Abschied von Jochen Traut
Ralph Dobrawa, Gotha
Am 1. August dieses Jahres starb im 93. Lebensjahr unser langjähriger Mitstreiter Joachim »Jochen« Traut. Besonders in den zurückliegenden drei Jahrzehnten hat er sich für die Partei verdient gemacht. In der Kommunistischen Plattform von Thüringen brachte sich Jochen mit vielen eigenen Ideen und Vorschlägen ein. Noch bis ins hohe Alter bereiste er Veranstaltungen der Linken im Bundesgebiet und versuchte auf seine Weise die Entwicklung der Partei zu unterstützen.
Nach dem gesundheitsbedingten Ausscheiden von Hans-Dieter Fritschler – der einst von Landolf Scherzer in dessen Buch »Der Erste« porträtiert worden war – übernahm Jochen vor knapp 20 Jahren die Leitung der Koordinierungsgruppe »Politische Strafverfolgung«, die Anfang der 1990er Jahre aufgrund von Prozessen gegen ehemalige Hoheitsträger der DDR in Thüringen entstanden war und beim Landesvorstand der Partei angesiedelt gewesen ist. Sie diente vor allem der Unterstützung der Betroffenen und der Koordinierung der Solidarität mit ihnen. Nach dem Ende der Verfahren wurde die Koordinierungsgruppe umbenannt und trug fortan statt Strafverfolgung den Zusatz »Vereine und Verbände«. In der Regel kamen die Teilnehmer monatlich zusammen und erörterten aktuelle politische Fragen aus linker Sicht. Jochen Traut bereitete jede Zusammenkunft mit großer Gewissenhaftigkeit vor und sorgte so für eine gute Diskussionsgrundlage. In diesen Jahren fanden auch immer wieder Veranstaltungen mit prominenten Zeitgenossen statt, darunter Hans Modrow, Egon Krenz, Jürgen Nitz oder Peter-Michael Diestel. Mehrere Broschüren erschienen im Eigenverlag, die von der Koordinierungsgruppe herausgegeben wurden. Dies betrifft beispielsweise eine Dokumentation über die Verschleppung der Strafverfolgung gegen die Mörder Ernst Thälmanns.
Seit einiger Zeit war Jochen Traut aufgrund gesundheitlicher Umstände daran gehindert, seine Wohnung verlassen zu können. Dieser Umstand quälte ihn sehr, da er nach wie vor sehr gern an vielen Veranstaltungen der Partei teilgenommen hätte. So konnte er manches nur in den Medien verfolgen und sich dadurch nicht mehr so einbringen wie lange Zeit zuvor. Das schmerzte ihn sehr. Jochen war ein verlässlicher und aufrechter Genosse, der über viele Jahre aus seiner Verbundenheit zur Partei, aber auch seiner kritischen Auseinandersetzung mit manchen ihrer Themen keinen Hehl gemacht hat. Wir werden ihn und seine Stimme sehr vermissen und ihm ein bleibendes Andenken bewahren.
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