Tunesien, Nordafrika, Naher Osten: Schluß mit der Zusammenarbeit mit Diktatoren!
Niema Movassat, MdB
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die gute Nachricht vorweg: Die tunesische Bevölkerung hat erfolgreich den jahrelang von der Europäischen Union unterstützten Diktator Ben Ali aus dem Land gejagt. Die Linke erklärt sich mit dieser Revolution solidarisch, wie sie sich auch mit den Protesten solidarisch erklärt, die derzeit in Ägypten gegen Mubarak stattfinden. Ben Ali war für Vetternwirtschaft, Unterdrückung und Inhaftierung politischer Gegner wie auch für die Chancenlosigkeit der Jugend verantwortlich. Tunesien hat jetzt die Chance auf Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit. [...]
Warum hat die Bundesregierung gemeinsame Sache mit einer der schlimmsten Diktaturen dieser Welt gemacht, obwohl Sie, Herr Westerwelle, hier heute gesagt haben, daß wir eine Wertegemeinschaft sind und daß wir Demokratie und Freiheit unterstützen? [...] Was allerdings als Grund für die Unterstützung Ben Alis viel schwerer wiegen dürfte: Er war ein stabiler Bündnispartner im sogenannten Kampf gegen den Terror. Dafür wurde gelassen in Kauf genommen, daß Tausende Menschen unrechtmäßig gefangen gehalten wurden, daß Millionen unterdrückt wurden und daß es Folter und Tötungen gab. Das ist wirklich eine Schande.
Eine ähnliche Politik verfolgen Sie von der Bundesregierung auch in Ägypten, wo Mubarak unterstützt und mit Waffen beliefert wird, solange er nur die muslimische Opposition unterdrückt. In der deutschen Außenpolitik galt bisher: Was "muslimisch" im Namen trägt, ist potentiell terroristisch. Null Differenzierung, null Kenntnis. Diese pauschalen Vorverurteilungen derer, die nicht sehen, daß es verschiedene Parteien und verschiedene Strömungen gibt, stärken am Ende die wirklich fundamentalistischen Kräfte. [...]
Wenn Sie Ihre Glaubwürdigkeit wiederherstellen wollen, dann ziehen Sie jetzt die richtigen Konsequenzen: Beenden Sie Ihre Kooperation mit Diktatoren!
Belassen Sie es im Fall von Ägypten nicht bei ein paar Worten, sondern entziehen Sie Mubarak sofort die komplette Unterstützung und machen Sie sich dafür auch in der EU stark! Dann wird er sich nicht mehr lange halten können.
Dann werden sich auch andere Diktaturen in der Region nicht mehr lange halten können.
Die Menschen, die sich nun auch in Ägypten, Jordanien, Jemen, Marokko und der Westsahara unter Lebensgefahr gegen ihre Unterdrücker erheben und für das kämpfen, was in Tunesien bereits erreicht worden ist, verdienen Respekt und Unterstützung. [...]
Aus der Rede am 27. Januar 2011 im Bundestag.