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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Vor 21 Jahren: NATO und Bundeswehr üben den Atomkrieg

Dieter Popp, Bonn

 

Seit Monaten geht eine stetige Geschichts-Berieselung auf uns nieder, was vor 20 Jahren in der DDR abgelaufen sei, und diese Propaganda wird uns sicher noch bis zum Ende des Jahres begleiten. Durch ständige Wiederholung der immer gleichen Schlagworte soll vor allem jüngeren Menschen eingetrichtert werden: Die DDR war ein "Unrechtsstaat", auf Flüchtlinge sei geschossen worden "wie auf die Hasen", die "Stasi" habe das Volk flächendeckend überwacht und terrorisiert, die friedliche Übergabe der Macht an die Gegner des Sozialismus schließlich sei eine "Revolution" gewesen usw.

Vielleicht ist es nicht uninteressant, den Blick einmal ein Jahr weiter zurückzuwenden. Vor 21 Jahren, Ende Februar/Anfang März 1989, fand im Westen – wie seit 1969 alle zwei Jahre – die Stabsübung "Wintex/Cimex 89" statt. Nach einem von der NATO geschriebenen Drehbuch wurde der "Fall Rot" geübt: Krise irgendwo in der Welt, Mobilmachung im Osten, Mobilmachung im Westen. Die Sowjet-Union verlegt Verbände an die Westgrenze der DDR und der CSSR, die USA fliegen Soldaten nach Europa und verschiffen Waffen und schweres Gerät. In der Bundesrepublik wird das Arsenal der Notstandsgesetze durchgespielt. Die Sowjets greifen mit konventionellen Waffen an, die Nato muß – wider alle militärische Logik – schon nach wenigen Tagen Atomwaffen einsetzen, weil der Angriff aus dem Osten anders nicht zu stoppen ist. Allerdings wollen die Amerikaner nicht sofort den großen Atomschlag gegen die Sowjet-Union und damit ihre eigene Existenz riskieren. Sie proben den auf Europa begrenzten Krieg. Hierzu haben sie neue Mittelstreckenraketen in Deutschland stationiert.

Hunderttausende hatten in der Bundesrepublik Anfang der 80er Jahre vergeblich gegen diesen Irrsinn demonstriert. Am 22. Oktober 1983 versammelten sich eine halbe Million Menschen auf einer großen Kundgebung im Bonner Hofgarten, um für Frieden und Abrüstung und gegen den "NATO-Doppelbeschluß" zu demonstrieren. Insgesamt etwa 1,3 Millionen Menschen bekundeten in der Bundesrepublik an diesem Tag ihre Abneigung gegen die "Nachrüstung". Nach einer Umfrage vom November 1983 waren 67 Prozent aller wahlberechtigten Bundesbürger gegen die Raketenaufstellung. Es half nichts: Am 22. November 1983 stimmte der Deutsche Bundestag der begonnenen Raketenstationierung zu. So ist das eben in der bürgerlichen "Demokratie": Der Wille des Volkes zählt nicht.

"Wintex/Cimex 89" stellte allerdings den früheren Irrsinn noch in den Schatten: Die im Nato-Drehbuch vorgesehenen 45 Atomsprengköpfe hätten nicht nur weite Teile der Bundesrepublik und der DDR durch Feuerstürme und radioaktive Niederschläge verwüstet, sondern auch Millionen Menschen getötet. Der damalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium Willy Wimmer (CDU) spielte im hochgeheimen Regierungsbunker an der Ahr den "Verteidigungsminister-Üb". (Der Bundeskanzler und alle Minister ließen sich immer durch Staatssekretäre oder Beamte vertreten.) Offenbar hatte Willy Wimmer das Drehbuch vorher nicht zur Kenntnis genommen. Jedenfalls war er entsetzt, was da für den "Ernstfall" vorgesehen war. Er informierte Bundeskanzler Kohl, daß er dieses Spiel auch übungshalber nicht weiter mitspielen wolle. Auf sein Betreiben hin wurde die Bundeswehr für den Rest des Manövers aus der Übung herausgenommen.

Die breitere Öffentlichkeit erfuhr davon nichts, und auch nach 21 Jahren haben die "Geschichts-Aufarbeiter" andere Ziele: Es gilt, von der aktuellen Misere, von Sozialabbau und Krieg am Hindukusch abzulenken, indem Gruselgeschichten über die DDR fabriziert werden. Überlassen wir die Geschichte nicht einem Guido Knopp, einer Frau Birthler und schon gar nicht einem Hubertus Knabe! Die wahre Geschichte des Kalten Krieges muß erst noch geschrieben werden.

 

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2009-02: Geschichtsklitterung – wer klittert?

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