Der antijapanische Widerstandskrieg des chinesischen Volkes und seine Rolle im II. Weltkrieg
Rolf Berthold, Berlin
Der 3. September 2015 nimmt einen bedeutenden Platz in der Geschichte der Volksrepublik China ein. Es ist der 70. Jahrestag des Sieges im Widerstandskrieg des chinesischen Volkes gegen die japanische Aggression. Die große Militärparade am 3. September in Beijing zeugt von der Bedeutung, die diesem Tag zugemessen wird. Am 2. September 1945 unterzeichnete der japanische Vertreter auf dem USA-Schlachtschiff »Missouri« die Kapitulationsurkunde, nachdem der japanische Kaiser am 15. August die Kapitulation erklärt hatte. Der II. Weltkrieg in Asien, der damit sein Ende fand, war verheerend. Es ist wohl nicht angemessen, den Versuch zu unternehmen, einzuschätzen, wo er schlimmer wütete. Allein das chinesische Volk erbrachte 35 Millionen Opfer (eine Zahl, die in der deutschen Geschichtsschreibung über den II. Weltkrieg nicht auftaucht), auch die Opfer in den anderen Ländern Asiens sind nur in Millionen zu zählen. In zahlreichen Publikationen wird der II. Weltkrieg in Asien ausgeblendet; wenn er behandelt wird, wird der Widerstandskrieg des chinesischen Volkes nicht erwähnt. Der antijapanische Widerstandskrieg des chinesischen Volkes war ein wichtiger Bestandteil des antifaschistischen Weltkrieges.
Nach dem Sieg über die japanischen Aggressoren hat sich die politische Landschaft in Asien markant verändert. Auch deshalb ermahnt die VR China Japan deutlich, den Versuch zu unterlassen, die Ergebnisse des II. Weltkrieges in Frage zu stellen. Die Verfassung verbietet es Japan, Streitkräfte zu bilden, die nicht ausschließlich zur nationalen Verteidigung eingesetzt werden sollen. Das gilt bis heute, obwohl bei dem Besuch von Kanzlerin Merkel Anfang dieses Jahres in Japan davon gesprochen wurde, dass japanische Streitkräfte sich doch auch außerhalb Japans »beteiligen« sollten. Am 16. Juli 2015 hat das Unterhaus in Tokio beschlossen, das Verbot von Kampfeinsätzen japanischer Soldaten im Ausland abzuschaffen, eine Zustimmung durch das Oberhaus soll in Kürze erfolgen.
Der chinesisch-japanische Konflikt hat eine lange Geschichte. Der Krieg 1894/95 endete mit einem Sieg Japans. Die japanische Armee hatte die chinesische Flotte vernichtet, sie rückte auf dem chinesischen Festland in Richtung Mandschurei vor. Die chinesische Kapitulation führte zur Inbesitznahme von Taiwan und der Pescadores-Inseln durch Japan.
Der Vertrag von Versailles am Ende des I. Weltkrieges beinhaltete, dass die deutschen Kolonialgebiete und Vorrechte in China (Gebiet Jiaozhou und die Hafenstadt Qingdao, Bahnbauund Bergbaurechte in der Provinz Shandong) an Japan übergeben wurden und nicht an China, das zu den Siegermächten des I. Weltkrieges gehörte. Das führte zu einer breiten Protestbewegung in China.
Die aufgrund der ungleichen Verträge im Nordosten Chinas stationierte Kuantung-Armee Japans begann militärische Aktionen, z.B. 1928 in der Provinz Shandong. Der Beginn der Mandschurei-Krise 1931 wurde zum Ausgangspunkt der größten japanischen Expansionswelle gegen den ostasiatischen Kontinent. Ein japanischer Offizier provozierte am 18. September 1931 den Mukden-Zwischenfall. An der Südmandschurischen Eisenbahn kam es zu einer Explosion, an die sich ein Gefecht zwischen japanischen und chinesischen Truppen anschloss. Daraufhin erteilte der japanische Oberst den Befehl zum Angriff auf die chinesische Garnison von Mukden und zur Eroberung dieser Stadt. Es begann der Angriff der japanischen Truppen in Nordost-China. Innerhalb von 4 Monaten besetzten sie drei nordchinesische Provinzen.
Im Januar 1932 begannen die japanischen Seestreitkräfte offensive militärische Handlungen im Gebiet von Shanghai. Am 1. März 1932 wurde der Marionettenstaat Mandschuguo unter dem letzten chinesischen Kaiser Pu Yi gegründet. Die faktische japanische Kolonie hatte zunächst ein Territorium von 1,3 Millionen km² mit 32 Millionen Bewohnern.
KP Chinas formiert den nationalen Widerstand gegen japanischen Aggressor Während die offizielle Regierung Chinas unter Leitung von Tschiang Kaischek die japanische Aggression hinnahm, erklärte die Regierung der chinesischen Sowjetrepublik unter Führung von Mao Zedong im April 1932 Japan den Krieg.
Am 25. November 1936 wurde in Berlin der deutsch-japanischer Antikominternpakt unterschrieben. Die japanischen Aggressoren nutzten die Passivität der Guomindang-Herrscher im Widerstand gegen Japan und intensivierten ihre aggressiven Handlungen.
Im japanisch besetzten Nordosten Chinas kämpfte eine große Partisaneneinheit unter Führung der KP Chinas gegen die japanischen Okkupanten. Unter Leitung der illegalen Organisation der KP Chinas führten Beijinger Studenten am 9. Dezember 1935 eine große antijapanische Demonstration durch, die von Polizei und Truppen Tschiang Kaischeks unterdrückt wurde. Aber daraus entwickelte sich eine breite Bewegung mit der Forderung nach einer antijapanischen nationalen Einheitsfront.
Am 1. August 1935 hat die Delegation der KP Chinas bei der Kommunistischen Internationale im Namen der Provisorischen Zentralregierung der Chinesischen Sowjetrepublik und des ZK der KP Chinas den »Aufruf an alle Landsleute zum Widerstand gegen Japan und zur Rettung des Vaterlandes« veröffentlicht.
Das ZK der KP Chinas hat auf verschiedenen Kanälen der Guomindang die Auffassung wissen lassen, den Bürgerkrieg einzustellen und gemeinsam gegen Japan zu kämpfen. Am 1. September 1936 gab das ZK eine parteiinterne Weisung heraus, nach der die generelle Linie darin besteht, Tschiang Kaischek zu zwingen, Widerstand gegen Japan zu leisten. Am 12. Dezember 1936 nahmen Einheiten unter Leitung von 2 Generalen der Guomindang-Truppen in Xian Tschiang Kaischek fest, er wurde gezwungen, gemeinsam mit den Volksbefreiungsstreitkräften gegen Japan zu kämpfen.
Am 7. Juli 1937 griffen die japanischen Truppen im Südosten von Beiping (Beijing), an der Brücke Luguoqiao (Marco Polo Brücke) die chinesischen Truppen an. Ende Juli erfolgte eine Großoffensive der japanischen Truppen im Raum Beijing. Es begann der gesamtnationale Widerstandskrieg gegen Japan.
Bildung der Nationalen Einheitsfront
Im August 1937 vereinbarten die Guomindang und die KP Chinas, die Hauptkräfte der Roten Armee als 8. Feldarmee in die Nationalrevolutionäre Armee der Guomindang einzugliedern. Anschließend wurde aus den Partisaneneinheiten im Süden die Neue 4. Armee der Nationalrevolutionären Armee gebildet. Diese Truppen wurden schnell an die Front des Widerstandskrieges geführt. Am 29. September 1937 veröffentlichte die Nachrichtenagentur der Guomindang das »Manifest des ZK der KP Chinas über die Bekanntgabe der Zusammenarbeit zwischen der Guomindang und der KP Chinas«. Die Bildung der nationalen Einheitsfront im Widerstandskrieg gegen Japan wurde offiziell vollzogen.
Der von Japan lauthals verkündete Plan, China in drei Monaten zu vernichten, scheiterte. Trotzdem fielen zahlreiche Städte und wichtige Gebiete in die Hand der Aggressoren. Im November 1937 endete die Schlacht um Shanghai, am 13. Dezember 1937 besetzten die japanischen Truppen die chinesische Hauptstadt Nanjing. Sie ermordeten dort innerhalb von 6 Wochen 300.000 Bewohner und entwaffnete Soldaten. Es handelte sich um das größte Kriegsverbrechen der japanischen Truppen während des II. Weltkrieges. Die japanischen Truppen forcierten die Luftangriffe gegen die Bevölkerung und die wirtschaftlichen Zentren. Gleichzeitig verfolgten die Japaner ihr Ziel der Vernichtung Chinas auch mit Versuchen, Teile der Guomindang zur Kapitulation zu veranlassen. Im Dezember 1938 kapitulierte der pro-japanische Flügel der Guomindang unter Führung von Wang Jingwei, Vizevorsitzender der Guomindang, und bildete im März 1940 eine Marionettenzentralregierung.
Die KP Chinas orientierte vor allem auf den Partisanenkrieg hinter den japanischen Linien und die Errichtung von Stützpunkten des Widerstandes gegen Japan. Die 8. Feldarmee und die 4. Armee führten bis Oktober 1938 1.600 Gefechte gegen die japanischen und deren Marionettentruppen. Ab Winter 1938 ging die 8. Feldarmee zu Offensivoperationen gegen die japanschen Truppen über. Mitte 1940 führte die 8. Feldarmee eine große, gegen die Verkehrswege der japanischen Truppen gerichtete Vernichtungsschlacht in Nordchina. Eingesetzt waren 200.000 Soldaten, vernichtet wurden 25.000 japanische und 18.000 Marionettensoldaten. Gleichzeitig entwickelte die Neue 4. Armee den Partisanenkrieg in Zentralchina. Die japanischen Truppen sahen sich mit einem zunehmenden Volkskrieg konfrontiert. Die von der Partei geführten Truppen wuchsen bis Ende 1940 von 50.000 Mann zu Beginn der Kämpfe auf über 500.000 Mann an. Die antijapanischen Stützpunkte erreichten die Zahl von 17 mit fast 100 Millionen Bewohnern. Im Nordwesten wurden die geographischen Besonderheiten genutzt, um Kontakte zu ausländischen Freunden und Auslandschinesen zu entwickeln sowie die Verbindungen zur Kommunistischen Internationale für die Unterstützung des Widerstandskrieges zu nutzen.
USA treten in den II. Weltkrieg ein Am 7. Dezember 1941 griff Japan den US-Marinestützpunkt Pearl Harbor und gleichzeitig Besitzungen Großbritanniens und der USA im Pazifik an. Das war der Beginn des Pazifikkrieges. Der internationale Faschismus wurde zum gemeinsamen Feind der Völker der Welt. Das ZK der KPCh vertrat die Position der Schaffung einer internationalen antifaschistischen Einheitsfront. Im Januar 1942 unterzeichneten China, die USA, Großbritannien, die UdSSR und andere, insgesamt 26 Staaten, das »Manifest der Vereinten Nationen«. Damit wurde offiziell die antifaschistische Einheitsfront gebildet. Der chinesische Kriegsschauplatz wurde im antifaschistischen Weltkrieg zum Hauptkriegsschauplatz im Osten, er trug die Hauptlast des Kampfes gegen die Hauptkräfte der Landstreitkräfte Japans.
Die japanischen Faschisten versuchten, China zum Hinterland für ihren Pazifikkrieg zu machen. Sie raubten die besetzten Gebiete aus, setzten chemische und biologische Waffen ein und schufen menschenleere Gebiete. Die Verluste des chinesischen Volkes waren groß.
Am Vorabend der Vernichtung des faschistischen Deutschland und des herannahenden Sieges im chinesischen Widerstandskrieg fand vom 23. April bis 11. Juni 1945 in Yanan der VII. Parteitag der KPCh statt. Mao Zedong hielt den politischen Bericht. Die vom Parteitag beschlossene Linie besagte: »kühn die Massen mobilisieren, die Kräfte des Volkes stärken, die japanischen Aggressoren besiegen, die Bevölkerung des ganzen Landes befreien, ein neudemokratisches China errichten.«
Unterstützung der Völker der Welt für Chinas Widerstandskrieg
Im 1. Halbjahr 1945 trat der antifaschistische Weltkrieg in die Etappe des endgültigen Sieges ein. Auf dem chinesischen Kriegsschauplatz begannen die von der KP Chinas geführten Truppen die Sommeroffensive, sie zogen den Ring um die von den japanischen Truppen besetzten Orte und Linien immer enger, schrittweise wurde der Übergang vom Partisanen zum Bewegungskrieg vollzogen.
Am 6. und 9. August warfen die USA über Hiroschima und Nagasaki Atombomben ab, am 8. August erklärte die Sowjetunion Japan den Krieg. Am 9. August marschierte die sowjetische Armee in Nordost-China ein und begann einen Großangriff gegen die japanische Kuantung-Armee. Am 9. August 1945 rief Mao Zedong zur »letzten Schlacht gegen die japanischen Eindringlinge« auf. In kurzer Zeit wurden über 150 Städte befreit.
Nach der Kapitulation Japans haben sich 1.218.000 Angehörige der japanischen Armee den chinesischen Truppen ergeben. Der antijapanische Widerstandskrieg Chinas war siegreich beendet. Der antifaschistische Weltkrieg war ebenfalls siegreich beendet. Der Widerstandskrieg gegen Japan erhielt die Unterstützung der Völker der Welt und der Alliierten des antifaschistischen Weltkrieges.
Die von Japan begangenen Kriegsverbrechen bleiben unvergessen. An vorderer Stelle steht das Massaker von Nanjing. In der Mandschurei wurden japanische Forschungsstationen für biologische Waffen eingerichtet. Erreger wie die Pest wurden auf chinesische Dörfer und Städte losgelassen und töteten Tausende. Chemiewaffen wurden eingesetzt. Noch 2015 lagern über 2 Millionen Tonnen chemischer Waffen auf chinesischem Territorium (Anfang 2015 wurde mit deren Beseitigung begonnen).
Auf dem Internationalen Militärtribunal für den Fernen Osten (in Tokio, 1946-1948) wurden zahlreiche Kriegsverbrecher verurteilt. Eine Anzahl hingerichteter japanischer Kriegsverbrecher sind im Yasukuni-Schrein in Tokio bestattet. Ihre Verehrung sowie die Schulbuchaffäre (Verharmlosung japanischer Kriegsverbrechen) sind noch nicht gelöste Probleme in den bilateralen Beziehungen.
China verlangt ein klares Bekenntnis zur Geschichte, eine Entstellung der Geschichte wird als nicht akzeptabel bezeichnet. Der Sieg des chinesischen Volkes gegen die japanischen Aggressoren war gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung für den darauf folgenden Sieg über das Tschiang-Kaischek-Regime und die Gründung der VR China am 1. Oktober 1949.
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