Warschau-Treblinka – Auf den Spuren des Ghettos
Mandy Heinzig, Jugendgruppe der VVN-BdA Freiberg
Im August 2008 fand wieder eine Gedenkstättenfahrt nach Polen statt, organisiert vom Bundesvorstand der VVN-BdA und der Deutsch-Polnischen Gesellschaft als Mitveranstalter. Schwerpunkte waren diesmal das Leben, Leiden und Kämpfen im Warschauer Ghetto und das Vernichtungslager Treblinka.
Am 1. Tag wurde eine ausgedehnte Stadtführung durchgeführt. Dabei wurden wir besonders auf die Gegensätze der polnischen Metropole aufmerksam gemacht. Großartige Paläste aus dem Mittelalter, neben Bauten aus der Gründerzeit und den Plattenbauten aus den Siebziger-Achtziger Jahren. Auf Einladung des Fremdenverkehrsamtes Warschaus konnten wir vom Turm des Kulturpalastes das Panorama von Warschau genießen. Der Abschluß dieses Tages führte uns in einen wunderschönen Park mit einem Freiluftkonzert, natürlich mit Werken von Chopin.
Am Montag begann dann die intensive Beschäftigung mit dem Warschauer Ghetto. Wir begaben uns in das jüdische historische Institut. Das Institut befindet sich im Gebäude, das vor dem Krieg die Bibliothek des Judaismus und das Institut für Judaismus-Wissenschaften beherbergte und nach dem Krieg wiederaufgebaut wurde. Das Institut besitzt umfangsreiche Archivsammlungen, darunter das geheime Archiv des Warschauer Ghettos, das nach dem Namen des Schöpfers das "Ringelblum-Archiv" genannt wurde, dort befinden sich auch eine Bibliothek und ein Museum. In den erhaltenen Innenräumen kann man zwei ständige Ausstellungen besichtigen: die Ausstellung der jüdischen Kunst mit religiösen und weltlichen Kunstwerken, sowie die Ausstellung zum Warschauer Ghetto mit einem 37 Minuten langen Films in deutscher Sprache. Anschließend gab es eine Diskussion mit Dr. Jürgen Hensel, der uns nach der Mittagspause durch das Ghetto führte. Besonders im Stadtteil Muranov machte er uns auf die einzigartige Architektur aufmerksam. Die Häuser haben keine Keller und sind aus Trümmern auf Trümmern gebaut. Besonderen Wert wurde auf großzügige Kindereinrichtungen, großzügiges Grün und Kulturstätten gelegt, dort gibt es das kleinste Opernhaus der Welt. Wir folgten der Geschichte des Ghettos vom Denkmal der Ghettohelden bis zum Umschlagplatz. Anschließend verbrachten wir den Abend in kleineren Gruppen.
Am Dienstag gab es dann ein längeres Gespräch mit Kazimierz Albin, er war als 17 jähriger nach Auschwitz gekommen, konnte dann aber im Februar 1943 fliehen. Anschließend besuchten wir das berüchtigte Pawiak-Gefängnis. Die Eindrücke die man hat, wenn man in einer ehemaligen Zelle sitzt, plötzlich das Licht ausgeht und dann über verschiedene Lautsprecher Abschiedsbriefe von jungen Menschen verlesen werden. Und trotzdem gab es auch in dieser Hölle Widerstand. Jede Stelle, die wir im Warschauer Ghetto besuchten, wäre einen eigenen Artikel wert.
Am Mittwoch war das Vernichtungslager Treblinka unser Ziel. Wir wurden von dem Gedenkstättenleiter Edward Kopowka empfangen. Treblinka besteht aus 3 Teilen, erläuterte er uns.
Treblinka 1 – ein Arbeitslager, hier wurde aus einem Tagebau Kies gewonnen, der beim Straßenbau zur Vorbereitung des Überfalls auf die Sowjetunion genutzt wurde. Später wurden hier Uniformen und Waffen instandgesetzt und auch eine Viehzucht gab es. Es diente auch als Straflager für polnische Bauern, die ihr Soll nicht erfüllt hatten. Für die Schweinezucht gab es eine richtige Abwasseranlage, für die Häftlinge nur einen Zinkeimer.
Treblinka 2 – war das eigentliche Vernichtungslager. In der Zeit vom 23. Juli 1942 bis zum 19. August 1943 wurden hier 900.000 Juden mit Autoabgasen ums Leben gebracht. Die Menschen kamen in Viehwaggons an einem kleinen vorgetäuschten Bahnhof an und waren einige Stunden später tot. Nach einem Aufstand des Sonderkommandos am 2. August 1943 verbrannten Teile des Lagers. Die Nazis gruben alle Leichen wieder aus und verbrannten sie, die Asche wurde verstreut. Danach wurde es als Bauernhof getarnt.
Treblinka 3 – ist als der Erschießungsplatz bekannt. Unzählige Kreuze sind über riesige Waldlichtungen verteilt.
Nach dem Tag in der Gedenkstätte Treblinka haben wir den Donnerstag und den Freitag haben wir größtenteils individuell verbracht. Am Donnerstagnachmittag gab es ein Treffen mit Prof. Dr. Goralski mit dem wir über die Deutsch-Polnischen Beziehungen sprachen. Anschließend trafen wir uns mit Susanne, einer in Polen lebenden Deutschen, zu einem gemeinsamen Abendessen.
Wir nutzen die Freizeit, um noch einmal verschiedene Stellen im Ghetto aufzusuchen, die aus Zeitgründen während der großen Führung nicht besucht werden konnten. So waren wir auf dem jüdischen Friedhof, im Gestapogefängnis in der Szucha-Allee und in der Sienna Straße – hier steht das letzte erhaltene Stück der Ghettomauer. Im Keller gibt es dazu noch eine kleine Ausstellung. Besonders beeindruckt hat uns die Ausstellung im Gestapogefängnis: Man sah die Knüppel mit denen geprügelt wurde, durch die Kellerfenster sah man durch eine Filmmontage die marschierenden SS-Stiefel, aus einem alten Volksempfänger erklang flotte Musik und dazwischen waren durch Lautsprecher die Schreie der Gefolterten zu hören. Dieser Besuch in dem Keller war sehr kurz.
Wir hätten unsere Erlebnisse und Eindrücke noch viele ausführlicher aufschreiben können, aber dann hätten die Linksworte eine Sonderausgabe herausbringen müssen. Wir werden noch eine ausführliche Reisemappe erstellen, und wir sind gern bereit, in den Basisgruppen über unsere Reise zu berichten.
Weitere Informationen unter: www.vvn-bda.deH