Was für ein Leben ist da zu Ende gegangen
Im Gedenken an Moritz Mebel. Von Ellen Brombacher
Nicht nur einmal, wenn wir uns trafen, äußerte sich Moritz besorgt über innenpolitische Entwicklungen in Russland. Doch nicht eine Sekunde lang wäre er auf die Idee gekommen, den Russen abzusprechen, alles für den Erhalt des Weltfriedens zu tun. Er selbst, als deutsches, jüdisches Kind mit seiner Mutter in die Sowjetunion emigriert, erlebte das Grauen des Krieges. Als achtzehnjähriger Medizinstudent wurde er 1941 einer der Verteidiger Moskaus. Als der Krieg zu Ende war, war Moritz Mebel Garde-oberleutnant der Roten Armee. Wenige Tage, bevor er mit 98 Jahren am 21. April 2021 verstarb, hatten wir auf unserer KPF-Bundeskonferenz aus einem ND-Interview zitiert, in dem er über seine Kriegserlebnisse berichtet hatte. Moritz fühlte sich der Kommunistischen Plattform zugehörig und kam, solange es seine Gesundheit zuließ, häufig zu unseren Treffen.
Nach dem Krieg führte er sein Medizinstudium fort und wurde ein international renommierter Urologe, Chef der Urologie im Krankenhaus Friedrichshain und später der Berliner Charité. Die erste Nierentransplantation in der DDR führte Prof. Dr. med. Moritz Mebel durch. In die DDR kam er mit seiner Frau Sonja 1958, zurück in den Teil Deutschlands, in dem die für den Faschismus Verantwortlichen jegliche ökonomische und politische Macht verloren hatten. Wie oft haben wir darüber diskutiert, warum und woran der europäische sozialistische Versuch, warum die DDR kaputt gegangen ist. Moritz war auch hier sehr kritisch. Und zugleich stand für ihn außer Frage, dass dieser Versuch legitim war, weil das Profitsystem die Menschheit dem Abgrund immer näher bringt und immer wieder faschistische Gefahren gebiert.
So vieles ließe sich über den großartigen Arzt und ebenso großartigen Menschen noch sagen. Für ihn war es folgerichtig, seiner kommunistischen Überzeugung treu zu bleiben, bis zum Schluss. Was für ein Leben ist da zu Ende gegangen. Moritz wird so sehr fehlen. Aber wir versprechen: Wir werden Deine Ideale, die auch die unseren sind, immer in Ehren halten und Du wirst bei uns sein in unseren heutigen Kämpfen.
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