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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Wer bestimmt eigentlich die Politik der Partei?

Jochen Traut, Suhl, Delegierter des Bielefelder Parteitags

 

Liebe Genossinnen, liebe Genossen, ursprünglich wollte ich mich nicht auf diesem Parteitag zu Wort melden. Jedoch das Interview von Gregor Gysi, aus dem ich am Beginn meines Beitrages zitiere, veranlasste mich zu meiner Wortmeldung.

Ich zitiere aus ZEIT ONLINE vom 28. Mai 2015: »Gysi will seine Partei 2017 in der Regierung sehen«. Aus junge Welt vom 30./31. Mai 2015: »Vor linkem Politikwechsel. Gysi will schon jetzt Koalitionsgespräche mit SPD und Grünen.« Nun ein Original-Zitat Gysi: »Wir kommen nicht über zehn Prozent hinaus, wenn wir sagen: Die Linke will ewig in der Opposition bleiben. Für eine Regierungsbeteiligung müsse die Linke bereit sein. Klar ist, dass wir in einer Koalition nicht alle Ziele durchbekommen.«

Die Praxis der Thüringer Landesregierung unter dem LINKEN-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow zeigt, wie schwierig es ist, in einer Koalitionsregierung selbst vereinbarte Vorhaben umzusetzen. Das aktuelle Beispiel dafür ist die Finanzierung von Schulen mit freien Trägern, in denen der Koalitionspartner Bündnis 90/DIE GRÜNEN in der Frage von deren Finanzierung ständig neue Forderungen aufmacht, bei denen selbst Koalitionsgespräche äußerst schwierig sind, um zu einer Einigung zu gelangen. Hier bestimmt der Ministerpräsident das Heft des Handelns.

Wie schwierig wird es erst, wenn wir in einer Bundesregierung nur ein Partner sind und der Regierungschef, sprich Bundeskanzler/in das Heft des Handelns bestimmt.

Sicher, wir haben bei den letzten Wahlen in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen zugelegt. Bernd sagte dazu, diese Wahlen haben gezeigt, dass wir auch im Westen Wahlen gewinnen können.

Hier bin ich mit den im Leitantrag benannten nächsten Landtagswahlen und den Zielstellungen für unseren Einzug in diese Landtage einverstanden, in dem es in den Zeilen 574 bis 578 heißt: »2016 werden Meilensteine für DIE LINKE mit großen Möglichkeiten, weiter an Einfluss zu gewinnen - in Opposition und in der Regierung. Im nächsten Jahr werden die Grundlagen gelegt für die Bundestagswahl 2017. Die gesamte Partei wird dafür kämpfen, sodass DIE LINKE gestärkt das kommende Jahr beendet: In Ost wie in West, in Regierung wie Opposition, in den Ländern wie im Bund.«

Jedoch, bezüglich dessen, was sowohl aus dem Leitantrag des Parteivorstandes herauszulesen ist in Bezug auf die Bundestagswahlen 2017, und der Aussagen von Gregor in Bezug auf eine Regierungsbeteiligung von uns, da muss ich schon Einwände anmelden.

Wie heißt es im Interview bei Gregor: »Klar ist, dass wir in einer Koalition nicht alle Ziele durchbekommen«. Da stellen sich Fragen:

  • Was ist dann mit unserem Alleinstellungsmerkmal: DIE LINKE - Die Friedenspartei der Bundesrepublik Deutschland?
  • Was wird mit den Beteiligungen der Bundeswehr an kriegerischen Auseinandersetzungen rund um die Welt?
  • Was ist dann mit einer Außenpolitik, die derzeit die Bundesregierung unter dem Außenminister der SPD, Steinmeier, praktiziert?
  • Was wird mit einer Sozialpolitik der derzeitigen sozialdemokratischen Sozialministerin Frau Nahles?
  • Wird eine Regierung mit unserer Beteiligung, und ich sage bewusst »Beteiligung«, die Politik von Harz IV aufgeben?

Fragen über Fragen, die man beliebig erweitern könnte. Noch ein Wort zu Bodo Ramelow im Interview vom 4. Juni in der Online-Ausgabe des ND. Überschrift: »Pazifismus ist nichts für Deutschland«. Im gültigen Erfurter Parteiprogramm aus dem Jahr 2011 haben wir das Verhältnis unserer Partei zur Bundeswehr eindeutig geregelt und damit festgeschrieben. Dem ist nichts mehr hinzufügen.

Am Schluss ein notwendiger Satz zur Demokratie in unserer Partei und damit auch zu Gregor Gysi. Die Satzung der Partei hat nach meiner Kenntnis noch Gültigkeit, und damit komme ich noch zu einigen Fragen.

Ist der Fraktionsvorsitzende des Bundestages, ohne Parteifunktion, überhaupt berechtigt, vor einem Parteitag - immerhin das höchste Gremium der Partei - solche Äußerungen gegenüber den Medien zu machen? Wer bestimmt eigentlich die Politik der Partei? Der Parteitag? Der Parteivorstand? Oder der Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Bundestag?

Die Orientierung auf das Jahr 2017, unter dem Blickwinkel der im nächsten Jahr vor uns stehenden Landtagswahlen ist sicher richtig und notwendig. Jedoch über die Beteiligung an einer Bundesregierung im Jahr 2017 bereits Anfang Juni 2015 zu diskutieren, ist für mich mehr als fragwürdig. Wir werden am Sonntag hören, was Gregor Gysi uns, den Delegierten des Parteitages, unter anderem dazu zu sagen hat. Besten Dank.

(Vorbereiteter Diskussionsbeitrag, der nicht gehalten werden konnte.)

 

Mehr von Jochen Traut in den »Mitteilungen«: 

2014-12: Wir müssen dazu Position beziehen (Archiv)

2013-04: Die Auseinandersetzung mit der DDR geht auch im Jahr 2013 regierungsamtlich weiter

2012-01: Für Karl Stiffel (31. Juli 1929 - 11. Dezember 2011)