Kampf für Menschenrechte
Prof. Dr. Hermann Klenner, Berlin
Universale Menschenrechtsdeklaration ist konstruktiver Antifaschismus
Als "gemeinsames Ideal" aller Völker haben die Vereinten Nationen den Inhalt jener 30 Artikel charakterisiert, die sie am 10. Dezember 1948 als "Universal Declaration of Human Rights” verkündeten. Und wirklich: es handelt sich um Ziele, die zu erreichen der Weltbevölkerung aufs Innigste zu wünschen ist.
Dieser – historisch gesehen – allererste Versuch, die grundlegenden Rechte aber auch aller Menschen zwischenstaatlich zu vereinbaren, verdankt seine Entstehung dem Sieg der Anti-Hitler-Koalition über die nach innen wie nach außen exekutierte Gewaltherrschaft des deutschen Faschismus. Da die Menschenrechtsdeklaration von 1948 darauf zielt, daß künftig niemand mehr auf unserer Welt Opfer von Massenmorden und Massendeportationen, von Konzentrationslagern und Folterkellern, von Gesinnungsterror und Rassenwahn, von Kriegen und von Annexionen wird, ist sie als juristischer Ausdruck eines konstruktiven Antifaschismus zu begreifen.
Schließlich war und ist Faschismus nichts anderes als eine verbrecherische Negation des Selbstbestimmungsrechts der Völker und der Menschen.
Seit nunmehr 60 Jahren bekennen sich die Vereinten Nationen also dazu, daß schlechthin alle Menschen – ob Frau oder Mann, ob schwarz oder weiß, ob arm oder reich, ob Moslem, Jude, Heide oder Christ – frei und gleich an Würde und an Rechten geboren und auch als solche zu behandeln seien. Dabei wird die Gleichrangigkeit der politischen, der ökonomischen und der kulturellen Rechte der Menschen zum Prinzip erhoben. Bereits diese UN-Menschenrechtsdeklaration anerkennt nämlich als gleichwertig: das Recht jedes Menschen auf Leben, Freiheit und Sicherheit ebenso wie das Recht auf Arbeit und auf existenzsichernden gleichen Lohn für gleiche Arbeit; die Gewissens-, Gedanken-, Meinungs- und Religionsfreiheit ebenso wie das Recht auf Bildung; das Foltertabu, die Unschuldsvermutung und das Rückwirkungsverbot im Strafrecht ebenso wie das Recht auf Teilnahme an der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten in Staat und Gesellschaft, auf Teilhabe an der Kultur- und Wissenschaftsentwicklung; das Recht auf Freizügigkeit und auf Auswanderung ebenso wie das Recht auf Wohnung und auf ärztliche Betreuung; das Recht auf Eigentum ebenso wie das Recht auf soziale Sicherheit.
Daß der durch Gesetze und Gerichte vor Willkür zu schützende Anspruch eines und einer jeden auf eine nationale und internationale Ordnung, in der alle Menschen ihre grundlegenden Rechte verwirklichen können, bisher nur ein Ideal geblieben ist (als das es bei seiner Verkündung ja auch bezeichnet worden war), hat dazu beigetragen, die ganze UN-Menschenrechtsdeklaration gering zu schätzen oder sie sogar für eine Art Betrug zu halten. Zu Unrecht. Gehört sie doch nicht einmal zum verbindlich geltenden Völkerrecht. Sie enthält nämlich nur Absichtserklärungen der Staaten, also Rechtsforderungen, nicht Rechtsnormen. Seit wann aber sind vernünftige Forderungen, die Gesellschafts- und Rechtsverhältnisse zu ändern, nur deshalb Illusion, weil sie noch nicht realisiert wurden? Außerdem hat die Universale Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen von 1948 nicht nur dazu beigetragen, den Weg zu völkerrechtlich verbindlichen Partialkonventionen zu ebnen (etwa über die Verhütung und Bestrafung von Völkermord, für die Rechte der Frauen, der Kinder und der Flüchtlinge, sowie gegen Rassismus, Folter, Frauenhandel, Zwangsarbeit und Sklaverei), sondern schließlich auch dazu geführt, daß 1966/1976 ein für seine Mitglieder völkerrechtlich verbindlicher Doppelvertrag über politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte entstanden ist, den zu verwirklichen sich die übergroße Mehrheit der Staaten wenigstens verpflichtet hat.
Es gilt, die strukturellen Gewalten in der Weltgesellschaft von heute, deren Macht-Ohnmacht-Struktur samt ihrem Reichtum-Armut-Gegensatz aufzudecken, deren Existenz für die Verwirklichung wie für die Verletzung von Menschenrechten ursächlich ist. Ein weites, für Antifaschisten aller Länder notwendiges Aktionsfeld.
Aus: antifa, September/Oktober 2008, S. 3
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