des frühen Todes des Vaters übersiedelte die Familie nach Lüttich. Zunächst wurde Etkar Lehrling in einer Buchhandlung und knüpfte erste Kontakte mit politischer Literatur. Mitglied der Sozialistischen Partei Belgiens wurde er 1911, später Sekretär der Sozialistischen Arbeiterjugend in Brüssel. Er war Kriegsfreiwilliger im I. Weltkrieg. Danach schloss er sich in Koblenz der Sozialistischen Arbeiterjugend und der SPD an. Ab 1923 wurde er Mitglied der KPD und Freund und Kampfgefährte Ernst Thälmanns. Von 1926 bis 1930 war er Mitglied der Bezirksleitung Wasserkante und von 1927 bis 1933 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft. Gleichzeitig war er Führer des "Roten Frontkämpferbunds Hamburg-Wasserkante". Etkar gewann große Popularität bei den Hamburger Arbeitern. Nach dem Besuch der Reichsparteischule der KPD war er Instrukteur und Propagandist in der "Internationale der Seeleute und Hafenarbeiter" von 1931 bis 1932.
Ein Mordanschlag auf ihn im März 1931 schlug fehl, traf aber seinen Parteifreund Henning, der getötet wurde.
Die Faschisten verhafteten Etkar André im März 1933 und folterten ihn während seiner dreieinhalbjährigen Untersuchungshaft so schwer, dass er das Gehör verlor und sich nur mit Krücken fortbewegen konnte. Trotz fehlender Beweise für behaupteten Hochverrat und Mord an einem SA-Führer und trotz weltweiter Proteste wurde er ermordet.
Mehr von Eberhard Butter in den »Mitteilungen«:
2011-06: Unser Thälmann
2010-09: Harald Neubert: Die internationale Einheit der Kommunisten