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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Internacionalismo cubano

Jörg Rückmann, AG Cuba Sí

 

»Es ist ein Prinzip der kubanischen Revolution, das Wenige, das man hat, mit anderen zu teilen und denen zu helfen, die noch ärmer sind. Wir schicken Menschen in viele Länder der Welt, um Leben zu retten, während die reichen Länder des Nordens ihre Politik mit immer mehr Soldaten, mit Gewalt und Krieg durchsetzen wollen.«
(Lourdes Castellanos Arencibia, Vizedirektorin für internationale Beziehungen an der Lateinamerikanischen Hochschule für Medizin - ELAM)

Diese Sätze aus einem Gespräch mit Lourdes Castellanos fallen mir ein, wenn ich dieser Tage Zeitung lese. Das sozialistische Kuba war das erste Land, das Ende August dem Aufruf der WHO folgte und Unterstützung im Kampf gegen die Ebola-Epidemie anbot. 461 kubanische Mediziner werden in Westafrika eingesetzt. Die Länder der Bolivarischen Allianz für die Völker unseres Amerika (ALBA) haben am 20. Oktober in Havanna außerdem ein gemeinsames Handlungskonzept für den Kampf gegen Ebola vereinbart. In dieses Konzept sollen über die CELAC (Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten) alle Staaten der Region einbezogen werden.

Kuba erfährt derzeit für seine solidarische Hilfe große Anerkennung in den internationalen Medien. Zwischen den Zeilen aber liest man immer wieder Verwunderung darüber heraus, wie ein kleines und nicht gerade reiches Land solch eine Hilfe leisten kann.

Kubas Internationalismus im Bereich Medizin hat eine lange Tradition. Im Revolutionsjahr 1959 verfügte Kuba gerade einmal über 3.000 Ärzte; viele hatten das Land in Richtung USA verlassen. Trotzdem schickte Kuba schon 1960 die erste Ärzte-Delegation nach Chile, das von schweren Erdbeben erschüttert worden war. Kuba leistete diese Hilfe, obwohl die politischen Beziehungen zwischen beiden Ländern angespannt waren. Ab 1963 arbeitete eine große Delegation kubanischer Ärzte in Algerien, um dem Land nach dem Erringen der Unabhängigkeit von Frankreich zu helfen, ein nationales Gesundheitssystems aufzubauen.

Unterstützt durch die sozialistischen Staaten entwickelte Kuba in den 70er Jahren ein umfangreiches Programm der medizinischen Zusammenarbeit mit vielen Staaten Afrikas. Über 76.000 kubanische Mediziner waren seit 1959 in 39 Ländern dieses Kontinents im Einsatz - weltweit waren es mehr als 325.000. Gegenwärtig befinden sich rund 65.000 medizinische Fachkräfte aus Kuba in 91 Ländern im Einsatz.

Eine wertvolle Hilfe leistet Kubas bei der Ausbildung von medizinischem Personal in vielen Ecken der Welt. In 15 Ländern üben kubanische Ärzte Lehrämter aus, besonders zahlreich in Venezuela. Kuba hat mehrfach bei der Gründung von medizinischen Schulen geholfen, so z.B. in Jemen 1976, Guyana 1984, Äthiopien 1984, Uganda 1986, Ghana 1991, Gambia 2000, Äqutorialguinea 2000, Haiti 2001, Guinea-Bissau 2004 und Osttimor 2005.

Ein besonderes Kapitel des kubanischen Internationalismus ist die Hilfe nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl 1986. Rund 26.000 Personen - 19.000 davon Kinder unter 14 Jahren - hat Kuba ab 1990 in medizinischen Einrichtungen auf der Insel betreut. Die kleinen Patienten blieben 45 Tage in Kuba und wurden während dieser Zeit in verschiedenen Spezialkliniken behandelt. Welch große Leistung Kuba für diese Kinder erbracht hat, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass mit dem Beginn der 90er Jahre die Hilfe aus den sozialistischen Ländern wegbrach. Kuba stürzte in eine schwere ökonomische Krise. Hinzu kam, dass die USA 1992 und 1996 die Blockade gegen Kuba auf Drittstaaten ausweitete (Torricelli-Gesetz 1992, Helms-Burton-Gesetz 1996).

Diese Blockade existiert in voller Härte bis heute und hat natürlich auch negative Auswirkungen auf das kubanische Gesundheitssystem. Desweiteren läuft unvermindert ein Programm der USA mit dem Namen »Cuban Medical Professional Parole«, mit dem kubanische Ärzte, die in einem Auslandseinsatz arbeiten, zur Emigration in die USA bewogen werden sollen. Das sozialistische Kuba hat trotz der schwierigen Zeit der 90er Jahre, trotz US-Blockade und trotz des »Gemeinsamen Standpunktes« der EU seine medizinische Hilfe für andere Länder weitergeführt - und erweitert.

2005 gründete Kuba die Ärztebrigade »Henry Reeve«, die bei Naturkatastrophen medizinische Hilfe leistet. Diese Brigade war bereits in 12 Auslandsmissionen tätig. Das größte »Henry Reeve«-Kontingent mit ca. 2.250 Beteiligten schickte Kuba 2005 nach einem schweren Erdbeben nach Pakistan.

Wenn nach Naturkatastrophen internationale Hilfsorganisationen im Einsatzgebiet ankommen, treffen sie vor Ort oft auf kubanische Mediziner, die schon seit Jahren dort arbeiten. So konnten ausländische Helfer z.B. nach dem schweren Erdbeben in Haiti 2010 auf die medizinische Infrastruktur zurückgreifen, die im Bereich der kubanischen Arztstationen vorhanden war.

Ein »Wunder« vollbringt Kuba seit nunmehr 10 Jahren auf dem Gebiet der Augenheilkunde (Operación »Milagro«): Kubanische Ärzte haben bei rund drei Millionen Patienten in 34 Ländern Augenoperationen durchgeführt und den Patienten so das Sehvermögen zurückgegeben. Für die Patienten sind diese Operationen kostenfrei.

Meldungen über die internationalistische Hilfe Kubas landen aber leider zu oft in den Papierkörben der Redaktionsstuben. So berichteten Mitte September nur einige linke Medien über die Unterstützung Kubas für die Menschen in Gaza. Sechs Tonnen Medikamente und medizinisches Material stellte Kuba zur Verfügung und bot an, verletzte Palästinenser in Kuba zu behandeln.

Mit den Erfahrungen der internationalen Einsätze entwickelte Kuba 1998 ein neues Konzept: Zusätzlich zu den Auslandsmissionen sollten Ärzte in Kuba ausgebildet werden, die dann mit dem Diplom in der Tasche in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Im Februar 1999 - noch vor der offiziellen Eröffnung - begann die Lateinamerikanische Hochschule für Medizin (ELAM) in Havanna mit der Ausbildung junger Mediziner aus mehreren Ländern des globalen Südens. Studium, Unterkunft, Verpflegung sowie die Unterrichtsmaterialien bezahlt der kubanische Staat. Venezuela ist einige Jahre später dem kubanischen Vorbild gefolgt: Eine Medizinschule nach dem Vorbild der ELAM gibt es heute auch in Caracas.

Ein Beispiel für den Erfolg der ELAM sind z.B. die über 500 haitianischen Ärzte, die an der ELAM in Havanna ausgebildet wurden. Sie helfen heute in ihrem Heimatland mit, ein öffentliches Gesundheitssystem aufzubauen, das maßgeblich durch Venezuela und Brasilien finanziert wird.

Mit seiner solidarischen Hilfe für andere Länder hat Kuba auch Impulse für den lateinamerikanischen Integrationsprozess gegeben. Aus der Hilfe für Venezuela nach schweren Überschwemmungen im Jahr 1999 hat sich eine solidarische Zusammenarbeit beider Länder entwickelt. So wie Venezuela von den Leistungen kubanischer Spezialisten profitiert, hilft Venezuela Kuba mit seinem Erdölreichtum. Diese solidarische Zusammenarbeit zwischen zwei Ländern, der Austausch zum gegenseitigen und gemeinsamen Vorteil ist das Prinzip, nach dem heute die Länder der »Bolivarischen Allianz für die Völker unseres Amerika« (ALBA) ihre Beziehungen gestalten.

 

Mehr von Jörg Rückmann in den »Mitteilungen«: 

2014-09: Eine neue Kuba-Politik? 

2012-01: »Unser Amerika« und DIE LINKE

2011-09: »Das ist wirklich originell«