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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen: Pragmatiker gegen Chaoten?

Wulf Kleus, Düsseldorf

Kampagnenjournalismus gegen die LINKE

"Chaotentruppe" nannte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die nordrhein-westfälische LINKE in einem Interview mit der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ) und hatte sogleich die Lösung des Problems parat: "Wenn die Linke ernst genommen werden will, muß die Berliner Führung ihren Laden in NRW noch kräftig umkrempeln." Die WAZ nahm den "Hinweis" Steinmeiers dankend auf und leistete tüchtige Beihilfe zum Kampagnenjournalismus gegen die LINKE. Daß die WAZ-Mediengruppe den sozialdemokratischen Anfeindungen gegen ihren linken Konkurrenten öffentliches Gehör verschafft, verwundert kaum, denn die Postierung Bodo Hombachs als Geschäftsführer des in Nordrhein-Westfalen einflußreichen WAZ-Medienkonzerns hat ihren Sinn. Hombach war einst Chef des Bundeskanzleramts unter Gerhard Schröder und langjähriger Landesgeschäftsführer der SPD in Nordrhein-Westfalen. Die guten Drähte zwischen der nordrhein-westfälischen Sozialdemokratie und den Chefetagen großer Konzerne werden gut gepflegt. Der Fall Hombach ist nur eines von vielen Beispielen für die nach wie vor existenten Verflechtungen und Seilschaften der SPD mit den Machtzentren im bevölkerungsreichsten Bundesland.

Die Medienkonzerne selbst haben weder ein Interesse an hohen sozialen Standards für ihre Journalisten und Zeitungszusteller noch beabsichtigen sie, ihre nahezu unbeschränkte Macht zur Meinungsbeeinflussung gegen eine demokratisch kontrollierte Medienlandschaft einzutauschen. Dies sind wesentliche Gründe für das ganze Mediengetöse gegen linke Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit, mehr öffentlichem Eigentum und demokratischer Kontrolle. Um die LINKE deshalb zu schwächen, zeichnen die Medien ein verzerrtes Bild von ihr. "Radikale Chaoten" und "besonnene Pragmatiker" würden innerhalb der Partei einander bekämpfen, heißt es. Das Spiel der Medien ist durchschaubar: Sie wollen Einfluß nehmen auf die Entwicklung der LINKEN. Eine dem Mainstream angepaßte, domestizierte Partei wäre ihnen verständlicherweise lieber als eine kämpferische sozialistische LINKE. Folgerichtig werden immer wieder jene attackiert, die für ein antikapitalistisches Profil der Partei kämpfen. Diese würden den Medien zufolge der "Chaotentruppe" angehören. Die "besonnenen Pragmatiker" hingegen, die auf Regierungsbeteiligungen schielen und kaum noch inhaltliche Bedingungen für solche fordern, werden von den gleichen Medien freundlichst umworben und zu "Vordenkern" erklärt. Das Kalkül dabei ist, daß es den "Pragmatikern" der Partei, vor allem den Protagonisten des Forums demokratischer Sozialismus (fds), irgendwann gelingt, sich personell und inhaltlich durchzusetzen. Das betrifft insbesondere das Verhältnis der Partei zur Staatsräson. Würde sich die LINKE jemals zu Militärinterventionen oder zur NATO bekennen, wäre das Kalkül ihrer Gegner aufgegangen.

Die LINKE NRW vertritt die Interessen der sozial Benachteiligten

Am 9. Mai wird in Nordrhein-Westfalen der Landtag gewählt. Die LINKE hat gute Chancen, in den Düsseldorfer Landtag einzuziehen. Nach den Personaldebatten innerhalb der Partei und der Ankündigung Oskar Lafontaines, nicht wieder für den Parteivorsitz zu kandidieren, wittern allerdings die politischen Konkurrenten ihre Chance, die LINKE klein zu halten. Das Gerede von der "Chaostruppe" oder vom "Spinnerverein" sind üble Lügen, um der LINKEN zu schaden und das von den Konkurrenzparteien anvisierte Ziel zu erreichen, nämlich die LINKE aus dem Landtag herauszuhalten. Denn in Wirklichkeit macht sich die Partei in NRW für sinnvolle Forderungen stark. Sie streitet für eine deutliche Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, mehr Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, Tariftreue, einen Mindestlohn, die Vergesellschaftung der Energiekonzerne RWE und E.ON, bezahlbare Energiepreise, starke öffentlich-rechtliche Sparkassen, den Erhalt kommunaler und landeseigener Wohnungsbestände und für gebührenfreie Bildung. Sie bekämpft konsequent Faschismus und Rassismus, und sie engagiert sich gegen Kriege und militärische Aufrüstung. Dies alles ist Teil des Landeswahlprogramms. Wer, wie führende Sozialdemokraten und Konservative es tun, solche Positionen mit den Etiketten "populistisch" oder "unrealistisch" abtut, sagt vieles über seine wahren politischen Ambitionen aus. Die Positionen der LINKEN NRW sind weder chaotisch noch unrealistisch, sondern sie sind im Interesse der Bevölkerung.

Die SPD bleibt sich treu

Als die LINKE NRW im November letzten Jahres ihr Wahlprogramm für den anstehenden Landtagswahlkampf verabschiedete, ging ein Aufschrei durch die Presse, der bis heute kaum verebbt ist. Die Kritik entzündet sich vor allem an den Vergesellschaftungsforderungen der LINKEN. Die Forderungen nach mehr öffentlichem Eigentum und echter demokratischer Kontrolle der Wirtschaft sind den herrschenden Medien und den politischen Gegnern ein Dorn im Auge. Besonders im Fokus der Auseinandersetzungen steht in NRW die Forderung nach Vergesellschaftung der Energiekonzerne RWE und E.ON. Angesichts der überhöhten Strom- und Gaspreise, die von den Monopolen bestimmt werden, ist dies eine richtige Forderung. Nur auf diese Weise wäre es möglich, die Menschen vor ständig steigenden Energiepreisen zu schützen.

Der für NRW verantwortliche Generalsekretär der SPD, Michael Groschek, hat den Vorschlag der NRW-LINKEN stellvertretend für seine Partei allerdings strikt abgelehnt und hält im übrigen das Programm der LINKEN "eher für ein politisches Glaubensbekenntnis als für ein Regierungsprogramm". Mit anderen Worten: Wer die privaten Energieriesen an die Kandare nehmen will, um gegen die für immer mehr Menschen unbezahlbaren Monopolpreise vorzugehen, darf Nordrhein-Westfalen nicht regieren. Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende, Andrea Nahles, warnt sogar vor der LINKEN: "Das Allerschlimmste ist, daß sie praktisch ganz NRW verstaatlichen wollen". Die Sozialdemokratie zeigt damit, daß sie mit der Preiszockerei an den Märkten keinerlei Probleme hat. Sie ist weder fähig noch willens, ernsthaft für fortschrittliche Veränderungen zugunsten der Bevölkerung zu kämpfen. Entsprechend schwammig formuliert und beliebig interpretierbar ist auch ihr Programmentwurf für die kommenden NRW-Landtagswahlen.

Die LINKE NRW hingegen legt einen linken und sozialen Gegenentwurf zur unsozialen Politik der Rüttgers-Regierung wie auch zu den zaghaften Forderungen und verwaschenen Positionen der Sozialdemokraten und Grünen vor. Die große Bedeutung der Landtagswahl in NRW besteht nicht zuletzt darin, daß ein dezidiert linkes Programm mit antikapitalistischen Inhalten zur Wahl steht. Ein Einzug der LINKEN NRW in den Landtag würde deshalb nicht nur den Aufbau West der Partei befördern, er würde auch erneut zeigen, daß man mit antikapitalistischen Positionen erfolgreich Wahlkämpfe führen kann. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.