Günter Gaus zum Gedenken
Ellen Brombacher, Berlin
Am 14. Mai 2004 starb Günter Gaus. 1929 geboren, studierte er Geschichte und Journalistik und arbeitete Zeit seines Lebens als Medienprofi und über viele Jahre als Politiker. Berühmt wurde er mit seiner Interviewreihe "Zur Person". Nach Inkrafttreten des Grundlagenvertrages wurde Gaus zum Ständigen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der DDR ernannt. Ich weiß von nicht wenigen Genossen, die seinerzeit mit ihm zusammenarbeiteten, daß sie ihn als ehrlichen Makler erlebten. Ich lernte Günter Gaus Ende 1992 kennen, als er mich in seine Sendung "Zur Person" holte. "Geh nicht hin", warnte mein Vater, "er wird Dich hereinlegen". Gaus legte mich nicht herein. Er ging mit mir, wie vorher mit Friedrich Wolff, Moritz Mebel, Albert Hetterle und später mit Sahra Wagenknecht und anderen Linken, Kommunistinnen und Kommunisten eingeschlossen, äußerst fair um. Er hatte seine Probleme mit dem gewesenen Sozialismus; aber um eine objektive, gerechte Sicht auf die DDR war er bewußt bemüht. Er war kein Mann des Zeitgeistes. Die herrschenden Verhältnisse bedrückten ihn zunehmend. Und sie machten ihn wütend. Beinahe fassungslos sprach er über Guantanamo. Und in allem, was er politisch tat und schrieb, war er brillant. Den Umgang mit dem untergegangenen Land verglich er treffend mit dem Grüßen der Geßlerhüte. Jeder, so schrieb er, der etwas Positives über die DDR sage, müsse erst einmal erläutern, was ihm an ihr nicht genehm war. Mir schien, er verachtete diesen Opportunismus, wenngleich er Menschen immer wieder Anpassung als Menschenrecht zubilligte. Nur bei den Starken akzeptierte er so etwas eher nicht. Als sich die PDS mitten in der MfS-Debatte befand, auf dem Wege, die Normen der bürgerlichen Gesellschaft in diesem Punkt zu innerparteilichen zu machen, schrieb Gaus für den Freitag, dessen Mitherausgeber er war, einen im Oktober 1992 erschienenen Artikel, den wir in Erinnerung an ihn nachdrucken. Gaus fehlt in den geistigen Auseinandersetzungen unserer Tage.
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