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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Der 14. Juli 1789

Horsta Krum, Berlin

 

Unter diesem Datum und dem Stichwort »Sturm auf die Bastille« ging die Französische Revolution in die Geschichte ein und wird noch heute als Nationalfeiertag an eben diesem Datum mit großem militärischen Aufmarsch begangen.

Damals, im Jahre 1789, hatte Paris etwa 600.000 Einwohner; 700 wurden offiziell als »Sieger über die Bastille« gefeiert; insgesamt waren 10 bis 20.000 Menschen dabei, mehr oder weniger aktiv. Und da gab es nicht nur Pariser, sondern auch die »Vagabunden«. Sie kamen aus der Landbevölkerung und versuchten, in Paris mit kleinen Gelegenheitsarbeiten, Betteln, Stehlen zu überleben - die Menschen, die Marx später das »Lumpenproletariat« nennt. 1789 waren sie so zahlreich wie nie vorher, denn Missernten und der vorige, außergewöhnlich strenge Winter hatte ihnen die Lebensgrundlagen auf dem Lande entzogen.

Die Bastille war eine Festung im Osten von Paris, erbaut im 14. Jahrhundert. Ludwig XIII. (1601-1643) machte sie zum Staatsgefängnis. Das Hauptziel des Sturmes auf die Bastille war nicht in erster Linie die Waffenerbeutung, auch nicht die Gefangenenbefreiung [1]; die Bastille war gefürchtet als Symbol der Willkürherrschaft, die unliebsame Gegner grausam ausschaltete. Der junge Voltaire war dort zweimal inhaftiert gewesen, weil er den Adel beleidigt hatte. [2]

Der erste Sturm auf die Bastille misslang, der Kommandant ließ das Feuer eröffnen, die Menge zog sich zurück; 90 Menschen waren getötet worden. Beim zweiten Ansturm übergab der Kommandant die Bastille sofort, die Menge zerstörte sie weitgehend, und der Literat Camille Desmoulins verkündete Freiheit und Gleichheit von den Trümmern herab; in seinen Schriften hatte er dargelegt, dass das Volk souverän sei.

Die gesellschaftlichen Bedingungen als Voraussetzung der Revolution

Seit 1302 war Frankreich in drei »Stände« gegliedert, den Klerus, den Adel und den Dritten Stand. Mit der Schaffung der états généraux gab der König dem Drängen des Adels nach, der seinen Einfluss schwinden sah und nun die formelle Möglichkeit hatte, den Monarchen zu beraten. Jeder Stand hatte etwa 300 Abgeordnete.

Um das Jahr 1789 hatte Frankreich etwa 27,6 Millionen Einwohner. Der Klerus machte knapp 0,5 Prozent der Bevölkerung aus, verfügte aber über zehn Prozent des Grund und Bodens. Außerdem besaß er viele Gebäude, genoss Privilegien wie Steuerbefreiung, das Recht, Abgaben zu erheben und Kirchenstrafen zu verhängen. Die standesamtliche Funktion gab ihm zusätzliche Macht.

Äußerlich gesehen, war der Klerus leicht zu definieren, bildete aber keine Einheit: zu groß waren die sozialen, auch die kulturellen Unterschiede, die sich im Laufe des Jahrhunderts weiter vergrößert hatten. Im Gegensatz zum hohen Klerus kam der niedere Klerus nicht in den Genuss der Privilegien. Als moralisches Vorbild galt der gesamte Klerus immer weniger, das Volk von Paris machte reichlich Witze über ihn. Viele Mitglieder des hohen Klerus gehörten dem Adel an.

Der Adel bildete den zweiten Stand, der etwa 1,3 Prozent der Bevölkerung ausmachte; ihm gehörten 20 Prozent des Grund und Bodens. Die sozialen Unterschiede, die Unterschiede in Bildung, Lebensweise und Lebensauffassung waren noch größer als innerhalb des Klerus. Der Hofadel führte ein luxusreiches und amüsantes Leben. Der Feudaladel hatte das Recht erhalten, der übrigen Bevölkerung, vor allem der Landbevölkerung, Geldabgaben, Naturalien und Dienstleistungen abzupressen. Ein Teil des Landadels, der weniger Rechte hatte, lebte in bescheideneren Verhältnissen. Die Angehörigen des Adels wetteiferten untereinander um die Gunst des Königs und der Königin, die sich etwa in der Besetzung hoher und einträglicher Ämter auswirkte, beispielsweise in Verwaltung und Justiz.

Und der dritte Stand? Das war der Rest, der ganz große Rest der Bevölkerung. Sieyès [3] beschreibt ihn so: Alle Arbeiten, die die Gesellschaft aufrecht erhalten, »werden zu neunzehn Zwanzigstel vom Dritten Stand geleistet; er ist belastet mit allem, was wirklich mühsam ist, mit allen Diensten, die der privilegierte Stand sich zu leisten weigert ... Trotzdem wurde ihm gesagt: ›Gleichgültig, was du leistest und wie du begabt bist, du kannst nur bis hierher kommen und keinen Schritt weiter. Es geht nicht an, dass du geehrt wirst.‹ … Was ist der Dritte Stand? Alles, aber ein gefesseltes und unterdrücktes Alles. Was wäre er ohne den privilegierten Stand? Alles, aber ein freies und blühendes Alles ... Es genügt nicht nachzuweisen, dass die Privilegierten, weit entfernt, ein Nutzen für die Nation zu sein, diese nur schwächen und schädigen; es muss noch bewiesen werden, dass der adlige Stand sich nicht in die Gesellschaftsorganisation einfügt und nicht ein Teil von ihr sein kann.« [4]

Den zahlenmäßig größten Teil des Dritten Standes bildeten die Landbevölkerung, die kleinen Handwerker und Gewerbetreibenden. Aber der eigentliche Motor der Revolution war, innerhalb des Dritten Standes, die Bourgeoisie, die dem Adel seine Führungsrolle und seine Privilegien streitig machte. Die Großbourgeoisie häufte im Laufe der Jahrzehnte einen beträchtlichen Reichtum an. Das waren u.a. Manufakturbesitzer, die in die beginnende Industrialisierung investiert hatten; manche beschäftigten bereits eine vierstellige Zahl von Lohnabhängigen (Bergbau, Metallverarbeitung). Reich war auch die Handelsbourgeoisie, die die Kolonien ausplünderte und mit Sklaven und Waffen handelte. Die Großbourgeoisie verband sich mit dem Adel durch Heirat und Geldgeschäfte. Die Kleinbourgeoisie war oft noch in Zünften organisiert und technisch schlecht ausgestattet. Ihre Arbeit war, im Gegensatz zur Großbourgeoisie, nur auf das Inland ausgerichtet; viele verarmten.

Das Wachstum der Bevölkerung beschleunigte die Verarmung: Von 20,8 Millionen im Jahre 1700 auf 27,6 Millionen 1789 - nicht weil die Geburtenrate gestiegen wäre, sondern weil große Krisen, z.B. Epidemien, ausblieben. Für die zunehmenden Bedürfnisse des tributfordernden Adels und die angewachsene Bevölkerung produzierte die Landwirtschaft nicht genügend, zumal sie die alte Drei-Felder-Wirtschaft in der Regel noch nicht aufgegeben hatte. Mehrere schlechte Ernten trieben den Brotpreis noch weiter in die Höhe - Franzosen sind bis heute Brotesser.

»Das Volk« wurden die genannt, die nur ihre Arbeitskraft hatten, Tagelöhner, Gärtner, Träger, Hausangestellte. Ihr Hauptnahrungsmittel war Brot. Um die Mitte des Jahrhunderts gaben sie von dem, was sie für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung hatten, ungefähr 50 Prozent für Brot aus, 16 Prozent für Gemüse, Speck und Wein, für Kleidung 15, für Heizung 5 und für Beleuchtung 1 Prozent. Der Winter 1788/89 war der schlimmste des Jahrhunderts, und 1789 machte die Ausgabe für Brot 88 Prozent ihrer gesamten Ausgaben aus.

Von Erich Kästner und anderen kennen wir folgende Anekdote: Die Pariser demonstrierten und riefen: »Wir haben kein Brot!« Dies wurde der Königin Marie Antoinette berichtet, und sie sagte: »Dann mögen sie doch Kuchen essen!«

Die Unterschiede innerhalb des Dritten Standes waren riesengroß, die Interessen der Einzelnen waren nicht nur verschieden, sondern diametral entgegengesetzt: eben die von Lohnarbeit und Kapital - aber der Hass auf den Adel einte sie zunächst.

Am 5. Mai 1789 berief Ludwig XVI. die Generalstände ein, die, wie früher auch, getrennt tagen sollten. Durch Sieyès und andere beeinflusst, forderte der Dritte Stand mehr Einfluss; Teile des Klerus und des Adels schlossen sich ihm an. Am 17. Juni erklärte sich der vergrößerte Dritte Stand zur Nationalversammlung, was der König schließlich akzeptieren musste. Diese Nationalversammlung bestand zu etwa 40 Prozent aus Juristen und Trägern öffentlicher Ämter, 25 Prozent gehörten dem Klerus an, 18 Prozent waren Militärs und 7 Prozent Unternehmer. Die Landbevölkerung war nur schwach vertreten, das städtische Kleinbürgertum fast gar nicht.

Die Nationalversammlung fasste weitgehende Beschlüsse, beispielsweise die Nationalisierung der Kirchengüter, die Abschaffung des Adels, des Feudalsystems und der Sklaverei, die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Gemäß ihrer selbstgestellten Aufgabe legte sie dann im September 1791 die neue Verfassung vor, die der König beeiden musste.

Philosophie und Literatur als geistige Voraussetzung

Presse- und Buchpublikationen nahmen im Laufe des 18. Jahrhunderts beträchtlich zu: Um das Jahr 1731 erschienen 400 bis 500 neue Bücher, 1789 waren es etwa 1.000 bis 1.200! In Salons, in Cafés wurde diskutiert; neu gegründete Vereine nahmen sich gesellschaftlicher und philosophischer Themen an. Die landesweite Versammlung der katholischen Priester stellte 1770 verbittert fest, dass es keine Stadt, kein Dorf gebe, die nicht durch unfromme Gedanken angesteckt worden seien.

Unter den vielen Namen, die die Aufklärung (»siècle des Lumières«) prägten und auf diese Weise die Revolution vorzubereiten halfen, seien hier drei genannt: Jean Jacques Rousseau, Voltaire und Pierre Beaumarchais.

Rousseau veröffentlichte 1755 seinen »Diskurs über die Ungleichheit«: »Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und es sich einfallen ließ, zu sagen: dies ist mein, und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der wahre Gründer der Gesellschaft.« [5] Im »Gesellschaftsvertrag« von 1762 relativiert er diese Stellungnahme insofern, dass er ein Anfangsrecht auf Eigentum zugesteht, das aber beschränkt sein und dem Allgemeinwohl dienen muss. Das gegenwärtige Gesellschaftssystem, einschließlich der Kirche, ist unfähig, die Gleichberechtigung aller zu schaffen und muss deshalb abgeschafft werden. Zwei seiner Schlüsselbegriffe sind »Allgemeinwohl« und »Allgemeinwille«; beide konkretisieren sich in einem Vertrag, den jedes Individuum mit der Allgemeinheit schließt. »Eine Form der gesellschaftlichen Vereinigung gilt es zu finden, die mit der ganzen gemeinsamen Kraft die Person und das Vermögen jedes Gesellschaftsmitgliedes verteidigt und schützt und durch die jeder einzelne, obgleich er sich mit allen vereint, gleichwohl nur sich selbst gehorcht und so frei bleibt wie vorher.« [6]

Durch Erziehung gewinnt das Individuum die Fähigkeit, am Allgemeinwohl mitzuarbeiten, und die Freiheit, sich dem Allgemeinwillen anzuschließen.

In Frankreich wird Haftbefehl gegen ihn ausgestellt; seine Heimatstadt Genf lässt seine Bücher verbrennen und stellt ebenfalls Haftbefehl aus.

Beide, Rousseau und Voltaire, starben 1778, also 11 Jahre vor dem Sturm auf die Bastille.

Voltaire schrieb keine staatstheoretischen Untersuchungen, deren Forderungen so grundsätzlich und so weitgehend gewesen wären wie die von Rousseau. In Potsdam war er Gast von Friedrich II., zeitweise mit ihm sogar freundschaftlich verbunden. Der französischen Großbourgeoisie und Teilen der Aristokratie war er ein gesuchter Gesprächspartner. Mit Ironie und Sarkasmus griff er die katholische Kirche an, auch einzelne Adlige. Mit veröffentlichten Schriften (»Traité sur la Tolérance«) und mit Briefen engagierte er sich für Opfer von Gewalt und Willkür. Manche rettete er vor der Todesstrafe. Den Justizmord an dem Protestanten Jean Calas konnte er zwar nicht mehr verhindern, erreichte aber, dass Calas posthum rehabilitiert wurde und dass das Edikt von Ludwig XIV., das den Protestantismus bei strengster Strafe verboten hatte, nach der »Affaire Calas« juristisch keine Rolle mehr spielte, weder offiziell noch verdeckt.

Voltaire verbrachte seine letzten Lebensjahre auf seinem Gut an der französisch-schweizer Grenze, wo er u.a. Genfer Bürger aufnahm, die vor dem strengen protestantischen Regime geflohen waren. Obwohl er in Paris als unerwünscht galt, begab er sich dorthin, dreiundachtzigjährig und körperlich sehr hinfällig. Lion Feuchtwanger schreibt über diesen letzten Pariser Aufenthalt Voltaires in seinem Roman »Die Füchse im Weinberg«: Die Gäste berichteten, die Straßen seien voll von Neugierigen. Und das seien »nicht etwa nur Literaturbeflissene oder Liebhaber des Theaters, es seien vielmehr zum größten Teil Leute aus den Werkstätten, den Läden, aus den Cafés und Kneipen, es sei das Volk von Paris. Und diese Leute sagten nicht: Wir wollen den Mann sehen, der die Henriade geschrieben hat oder den Candide ..., sie sagten: Wir wollen den Mann sehen, der gekämpft hat für die unschuldige Familie Calas ... und für Madame Bombelles und für den armen Martin und seine Leute und für den ungerecht verurteilten Montbailli und seine Frau und sein ungeborenes Kind, und der geeifert hat gegen die Schändung des Leichnams der Schauspielerin Adrienne Lecouvreur, und der auf seinen Gütern und in seinem Dorf die niederträchtigen Steuern abgeschafft hat, und der alle, die in seinem Ferney sitzen und arbeiten, klüger gemacht hat, wohlhabender, glücklicher.« [7]

Pierre Beaumarchais war ein intelligenter, umtriebiger Alleskönner, der mal in der Gunst einflussreicher Adeliger (bis zur Königin) stieg, dann auch wieder in Ungnade fiel und mehrmals verhaftet wurde. Viele Berufe und Tätigkeiten übte er aus, unter anderem lieferte er der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung Waffen. Der Untertitel des eben erwähnten Romans von Feuchtwanger heißt »Waffen für Amerika«; Beaumarchais ist einer seiner Hauptfiguren. Bekannt wurde er durch seine kritischen Schriften und vor allem durch sein Theaterstück »Figaros Hochzeit oder ein toller Tag«, das er 1778 vollendete.

Gedrängt von Teilen des Hofadels, von einigen Ministern, sogar von der Königin - nicht zu reden vom Dritten Stand, dessen Hauptgesprächsstoff jahrelang der Figaro war - musste der König im Jahre 1784 der Uraufführung zustimmen, jedoch unter der Bedingung, dass einschneidende Kürzungen vorgenommen würden.

In der Figur des Figaro beschrieb Beaumarchais sich weitgehend selbst und erreichte, dass der Dritte Stand, so inhomogen er auch war, sich ganz und gar mit dieser und auch einigen anderen Figuren identifizierte. Eine satirische Zeitschrift, die 1826 gegründet wurde, bekam diesen Namen. Es gibt sie als Tageszeitung heute noch, allerdings mit anderem Inhalt!

Feuchtwanger beschreibt, dass einer der Adligen die Uraufführung dieses Stückes wie die Sintflut erlebte. Und die kam dann ja auch bald mit der Erstürmung der Bastille, mit dem Arzt Guillotin und seiner Erfindung der Guillotine, die die Hinrichtungen rationalisierte, mit den Erschießungen im September 1791, dem Krieg gegen Preußen und den Gewaltausbrüchen im September 1792 ...

Feuchtwanger stellt seinem Roman das Wort von Jean Jaurès voran: »Wir wollen aus der Vergangenheit das Feuer übernehmen, nicht die Asche.«

Aus dem Monolog des Figaro (4. Akt): »Weil Sie ein großer Herr sind, bilden sie sich ein, auch ein großer Geist zu sein! Geburt, Reichtum, Stand und Rang machen Sie stolz. Was taten Sie denn, mein Herr Graf, um so viele Vorzüge zu verdienen? Sie gaben sich die Mühe, auf die Welt zu kommen, das war die einzige Arbeit Ihres ganzen Lebens, dessen übrigen Teil Sie als ziemlich gewöhnlicher Mensch verprasst und verprunkt haben! Ich dagegen, das Findelkind aus dem Volk, habe meinen Weg auf eigenen Füßen machen müssen. Um mein Brot zu verdienen, das harte, trockene Brot, habe ich oft an einem einzigen Tag mehr Verstand gebraucht, als die gesamte Regierung der Königreiche von Spanien und Navarra ... Ich suche, strebe ringe nach einem ehrlichen, anständigen Beruf und finde alle Wege verschlossen, alle Türen versperrt. Mit der Gitarre auf dem Rücken durchwandere ich Spanien, singe maurische Volkslieder auf den Jahrmärkten und heidnische Schelmenstücklein in den Straßen der Städte. In Madrid nimmt der Gesandte des Kaisers von Marokko Anstoß an meiner Kunst; ich habe seinen Glauben verletzt, seinen Propheten gehöhnt. Man weist mich aus ...

Die Not brach herein, ich hungerte, hatte Schulden. Schon sah ich die abscheulichen Gerichtsdiener heranrücken, verzweifelnd raffe ich mich auf ... Ich schreibe ... mein Buch wurde verboten, und während man die Tür meines Verlegers zusperrte, machte man mir die Tür der Bastille auf. Sechs Monate wurde ich dort frei verpflegt, und diese Ersparnis war der einzige finanzielle Ertrag, den die Literatur mir einbrachte ...

Man sagte mir, Spanien habe Pressefreiheit und ich könnte, natürlich unter Aufsicht von zwei, drei Zensoren, schreiben, was mir beliebte, wenn es nur nicht gegen den Staat wäre oder gegen den Hof, gegen die Kirche, gegen die guten Sitten oder schlechte Beamte, gegen privilegierte Tänzerinnen ...

Man denkt mir ein Amt zu; unglücklicherweise besitze ich den dafür nötigen Verstand, erhalte es also nicht ...«

Nachdem Teile des Stückes vor dem Königspaar vorgelesen worden waren, antwortet der König, nach Feuchtwanger (S. 704): »Ich erlaube nicht, dass dieses Stück gespielt wird. Es ist genug mit den Konzessionen«, schrie er auf einmal in der Fistel, »und mit den Kompromissen. Die Bastille. Er wagt es, meine Bastille zu verhöhnen. Eher lasse ich sie niederreißen, die Bastille, als dass ich dieses Stück erlaube.«

 

Anmerkungen:

[1] Zu diesem Zeitpunkt gab es nur sechs Gefangene: Urkundenfälscher und Geisteskranke.

[2] Der Adlige Marquis de Sade war dort mehrere Jahre inhaftiert wegen seiner Kritik an der Kirche, seines unmoralischen Lebenswandels und seiner als unsittlich deklarierten Schriften. Kurz vor dem 14. Juli, so lauten Berichte, rief er der demonstrierenden Menge von innen zu, dass Gefangene getötet würden. Er wurde verlegt, konnte also am 14. Juli noch nicht befreit werden.

[3] Emanuel Joseph Sieyès war Abbé und Großvikar von Chartres, also Kleriker. Seine Schrift »Was ist der dritte Stand« verfasste er Ende 1788. Er gehörte zu denen, die sich im Juni 1789 dem Dritten Stand anschlossen.

[4] Zitiert (und übersetzt) nach: Albert Soboul, La Révolution Francaise, 1982, S. 67 und 74.

[5] Jean-Jacques Rousseau, Der Gesellschaftsvertrag, 1981, S. 25. Rousseau schreibt »société civile« und meint damit die zeitgenössische Gesellschaft der drei Stände. Friedrich Engels setzt sich im »Anti-Dühring« mit Rousseau auseinander.

[6] Ebd., S. 49.

[7] Lion Feuchtwanger, Die Füchse im Weinberg, 1976, S. 576.

 

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