Zum Hauptinhalt springen
Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Unser Thälmann

Eberhard Butter, Berlin

 

"Thälmann ist zu exekutieren", befahl Hitler dem Reichsführer SS, Himmler, am 14. August 1944 in einer Besprechung in der sogenannten "Wolfsschanze". Das Attentat auf den "Führer", drei Wochen vorher, hatte auf dem Himmlerschen Zettel seine Spuren hinterlassen. Vor der Notiz über den Mordbefehl gegen Thälmann wurde eine "Belohnung für Gördeler" erwähnt [Goederler, Carl-Friedrich. Ehemaliger Oberbürgermeister von Leipzig. Führender konservativer Widerstandskämpfer. Es ging um die Belohnung von 1 Mio. RM für die Denunziation des flüchtigen Goerdeler, der im Februar 1945 hingerichtet wurde]. Weiter war von der "Verhaftung (von) SPD-und KPD-Bonzen" und von "Kluge-Rommel" die Rede [Von Kluge Günther und Rommel Erwin. Generale der faschistischen Wehrmacht an der Westfront. Wahrscheinliche Mitwisserschaft um das Attentat auf Hitler. Beide Suizid 1944]. So ist das Papier ein bedeutendes Dokument jener Zeit, in der die faschistische Herrschaft mit dem Terror endete, mit dem sie begann, allerdings in einem solchen Ausmaß, das von ihrer Agonie bestimmt war. Zunehmend erfaßte der Terror auch ehemals eigene Gefolgsleute, die nicht mit dem Hitlerregime untergehen wollten.

Ernst Thälmann, bereits 11 Jahre ohne Gerichtsverfahren eingekerkert, war einer der bedeutendsten und gefährlichsten Gegner des deutschen Großkapitals und des Faschismus. Er wird bis heute bekämpft, denn der alte Klassenfeind ist der neue.

Er hat die Ehre der deutschen Arbeiterklasse und ihrer Kommunistischen Partei mit seinen Mitkämpfern bis zu seiner nächtlichen Ermordung in Buchenwald hochgehalten. Die deutschen Kommunisten brachten die größten Opfer im antifaschistischen Widerstand.

Deshalb ehrten ihn Kommunisten und Antifaschisten anläßlich seines 125. Geburtstages auf vielfältige Weise.

Größere Veranstaltungen fanden in Berlin, Hamburg und Ziegenhals statt. Auch in Chemnitz, Cottbus, Frankfurt /Oder, Weimar (Buchenwald), Freiberg, Dessau, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Stralsund und Rostock gedachte man des großen Arbeiterführers.

Am 16. April 2011 sprachen Egon Krenz, Hein Pfohlmann, Vorsitzender des Kuratoriums "Gedenkstätte Ernst Thälmann", Bettina Jürgensen, Vorsitzende der DKP, Prof. Dr. Siegfried Mechler, Vorsitzender des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden (OKV), Cilly Keller vom Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals, Steffi Wittenberg, VVN/BdA, Angelika Scheer, Vorsitzende des Deutschen Freidenkerverbandes Nord und Bea Trampenau, Wohn- und Ferienheim Heideruh e.V. auf einer Gedenkfeier der Hamburger Gedenkstätte [junge Welt, 19. April 2011, S. 10/11].

Egon Krenz betonte die "historische Rolle" Ernst Thälmanns in den Klassenkämpfen seit Beginn des 20. Jahrhunderts und analysierte dabei die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse mit ihren prägenden antikommunistischen Traditionen der BRD seit 1949. Die Erinnerung an ihn soll getilgt werden, weil seine Analysen der bürgerlich-kapitalistischen Ordnung und der Ziele und des Charakters des deutschen Faschismus nicht widerlegbar sind und sich bewahrheiteten ("… wer Hitler wählt, wählt den Krieg"). Deshalb also die Schleifung der Gedenkstätte Ziegenhals durch Duldung einer sozialdemokratischen Landesregierung, und deshalb auch die historische Abwertung des kommunistischen Widerstandes gegen den Faschismus. Die Verfolgung von Kommunisten und Gegnern der Remilitarisierung in der BRD zeigte sich in 250.000 Ermittlungsverfahren mit 10.000 Verurteilten. Ein Meilenstein dabei war das Verbot der KPD 1956.

Mit dem Anschluß der DDR an die BRD konnte der traditionelle Antikommunismus ein weiteres Feld bestellen. Es reicht von der Ausgrenzung des Großteils der DDR-Elite von der gesellschaftlichen Mitgestaltung, der Hetze gegen DDR-Sicherheitsbehörden bis zur "Antikommunismusdebatte" von Anfang 2011 und zu den Drohgebärden der Staatsmacht gegen die Linkspartei. Erforderlich sei jedoch "… endlich die Nachkriegsgeschichte beider deutscher Staaten im Kontext mit der Weltgeschichte aufzuarbeiten!" Überzeugend wandte sich Egon Krenz gegen die unter wissenschaftlicher Maske agierenden, vorwiegend altbundesdeutschen Thälmann-Erklärer. Denen und anderen warf er zu Recht vor, ihre Kritik an seiner Person und Politik außerhalb der historischen Bedingungen auszuüben ("Gewährsmann Stalins in der KPD!"). Die schwierige und nicht konfliktfreie Geschichte der KPD soll antikommunistisch umgeschrieben werden. Das Bild Thälmanns wird so verzerrt, daß seine "Irrtümer" und nicht seine Verdienste als wesentlich beschrieben werden, meint Egon Krenz.

Ellen Brombacher, Sprecherin der KPF der Partei DIE LINKE, sprach auf einer Gedenkkundgebung am 16. April 2011 im Berliner Ernst-Thälmann-Park vor dem Thälmann-Monument des sowjetischen Bildhauers Lew Kerbel. Weitere Redner waren Dieter Rolle (Vorsitzender der KPD) und Patrik Köbele (stellvertretender Vorsitzender der DKP)[ Mitteilungen der KPF, 5/2011, S. 39/41].

In Ziegenhals sprachen am 17. April 2011 bei internationaler Teilnahme unter anderen Max Renkl, Vorsitzender des Freundeskreises der Gedenkstätte, Klaus Blessing, 1. Vizepräsident des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden, und Andreas Küttner, Freundeskreis "Ernst-Thälmann-Gedenkstätte". Max Renkl informierte auch über den Stand des Ringens um den Erhalt der Gedenkstätte. Klaus Blessing ging auf Fragen der Aktionseinheit ein und Andreas Küttner sprach von den zahlreichen Ehrungen Thälmanns in Thüringen.

Das Historikerduo Eberhard Czichon und Dr. Heinz Marohn veröffentlichte in "junge Welt" [16./17. April 2011, S. 10/11] den Beitrag "Mit Fäusten und gesundem Verstand". Mit Spannung und politischem Gewinn liest man wichtige Abschnitte, die sich durch gründliche Recherche auszeichnen, aus dem Leben dieses aufrechten Kämpfers für seine Klasse. Das Bild seiner Persönlichkeit wird differenziert und deshalb überzeugend gestaltet, wenn u.a. auf seine Beziehungen zu Lenin, Trotzki, Clara Zetkin und Stalin eingegangen wird. Seine Irrtümer werden nicht verschwiegen und in ihr historisches Umfeld eingeordnet, teilweise aus ihnen abgeleitet. Das trifft insbesondere auf die These vom "Sozialfaschismus" zu, die ursprünglich auf Sinowjew zurückgeht (und nicht auf die KPD-Führung).

Ernst Thälmann sei nicht in der Lage gewesen, den unterschiedlichen Klassencharakter von faschistischer Bewegung und Sozialdemokratie zu analysieren, wenn er auch zwischen den reformistischen Führern der SPD und ihren Mitgliedern immer differenzierte.

Andererseits nennen die Autoren eine Reihe von Ereignissen, die die prinzipielle Ablehnung der Führung der SPD, mit der KPD gegen den Faschismus zusammenzuarbeiten, belegen ("rotlackierte Faschisten").

Stets suchte der Parteivorsitzende die Nähe zu den Arbeitern und anderen ausgebeuteten Lohnabhängigen. Nicht zuletzt deshalb gewann die KPD im November 1932 4,8 Millionen Wählerstimmen.

 

Mehr von Eberhard Butter in den »Mitteilungen«: 

2010-09: Harald Neubert: Die internationale Einheit der Kommunisten