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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Kapitaloffensive, Sozialabbau und Faschisierung während der Weltwirtschaftskrise in Deutschland 1929 bis 1932/33

Dr. Reiner Zilkenat, Hoppegarten

 

Der 24. Oktober 1929 veränderte alles. Mit dem »Schwarzen Freitag« an der New Yorker Börse, bei dem es sich in Wahrheit um einen Donnerstag handelte, nahm die Weltwirtschaftskrise ihren Anfang. [1] Bei ihr handelt es sich um die bisher wohl ernsteste Krisis in der Geschichte des Kapitalismus. [2] Viele Zeitgenossen, darunter nicht wenige Wissenschaftler und Politiker unterschiedlicher Provenienz, sahen den Kapitalismus in einer Existenzkrise, aus der kein Ausweg erkennbar schien. »Das Ende des Kapitalismus« lautete leitmotivisch der Titel eines 1931 veröffentlichten und weit verbreiteten Buches des konservativen Publizisten Ferdinand Fried. [3]  

Ursachen und Charakter der Krise

Nur fünf Tage nach dem »Schwarzen Freitag«, am 29. Oktober 1929, kam es an der Wall Street zu weiteren panischen Aktienverkäufen, so dass binnen weniger Tage die Kursgewinne eines ganzen Jahres verloren waren. [4] Millionen Menschen, die ihre Rücklagen der Börse anvertraut und auf kontinuierlich steigende Kurse gesetzt hatten, waren über Nacht aller Ersparnisse beraubt.

Letztlich lag die tiefere Ursache der sich in den folgenden Monaten beschleunigenden Krisis jedoch in dem Ungleichgewicht zwischen der Menge produzierter Güter und einer zu geringen Nachfrage, sowohl die Investitions- als auch die Konsumgüter betreffend. Diese Erscheinung, eine ausgeprägte Überproduktionskrise, war in allen hoch entwickelten kapitalistischen Ländern zu beobachten.

Es kam hinzu, dass in den USA in den Jahren vor dem »Schwarzen Freitag« von den Banken immer mehr und immer höhere Kredite ausgereicht worden waren, auch an private Haushalte, die damit u. a. den Kauf von Aktien finanzierten. Jetzt war eine wachsende Zahl von Kreditnehmern nicht mehr in der Lage, die Zinsen zu zahlen, ganz zu schweigen von der Tilgung der Schuld. Da viele dieser Darlehen auch zum Erwerb von Immobilien genutzt worden waren, die zugleich als Sicherheit für die Kreditgewährenden Banken dienten, kam es zu zahlreichen Zwangsvollstreckungen und zu einer immer sichtbarer werdenden Obdachlosigkeit. Eine nicht geringe Zahl von Banken, deren Kredite notleidend wurden, musste Konkurs anmelden. Diejenigen Banken, die davon verschont blieben, reichten neue Kredite, auch an noch solvente Kunden, sehr zögerlich aus.

Die Weltwirtschaftskrise in Deutschland

Es dauerte freilich einige Zeit, bis die Schockwellen aus den USA die deutsche Volkswirtschaft erreichten. Es wäre jedoch verfehlt, die Ursachen der sich in Deutschland rasant ausbreitenden Krisis allein in den USA zu verorten. Vielmehr deuteten bereits seit Monaten einige wichtige Indikatoren darauf hin, dass sich die Konjunktur in Deutschland in Richtung einer Rezession bewegte. Die »Goldenen zwanziger Jahre« näherten sich unübersehbar ihrem Ende. Worum handelte es sich dabei?

Beginnen wir mit der Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erwerbslosen, die Leistungen aus der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung erhielten, war von 890.000 (Jahresdurchschnitt 1928) auf 1,275 Millionen (1929) gestiegen. [5] Dabei ist zu beachten, dass ein Drittel der Arbeitslosen bereits 1929 keine Arbeitslosenunterstützung mehr erhielt, sondern auf die Krisenfürsorge- bzw. die Wohlfahrtsunterstützung angewiesen war. Parallel wuchs die Kurzarbeit. Im Verlauf des Jahres 1929 arbeiteten zwischen 6,2 und 8,5 Prozent der Mitglieder der Freien Gewerkschaften (Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund – ADGB) verkürzt und erhielten deshalb keinen vollen Lohn. [6] Zugleich stiegen die Beiträge der Arbeitenden zur Arbeitslosenversicherung von monatlich durchschnittlich 4,31 Mark (1928) auf 4,72 Mark (1929), um schließlich 6,21 Mark (1930) bzw. 9,55 Mark (1931) zu erreichen. [7]

Eine wichtige Ursache für die steigende Erwerbslosigkeit bestand neben der fortschreitenden Rationalisierung, die menschliche Arbeitskraft durch Maschinen ersetzte und das Arbeitstempo forcierte, in rückläufigen Auftragseingängen. So sanken z. B. im strategisch wichtigen Maschinenbau die Aufträge kontinuierlich seit dem 2. Quartal 1928. [8] Die Rohstahlerzeugung reduzierte sich von ca. 1,45 Millionen Tonnen (Januar 1929), über ca. 1,2 Millionen Tonnen (August 1929) auf etwas mehr als 1,1 Millionen Tonnen (Dezember 1929). [9] Diese Zahlen dokumentieren, dass bereits vor dem »Schwarzen Freitag« an der New Yorker Börse die Konjunktur in Deutschland nicht zu unterschätzende Krisensymptome aufwies. Einen die Krise verzögernden Faktor stellte für die deutsche Volkswirtschaft der Export dar. Dabei gewann die Sowjetunion als Wirtschaftspartner eine wichtige Rolle. Das renommierte Institut für Konjunkturforschung schrieb hierzu noch im Jahre 1931: »Durch die beschleunigte Durchführung des großangelegten Wirtschaftsprogramms der Sowjetregierung gewinnt Russland sowohl als Kunde für Produktionsgüter als auch als Lieferant für Rohstoffe ständig an weltwirtschaftlicher Bedeutung.« [10] Nicht zuletzt für die stark exportorientierten Unternehmen der deutschen Metall- und Elektroindustrie, u. a. Siemens und die AEG, besaßen die so genannten Russenaufträge eine wichtige Funktion, während andere Absatzmärkte eine immer geringere Rolle spielten.

Die Lage der Erwerbslosen

Von 1930 bis 1932 glitt die Konjunktur in Deutschland in eine Depression bisher nicht gekannten Ausmaßes ab. Die Arbeitslosigkeit erreichte dramatische Größenordnungen: 4,38 Millionen im Dezember 1930, 5,69 Millionen im Dezember 1931 und schließlich ca. 6 Millionen an der Jahreswende 1932/33. [11] Besonders alarmierend war die Struktur der Arbeitslosen. Während im März 1931 noch 48,8 Prozent von ihnen die gesetzliche Arbeitslosenunterstützung erhielten, waren es ein halbes Jahr später nur noch 30,9 Prozent. Damals endete nach maximal 39 Wochen der Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung. Danach erhielten die Erwerbslosen die weiter oben angeführte »Krisenfürsorge«, sofern die Bedürftigkeitsprüfung, die das Einkommen und Vermögen aller im Haushalt lebenden Personen betraf, erfolgreich überstanden werden konnte. Maximal 45 Wochen lang wurde dann für die ehemals in unteren Lohngruppen tätig gewesenen Arbeiter und Angestellten ihre Arbeitslosenunterstützung weitergezahlt. Die Facharbeiter und solche Angestellte, die in oberen Lohngruppen eingeordnet worden waren, mussten Abschläge hinnehmen. Am Ende stand den Erwerbslosen die Auszahlung der Wohlfahrtsunterstützung bevor, die von den Gemeinden finanziert wurde. Diese Leistungen orientierten sich am ortsüblichen Durchschnittslohn für ungelernte Arbeiter. Es bestand auch die Möglichkeit, Sachleistungen an Stelle von Geldbeträgen auszureichen. Allein vom März bis zum September 1931 stieg die Zahl der Wohlfahrtsunterstützten von 19,8 auf 27,7 Prozent aller gemeldeten Arbeitslosen! In Berlin sank der monatliche Richtsatz für ein von der kommunalen Wohlfahrt abhängiges Ehepaar von 64,50 Mark (1930), über 63 Mark (1931) auf schließlich 55,50 Mark (1932). Im Jahresdurchschnitt waren in der deutschen Hauptstadt 1929 32.000, 1930 101.000 und 1931 185.000 Menschen von der Wohlfahrtsunterstützung abhängig. [12] Sie lebten am Rande bzw. unterhalb des Existenzminimums.

Für die Millionenmassen der Erwerbslosen hatte die Verbandszeitschrift der Vereinigung der Arbeitgeberverbände nur Hohn und Spott übrig. Dort konnte man lesen: »Zwar leidet der ordentliche Arbeiter auch heute darunter, wenn er seinen Arbeitsplatz verliert, es gibt aber nur zu viele, die mit größtem Gleichmut die Kündigung hinnehmen. Was haben sie auch auszustehen, wenn sie außer ihrer öffentlichen Unterstützung noch den Gewerkschaftsbeitrag und weitere Vergünstigungen durch die Fürsorge erhalten?« [13]

Sozial- und Demokratieabbau auf der Tagesordnung

Mit der Krise sahen die Herrschenden endlich den Zeitpunkt gekommen, um ihre lange verfolgten Ziele zu realisieren. Es begann eine gegen die Arbeiterklasse gerichtete Kapitaloffensive bisher nicht gekannten Ausmaßes. Von nun an standen in Deutschland die in der Weimarer Republik erkämpften sozialpolitischen Errungenschaften zur Disposition. Worum es zukünftig ging, war nicht ihr weiterer Ausbau oder auch nur die Beibehaltung des erreichten Niveaus sozialer Sicherungssysteme, sondern ihr sukzessiver, immer mehr an Geschwindigkeit und Radikalität gewinnender Abbau.

Bereits im August 1929 hatte der mächtige Reichsverband der Deutschen Industrie (RDI), den der kommunistische Reichstagsabgeordnete Theodor Neubauer als »das Gremium der wirklichen Beherrscher Deutschlands« [14] bezeichnete, eine Denkschrift in Auftrag gegeben, die unter dem Titel »Aufstieg oder Niedergang?« am 2. Dezember 1929 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. [15] Der vom RDI bereits vor dem Beginn der Weltwirtschaftskrise propagierte Sozialabbau [16] gewann jetzt dank der sich rasant in Richtung einer Depression entwickelnden Konjunktur bessere Realisierungschancen als jemals zuvor. Die Parole des RDI, an dessen Spitze der Aufsichtsratsvorsitzende der IG Farbenindustrie AG, Carl Duisberg, stand, lautete: »Erleichterung der Kapitalbildung« für Unternehmen, unter anderem mit Hilfe von Steuererleichterungen, längeren Arbeitszeiten und niedrigeren Löhnen sowie einem massiven Abbau sozialer Leistungen für die Arbeitenden. Hinzu kamen Forderungen nach einer »Verwaltungsreform«, einem »sparsamen Staat« und einem »Bürokratieabbau«, Bei näherem Hinsehen handelte es sich hier um die drastische Einschränkung öffentlicher Dienstleistungen sowie um die Beschneidung parlamentarischer Rechte und kommunaler Kompetenzen. Es dauerte nicht lange und es artikulierten sich unüberhörbar Forderungen nach einer generellen »Verfassungsreform«.

In der Beilage der Ortsverwaltung Berlin für die »Metallarbeiter-Zeitung«, dem Verbandsorgan des »Deutschen Metallarbeiter-Verbandes« (DMV), hieß es hierzu am 12. April 1930: Das Programm des RDI sei »das nackte und brutale Programm des Profits, des Angriffs auf das Proletariat zum Zwecke der Steigerung des Profits«. [17] Ob die dort formulierten Vorschläge im Rahmen einer bürgerlich-parlamentarischen Demokratie verwirklicht werden konnten, war mehr als zweifelhaft. Die Perspektiven schienen vielmehr auf die Errichtung eines autoritären Regimes ausgerichtet zu sein, in dem Gewerkschaften bestenfalls ein Schattendasein führen konnten.

Um eine derartige Programmatik zu rechtfertigen, wurde mit teilweise menschenverachtenden Aussagen nicht erst seit dem Oktober 1929 auf breiter Front Stimmung gegen Arbeitslose und Empfänger gesetzlicher Sozialleistungen in der bürgerlichen Presse, in öffentlichen Verlautbarungen und in den Verbandsorganen der Arbeitgeber gemacht. Drei Beispiele seien hier genannt.

Bereits am 5. Mai 1929 verbreitete der Generaldirektor der Wintershall AG und Aufsichtsratsvorsitzende des Deutschen Kali-Syndikats, August Rosterg, in der »Deutschen Bergwerks-Zeitung« seine menschenverachtende Auffassung, dass es sich bei der Hälfte aller Kranken um »Simulanten« handele! [18] Und in der »Deutschen Arbeitgeber-Zeitung«, dem »Zentralblatt für die deutschen Arbeitgeber«, konnte man am 6. Juli 1930 unter der Überschrift »Was ist sozial?« folgende Zynismen aus der Feder eines Prof. Dr. E. Günther lesen: »Die Hilfe für den Schwachen ist an sich überhaupt nicht sozial, sie wird es erst, wenn und insoweit die Stützung und Stärkung des Schwachen im Gesamtinteresse liegt und erfolgt. (…) Der Fortschritt der Gesellschaft wird nicht nur dadurch gefördert, dass den Nachzüglern geholfen wird, sondern vielleicht manchmal noch mehr dadurch, dass Führer herangezogen werden. Unter Umständen kann es sogar im Interesse des Ganzen liegen, dass die Nachzügler absichtlich geopfert werden, um die schrittmachenden Führer halten zu können.« [19] Das dritte Beispiel stellt die eben zitierten Aussagen noch weit in den Schatten. Der in Erlangen lehrende Philosoph Professor Ernst Horneffer publizierte 1930 in zweiter Auflage seine in der konservativen Presse und in den Organen der industriellen Interessenverbände enthusiastisch rezensierte Schrift »Frevel am Volk. Gedanken zur deutschen Sozialpolitik«. Wir zitieren hieraus die folgende Passage:

»Nämlich die Armut und deren Folge, der Hunger, diese unheimlichen Gespenster, sind die unentbehrlichen Triebkräfte des Menschenlebens. Wenn die Menschen nicht mehr von der Angst vor Armut und Hunger getrieben werden, wenn diese Peitsche der Not und des Zwanges nicht mehr hinter ihrem Rücken droht, dann tun sie nichts mehr, dann erschlaffen sie, dann erlahmt und erlischt ihre Arbeitskraft.« [20] Es versteht sich fast von selbst, dass Horneffer seine Thesen in der »Deutsche Arbeitgeber-Zeitung«, in konservativen Gazetten, in den »Veröffentlichungen des RDI« sowie in zahlreichen Vorträgen, vornehmlich vor Unternehmern, präsentieren durfte. [21] Dass derartige, vor Inhumanität strotzende Auffassungen, problemlos anschlussfähig für faschistisches Gedankengut waren, bedarf keiner Erläuterung. [22]

Im Verlauf der Weltwirtschaftskrise wuchs die Anzahl derartiger Wortmeldungen.

Wie wurden diese Vorschläge von der Politik umgesetzt?

Am 30. März 1930 wurde als Nachfolger des Sozialdemokraten Hermann Müller der Abgeordnete des katholischen Zentrums Heinrich Brüning vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Brüning, der bis zum 30. Mai 1932 amtierte, konnte sich zu keiner Zeit auf eine parlamentarische Mehrheit stützen. Deshalb regierte er, anstatt mit Gesetzen, in wachsendem Maße mit Hilfe von Notverordnungen des Reichspräsidenten, gemäß Artikel 48 der Reichsverfassung. Die »Metallarbeiter-Zeitung« schrieb hellsichtig am 30. August 1930: »Der Augenblick erscheint dem Kapital günstig, um alle Positionen, die die Arbeiter sich im Laufe der Nachkriegszeit erobert haben, ihnen mit Ungestüm zu entreißen.« [23] Und es kristallisierte sich sehr schnell heraus, dass der Zentrumspolitiker dabei gewissermaßen als Prokurist für die den Ton angebenden Kräfte des deutschen Kapitals handelte. Das Kabinett Brüning, so schrieb das Organ des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) Berlin, »Aufwärts«, sei »ein ausgesprochenes Unternehmerkabinett: Hinter den Ministern dieses Kabinetts stehen die großen Verbände der Industrie, des Handels und der Landwirtschaft.« [24] Besonders interessant ist im Übrigen das in Brünings Memoiren offenbarte politische Ziel, die bürgerlich-parlamentarische Demokratie abzuschaffen und stattdessen eine Monarchie mit autoritärem Charakter und einem Prinzen aus dem Hause Hohenzollern an der Spitze wiedereinzuführen. [25] 

Brünings Notverordnungs-Regime

Mit einer Kaskade von Notverordnungen »zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen« wurden während der Amtszeit Brünings die seit 1919 erzielten sozialpolitischen Erfolge Stück um Stück rückgängig gemacht. Worum ging es dabei?

Verfügt wurden tiefe Einschnitte in die Tarifhoheit, so dass staatlich verordnete Lohnkürzungen realisiert wurden. Beamte, die eigentlich unkündbar waren, konnten entlassen werden, ihre Gehälter und Pensionen wurden drastisch gekürzt. Die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung wurden für immer kürzere Zeiträume gezahlt, so dass schließlich viele Erwerbslose auf die kargen Leistungen der »Wohlfahrtsfürsorge« der Städte und Gemeinden angewiesen waren. Und weiter: Neue Steuern wurden erhoben, wie zum Beispiel die »Ledigensteuer«, die kommunale »Bürgersteuer« und die »Krisensteuer«, während bestehende Massenverbrauchssteuern, genannt sei die Tabaksteuer, erhöht wurden. Zugleich wurden die Wartezeiten für Leistungen aus der Renten- und Invalidenversicherung dramatisch erhöht. [26]

Auch im Ergebnis der Brüningschen Politik stieg die Zahl der Arbeitslosen vom Oktober 1929 bis zum Januar 1933 von insgesamt 1,6 Millionen auf etwa 6 Millionen. Arbeitslosengeld erhielten immer weniger von ihnen. Anfang 1933 waren es weniger als eine Million. Die Folge war, dass allmählich Unterernährung, Hunger, Zwangsräumungen von Mietwohnungen, Konkurse, Pfändungen durch die Gerichtsvollzieher, nicht zuletzt bei Kleinbauern, selbständigen Handwerkern und Kleingewerbetreibenden, allgemeine Perspektivlosigkeit, ja eine um sich greifende Verelendung Bestandteile des alltäglichen Lebens wurden.

Brüning praktizierte kompromisslos, mit Billigung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie und maßgeblicher Repräsentanten der Monopolbourgeoisie, aber auch unterstützt von fast allen Wirtschaftswissenschaftlern, einen rigiden »Sparkurs«. Massive staatliche Investitionen in die Infrastruktur und groß angelegte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wurden nur in Ansätzen und viel zu spät realisiert. Ein Freiwilliger Arbeitsdienst schuf keine Abhilfe; ebenso wenig die obligatorischen Arbeitsleistungen, die in immer mehr Gemeinden abgeleistet werden mussten, um die von den Kommunen gewährte Wohlfahrtsunterstützung zu erhalten. Sie schufen keine neue Kaufkraft. [27]

Und was taten die Gewerkschaften und die Arbeiterparteien? Organisierten sie eine effektive Gegenwehr?

SPD und Gewerkschaften »tolerieren« Brüning

In der Zeit der Weltwirtschaftskrise verloren die Gewerkschaften Mitglieder in einem bislang nicht gekannten Umfang. Hatten die im Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund organisierten Gewerkschaften 1929 knapp 5,3 Millionen Mitglieder, so waren es 1932 noch 3,9 Millionen. [28] Die Verbände des ADGB und ihre Betriebsräte hatten angesichts der frontal gegen die Interessen der Arbeiter und Angestellten gerichteten Notverordnungen Brünings, wegen der grassierenden Massenarbeitslosigkeit und der Furcht der Arbeitenden, selbst in absehbarer Zeit zum wachsenden Heer der Erwerbslosen zu zählen, an Einfluss verloren. In den noch produzierenden Firmen konnte die »Herr-im-Hause-Politik« der Unternehmer wieder uneingeschränkt zur Geltung gebracht werden. Ganz in diesem Sinne hatte der Vorsitzende des Verbandes Sächsischer Industrieller, Wilhelm Wittke, am 23. März 1930 in der »Deutschen Arbeitgeber-Zeitung« die Betriebsräte als »Unruhestifter« bezeichnet, die »auf Grund parteipolitischer und marxistisch-wirtschaftsfeindlicher Einstellung nicht allein den Inhaber, sondern auch der Belegschaft und deren Familienangehörigen größte Schäden verursachen«. Dass man sie wegen gesetzlicher Bestimmungen nicht entlassen dürfe, »grenzt an bolschewistische Rechtszustände«. [29]

Dass die ADGB-Gewerkschaften während der Weltwirtschaftskrise zu wenig Gegenwehr organisierten, dass sie, bis auf wenige Ausnahmen, keinerlei Streiks initiierten bzw. entschlossen zu Ende führten, bleibt der entscheidende Kritikpunkt an ihrer Politik in den Jahren der Weltwirtschaftskrise. Auch andere außerparlamentarische Aktionen, wie z. B. Massenkundgebungen und -demonstrationen, befanden sich nicht in ihrem Arsenal.

Linke Kräfte im ADGB und in der SPD können sich nicht durchsetzen

Diejenigen in den Gewerkschaftsführungen und in der SPD, die für die Organisation von Arbeitskämpfen und anderen außerparlamentarischen Aktionen eintraten, blieben in der Minderheit. Stattdessen bestand die Politik des SPD-Parteivorstandes darin, im Reichstag die Notverordnungen und damit die Regierung Brüning zu »tolerieren«. [30] Durch Verhandlungen mit der Regierung wollte man erreichen, dass die Notverordnungen bzw. die entsprechenden Ausführungsbestimmungen abgemildert würden. Brüning selbst hatte bei seinem Amtsantritt die feste Absicht, »nicht das Wohlwollen der gemäßigten Kreise der SPD zu verlieren«. [31] Dies sollte auch nicht geschehen. Insofern spielte die SPD-Fraktion im Reichstag fortan die Rolle eines heimlichen Koalitionspartners. Das Kabinett des Zentrumspolitikers wurde – in völliger Verkennung seines wahren Charakters als Katalysator im Prozess der Faschisierung – von der SPD-Führung als »eine Barrikade gegen den Faschismus« interpretiert, so die Aussage in einem Leitartikel der sozialdemokratischen Parteizeitung »Vorwärts«. [32]

Die gegen diese Politik opponierenden Genossen fanden kein ausreichendes Gehör. Einige ihrer Stellungnahmen seien im Folgenden zitiert. So hieß es z. B. in einem Artikel der Reichstagsabgeordneten Toni Sender in der Betriebsräte-Zeitschrift des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes (DMV): »Nur wenn der Kampf im Parlament unterstützt wird durch die entschiedene und geschlossene Abwehr der gesamten Arbeiterschaft draußen, wird es gelingen, das Attentat der sozialen Reaktion abzuschlagen.« [33] Und der sächsische Delegierte Max Seydewitz rief am 2. Juni 1931 auf dem Leipziger Parteitag der SPD seinen Genossen zu: »Viele unserer Freunde von der Parteimehrheit sagen, wir können heute nicht kämpfen, weil die Arbeiterbewegung nicht kampffähig sei. Ich stelle … eine Gegenfrage: Warum ist die Arbeiterklasse nicht kampffähig? (Zurufe.) Ich freue mich, dass ihr mir zuruft: sie ist kampffähig. Wenn das der Fall ist, … dann macht Schluss mit der Tolerierungspolitik.« [34]

SPD gegen KPD, KPD gegen SPD

Ein sehr schwerwiegendes Hindernis für den Kampf gegen Brüning und die am Horizont drohende Gefahr einer Machtübernahme der Hitlerfaschisten bildete der erbitterte Kampf, den die beiden Arbeiterparteien gegeneinander führten. Die SPD und mit ihr der ADGB waren in den Beiwagen des Kabinetts Brüning eingestiegen. Kaum denkbar, dass eine Partei, die im Reichstag ständig diese Regierung zu tolerieren pflegte, gegen sie gerichtete außerparlamentarische Kämpfe führen würde. Die »Deutschen Führerbriefe«, eine streng vertrauliche Korrespondenz für einen kleinen Kreis von Industriellen, Bankiers und Politikern, die der Vizepräsident des Reichsverbandes der Deutschen Industrie Paul Silverberg finanzierte, formulierte bereits am Jahresende 1930 die zeitlich begrenzte Akzeptanz der »Tolerierungspolitik«, um in nicht allzu ferner Zeit die Hitlerfaschisten anstelle der SPD als Partner zu gewinnen: Die Sozialdemokratie sei »aus der gegenwärtigen inoffiziellen Arbeitsgemeinschaft zu entlassen … Wir könnten uns denken, dass es dann Zeit ist das Verhältnis Hitler-Brüning … zu revidieren. Am Horizont erschiene dann eine Rechtsregierung, die das Zentrum vielleicht nicht mehr im Kabinett, aber à la suite hat.« [35]

Die KPD organisierte in der Zeit der Weltwirtschaftskrise eigenständige oppositionelle Verbände (»Rote Gewerkschafts-Opposition« – RGO) in Konkurrenz zu den Freien Gewerkschaften, stellte bei Betriebsrätewahlen eigenständige Listen auf und versuchte mehrfach, ohne dabei die Unterstützung der reformistischen Gewerkschaftsführungen zu erhalten, Streiks durchzuführen. Es gelang jedoch nicht, die RGO zu einer ernsthaften Konkurrenzorganisation der ADGB-Gewerkschaften aufzubauen. Einige von der KPD und der RGO initiierte Streiks (z. B. der Berliner Metallarbeiterstreik im Oktober 1930, und der Berliner Verkehrsarbeiterstreik im November 1932) konnten durchaus das Prädikat »Massenstreik« für sich beanspruchen. Doch die Parole von der »Aktionseinheit von unten« hielt viele sozialdemokratische Arbeiter davon ab, gegen ihre Partei und Gewerkschaft gemeinsam mit den kommunistischen Kollegen in den Streik zu treten.

Besonders erschwerend für die Durchsetzung jeglicher Aktionseinheit war die Praxis der KPD, die Sozialdemokratie als »sozialfaschistisch« zu denunzieren, wobei die Linken innerhalb der Sozialdemokratie besonders bösartig diffamiert wurden. Der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann formulierte hierzu im Mai 1931: »Unsere Aufgabe ist es …, besonders die linken SPD-Führer als die gefährlichsten Feinde innerhalb der SPD zu entlarven und zu kennzeichnen.« [36]

Das Zerwürfnis zwischen den beiden Arbeiterparteien hatte nach dem 1. Mai 1929 (»Blutmai«) einen neuen Höhepunkt erreicht und erfasste innerhalb der KPD auch viele einfache Mitglieder, als in Berlin der sozialdemokratische Polizeipräsident Karl Zörgiebel die Verantwortung für 32 Tote, darunter sieben Frauen, mehr als 200 Verletzte und mehr als 1.000 verhaftete Personen trug. [37] Sie waren dem Aufruf der Kommunisten gefolgt, am traditionellen Kampftag der Arbeiterklasse – ungeachtet des Verbotes von Zörgiebel – auf der Straße für ihre politischen Ziele zu demonstrieren. Im Wedding und in Neukölln kam es sogar zu Barrikadenkämpfen. Von nun an wurde bei vielen Kommunisten aus Erbitterung Hass. [38] Die Folgen dieses Ereignisses für die Beziehungen zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten in der Zeit der Weltwirtschaftskrise waren schwerwiegend. Die von Anfang an falsche These vom »Sozialfaschismus« hatte angesichts des gegen unbewaffnete Demonstranten und Unbeteiligte ausgeübten Terrors durch die von einem sozialdemokratischen Polizeipräsidenten kommandierte Polizei scheinbar eine Legitimation erhalten.

Faschisierung und Machtübergabe an die NSDAP

Der 14. September 1930 bildete eine Zäsur in der Geschichte der Weimarer Republik. An diesem Tage fanden die Wahlen zum Reichstag statt. Ihr Ergebnis erschütterte nicht nur Deutschland.

Völlig unerwartet war die Nationalsozialistische Arbeiterpartei (NSDAP), die bei den vorangegangenen Reichstagswahlen am 20. Mai 1928 lediglich 2,8 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte, zur zweitstärksten Partei nach der SPD avanciert. Mehr als 6,4 Millionen Wählerinnen und Wähler – das entsprach 18,3 Prozent der abgegebenen Stimmen – sprachen der faschistischen Partei ihr Vertrauen aus und hatten damit das politische Kräfteverhältnis in einer bisher nicht gekannten Weise verändert. Jetzt wurden in konservativen Gazetten und in den Verbandsorganen der Industrie die Stimmen immer lauter, die eine Regierungsbeteiligung der Nazis in Erwägung zogen oder sogar einforderten. In Thüringen (bereits seit Januar 1930) und im Freistaat Braunschweig (Oktober 1931) sollte dies auf der Länderebene auch Realität werden. Als die NSDAP bei den Reichstagswahlen am 31. Juli (37,3 Prozent) bzw. am 6. November 1932 (33,1 Prozent) die wählerstärkste Partei wurde, war für Adolf Hitler der Weg in die Reichskanzlei vorprogrammiert. Heinrich Brüning hatte seine Funktion als ein wichtiger Wegbereiter für die Faschisten erfüllt. Seine nur wenige Monate amtierenden Nachfolger Franz von Papen und Kurt von Schleicher waren lediglich ein Zwischenspiel.

Hitlerfaschisten bekommen die Macht übertragen

Am Ende profitierten die Nazis von der anhaltenden wirtschaftlichen Depression und von der beispiellosen sozialen und politischen Krise. Letztlich war es aber eine kleine Clique von überaus einflussreichen Repräsentanten der Monopolbourgeoisie, die als den geeigneten Ausweg aus der Krise die Machtübertragung an die NSDAP und ihren »Führer« ansahen. [39] Bereits seit Jahren hatten sie in immer stärkerem Maße die Nazipartei politisch, materiell und durch die von ihnen kontrollierten Massenmedien unterstützt. Am 19. November 1932 formulierten sie in den Räumen der Zentrale der Commerzbank in Berlin die »Industrielleneingabe« an Reichspräsident von Hindenburg mit der Bitte, er möge Adolf Hitler zum Reichskanzler ernennen.

Nicht zuletzt durch das Unvermögen der politischen Führungen der SPD, des ADGB und der KPD, in letzter Stunde die Streitigkeiten und gegenseitigen Schuldzuweisungen angesichts der entstandenen Situation ruhen zu lassen und endlich gegen die Nazis gemeinsam und entschlossen vorzugehen, trafen die Nazis am 30. Januar 1933 auf zu wenig Widerstand. Die SPD mit der Erklärung ihres Exil-Parteivorstandes vom Januar 1934 (»Prager Manifest«) und die KPD mit ihrer Brüsseler Konferenz (Oktober 1935) zogen Lehren aus den schwerwiegenden Versäumnissen der Jahre 1929 bis 1933. Viele Tausende ihrer Genossinnen und Genossen waren allerdings zu dieser Zeit bereits ermordet, ins Exil getrieben bzw. in die Zuchthäuser und Konzentrationslager der Faschisten eingesperrt worden.

Am 30. Januar 1933 war das Schicksal der Weimarer Republik endgültig besiegelt. Die Lehren indes, die aus den ökonomischen, sozialen und politischen Folgen der Weltwirtschaftskrise gezogen werden sollten, bleiben ein Politikum und ein Menetekel für alle nachfolgenden Generationen – bis zum heutigen Tag.

    

Anmerkungen:

[1]  Siehe zu den Ursachen und zum Verlauf der Krise u. a. Charles P. Kindleberger: Die Weltwirtschaftskrise, München 1973, S. 111 ff., bes. 121 ff.; Manfred Nussbaum: Wirtschaft und Staat in Deutschland während der Weimarer Republik, Berlin-DDR 1978, S. 257 ff.; Fritz Blaich: Der Schwarze Freitag. Inflation und Wirtschaftskrise, München 1985, S. 58 ff.; Hans Mommsen: Aufstieg und Untergang der Weimarer Republik 1918-1933, 2. Aufl., München 2001, S. 431 ff.; Adam Tooze: Sintflut. Die Neuordnung der Welt 1916-1931, München 2017, S.607 ff.

[2]  Zur zeitgenössischen Interpretation der Krise und zu ihrer Überwindung aus kommunistischer und sozialdemokratischer Sicht siehe z. B. Eugen Varga: Krisenausdehnung und Preisverfall, in: Die Kommunistische Internationale, 11.Jg., Nr.4, 29.1.1930, S. 201 ff. u. Philipp Dengel: Die Krise des deutschen Kapitalismus, in: ebenda, 12. Jg., 1931, Nr. 8, S. 336 ff. sowie das Referat von Fritz Tarnow: Kapitalistische Wirtschaftsanarchie und Arbeiterklasse, in: Sozialdemokratischer Parteitag in Leipzig 1931 vom 31. Mai bis 5. Juni im Volkshaus. Protokoll, Berlin 1931, S. 32 ff., 52 ff. (Aussprache zum Referat) u. 81 ff. (Schlusswort Tarnow).

[3]  Ferdinand Fried: Das Ende des Kapitalismus, Leipzig 1931.

[4]  Siehe Heinrich August Winkler: Der Schein der Normalität. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1924 bis 1930, Berlin u. Bonn 1985, S. 727.

[5]  Siehe Werner Abelshauser: Die Weimarer Republik – ein Wohlfahrtsstaat? in: derselbe, Hrsg.: Die Weimarer Republik als Wohlfahrtsstaat. Zum Verhältnis von Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Industriegesellschaft, Stuttgart 1987, S. 20, Tab. 3.

[6]  Siehe Frank Niess: Geschichte der Arbeitslosigkeit. Ökonomische Ursachen und politische Kämpfe: ein Kapitel deutscher Sozialgeschichte, 2., ergänzte Aufl., Köln 1982, S. 251, Tab. 2.

[7]  Siehe Werner Abelshauser: Die Weimarer Republik – ein Wohlfahrtsstaat? S. 20, Tab. 3.

[8]  Siehe Harold James: Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924-1936, Stuttgart 1988, S. 281, Tab. XXXIII.

[9]  Bundesarchiv Berlin, R13 I/46, Bl. 58: Schaubild zur Rohstahlerzeugung in Deutschland, Januar 1929 - März 1931, erarbeitet von der Stahlwerks-Verband AG.

[10]  Vierteljahreshefte für Konjunkturforschung, 5. Jg., Heft 4, Berlin 1931, S. 13.

[11]  Die folgenden Zahlenangaben nach: Heinrich August Winkler: Der Weg in die Katastrophe. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1930 bis 1933, Berlin u. Bonn 1987, S. 19 ff. u. S. 67, Tab. 5.; Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, hrsg. vom Statistischen Reichsamt, 51. Jg., 1932, Berlin 1932, S. 290 ff.; Fritz Blaich: Der Schwarze Freitag, S. 165f.

[12]  Siehe Bruno Asch: Berliner Gemeindefinanzen, in: Der deutsche Volkswirt. Zeitschrift für Politik und Wirtschaft, 6. Jg., Nr. 33, 13.5.1932, S. 1081 ff. Der Autor war Stadtkämmerer in Berlin.

[13]  Dr. H. Preußler: Lastensenkung trotz Arbeitslosenunterstützung, in: Der Arbeitgeber, 20. Jg., 1930, Nr. 18, S. 515.

[14]  Verhandlungen des Deutschen Reichstages, 4. Wahlperiode, 1928/1930, 115. Sitzung, 13. Dezember 1929, S. 3544B (Band 426 der Gesamtreihe).

[15]  Siehe Aufstieg oder Niedergang? Deutsche Wirtschafts- und Finanzreform 1929. Eine Denkschrift des Präsidiums des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Berlin 1929 (Veröffentlichungen des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Nr. 49).

[16]  Siehe Reiner Zilkenat: »Der Feind steht links!« – Das Jahr 1929: Kapitaloffensive gegen Demokratie und Arbeiterbewegung, in: Rundbrief der AG Antifaschismus beim Parteivorstand der Partei DIE LINKE, H. 3-4/2009, S. 26 ff.

[17]  Zwei Programme, in: Metallarbeiter-Zeitung, Wochenend-Beilage für die Mitglieder der Verwaltungsstelle Berlin, 6. Jg., 1930, Nr. 15, 12.4.1930, S. 1.

[18]  August Rosterg: Drehpunkte der deutschen Wirtschaftspolitik, in: Deutsche Bergwerks-Zeitung, Nr. 105, 5.5.1929.

[19]  Prof. Dr. E. Günther: Was ist sozial? Nicht Mitleid mit dem kranken Glied, sondern Sorge für die Gesundheit des Ganzen ist Aufgabe der Sozialpolitik, in: Deutsche Arbeitgeber-Zeitung. Zentralblatt für die deutschen Arbeitgeber, Nr. 27, 6.7.1930.

[20]  Ernst Horneffer: Frevel am Volk. Gedanken zur deutschen Sozialpolitik, 2. Aufl., Leipzig 1930, S. 43.

[21]  Siehe derselbe: Die Vergeistigung der wirtschaftlichen Arbeit, in: Veröffentlichungen des RDI, Nr. 42, Oktober 1928, S. 5 ff. Exemplar in: BArch, R 10 V/273.

[22]  Siehe die Berichte der Preußischen Politischen Polizei über den Inhalt dreier Vorträge Horneffers in Essen im November und Dezember 1929, in: BArch, R 1501/125702, Bl. 251 ff. Siehe auch Landesarchiv Berlin, Rep. 142/1, Acc. ST. B, Nr. 3404, unpaginiert, Vortrag Horneffers vor dem Bezirksverband Groß-Berlin des Preußischen Richterbundes am 3. Januar 1930 zum Thema »Selbstverwaltung als Grundlage des Neubaus der deutschen Reichsverfassung«, wo er u. a. die »moralische Verweichlichung« und die »Notwendigkeit des Führertums auch in der demokratischen Verfassung« hervorhob und den absonderlichen Vorschlag unterbreitete, den Reichspräsidenten künftig »Herzog« zu nennen.

[23]  Der Verbandstag des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes, in: Metallarbeiter-Zeitung, Nr. 35, 30.8.1930, S. 1.

[24]  Geduldetes Kabinett, in: Aufwärts, 1. Jg., 1930, Nr. 15, 10.4.1930, S. 1.

[25]  Siehe Heinrich Brüning: Memoiren 1918-1934, München 1972 (Taschenbuch-Ausgabe), Bd. 2, S. 479: »Ich erklärte ihm (dem Reichspräsidenten von Hindenburg – R.Z.), ich sei stets Monarchist gewesen und geblieben, und glaube nun allmählich die politische Konstellation vorangetrieben zu haben, dass die Wiederherstellung der Monarchie in den Bereich des Möglichen rücke.«

[26]  Zum genauen Inhalt der Notverordnungen und ihren sozialen Folgen siehe Cuno Horkenbach, Hrsg.: Das Deutsche Reich von 1918 bis heute, Jahrgang 1931, Berlin o. J. (1932), u. a. S.194 ff., 323 ff., 376 ff.; Franz Spliedt: Sozialpolitische Chronik, in: Die Arbeit, 8. Jg., Nr. 3, März 1931, S. 221 ff.; derselbe: Sozialpolitische Chronik, in: ebenda, Nr. 11, November 1931, S. 869 ff.; derselbe: Sozialpolitik, in: ebenda, 9. Jg., Nr. 5, Mai 1932, S. 310 ff.

[27]  Zu dieser überaus wichtigen Thematik, die hier nur stichwortartig angedeutet werden kann, siehe Manfred Nussbaum: Monopole und Staat in Deutschland während der Weimarer Republik, Berlin-DDR 1978, S. 283 ff. u. Ursula Büttner: Weimar. Die überforderte Republik 1918-1933, Bonn 2010, S. 401 ff., 423 ff. u. 428 ff.

[28]  Frank Niess: Geschichte der Arbeitslosigkeit. Ökonomische Ursachen und politische Kämpfe: ein Kapitel deutscher Sozialgeschichte, 2., ergänzte Aufl., Köln 1982, S. 252 (Tabelle 3) sowie Frank Deppe u. Wittich Roßmann: Wirtschaftskrise, Faschismus, Gewerkschaften. Dokumente zur Gewerkschaftspolitik 1929-1933, Köln 1981, S. 41 (Tabelle 12).

[29]  Die Wurzel des Übels: die öffentliche Ausgabenwirtschaft. Ansprache des Herrn Direktor Wittke, Niedersedlitz (auf der Hauptversammlung der Sächsischen Textilindustrie in Chemnitz), in: Deutsche Arbeitgeber-Zeitung, Nr. 12, 23.3.1930.

[30]  Die überzeugendste Analyse der sozialdemokratischen »Tolerierungspolitik« ist nach wie vor Eberhard Heupel: Reformismus und Krise. Zur Theorie und Praxis von SPD, ADGB und AfA-Bund in der Weltwirtschaftskrise 1929-1932/33, Frankfurt a. M. u. New York 1981.

[31]  Heinrich Brüning: Memoiren 1918-1934, München 1972 (Taschenbuch-Ausgabe), Bd. 1, S. 172.

[32]  Vorwärts, Nr. 106 , 4.3.1931.

[33]  Toni Sender: Das Gesetz über die Verschlechterung der Arbeitslosenversicherung, in: Betriebsräte-Zeitschrift für Funktionäre der Metallindustrie, 11. Jg., Nr. 14, 12.7.1930, S. 422.

[34]  Sozialdemokratischer Parteitag in Leipzig 1931 vom 31. Mai bis 5. Juni im Volkshaus. Protokoll, Berlin 1931, S.137 f.

[35]  Brüning, appelliere an das Volk! in: Deutsche Führerbriefe. Politisch-wirtschaftliche Privatkorrespondenz, 3. Jg., 1930, Nr. 99, 19.12.1930, S. 3 f. Paul Silverberg war Aufsichtratsvorsitzender des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikates und Aufsichtsratmitglied verschiedener Großunternehmen, darunter der Vereinigten Stahlwerke AG und der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke AG (RWE).

[36]  Ernst Thälmann: Bericht auf dem 11. Plenum des EKKI, in: Die Kommunistische Internationale, Heft 17/18, 7. Mai 1931, S. 808. Bereits auf dem Essener Parteitag der KPD im März 1927 hatte Thälmann in seinem Referat »Die politische Lage und die Aufgabe der Partei« erklärt: »Die ›linken‹ Führer sind in der Grundlinie vollkommen einverstanden mit dem Parteivorstand und seiner Politik. (…) Die linken Sozialdemokraten versuchen, eine Barriere aufzuríchten, über die die sozialdemokratischen Arbeiter nicht zur Kommunistischen Partei stoßen sollen, und deshalb ist diese Politik um so gefährlicher, weil die Arbeiter diesen Betrug nicht klar sehen, weil der Verrat sich hinter der Scheinopposition der linken Sozialdemokratern versteckt.« Insgesamt sei ein »unerbittlicher Kampf gegen die Sozialdemokratie« nötig. Bericht über die Verhandlungen des XI. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands, Essen vom 2. bis zum 7. März 1927, Berlin 1927, S. 58 f. Zur Entstehung und Bedeutung der »Sozialfaschismus-These« siehe Josef Schleifstein: Die »Sozialfaschismus«-These. Zu ihrem geschichtlichen Hintergrund, Frankfurt a. M. 1980.

[37]  Auf Seiten der Polizei zählte man 13 Verletzte.

[38]  Siehe Léon Schirmann: Blutmai Berlin 1929. Dichtung und Wahrheit, Berlin 1991.

[39]  Siehe hierzu Reiner Zilkenat: Das deutsche Großkapital, der Keppler-Kreis und die NSDAP: Zur Vorgeschichte des 30. Januar 1933, in: GeschichtsKorrespondenz, Januar 2013, S. 3 ff. u. ebenda, April 2013, S. 31 ff., mit weiterführenden Literatur- und Quellenhinweisen. Dieser zweiteilige Beitrag ist auch im Internet abrufbar: Bei www.google.de als Suchbegriff »GeschichtsKorrespondenz Marxistischer Arbeitskreis« eingeben. Dann die Hefte Januar bzw. April 2013 anklicken und ggf. herunterladen.

 

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