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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Texte zum Kommunismus

Bertolt Brecht

1

Aus dem MANIFEST, datiert 1944/45

So nun aber entstand, die jetzt vergeht, die Epoche des Bürgers.
Eisernen Griffes zerstörte die Bourgeoisie alle alten
Patriarchalischen stillen Idylle, zerriß die feudalen
Alten buntscheckigen Bande, geknüpft zwischen Knechten und Schutzherrn
Duldend kein anderes Band zwischen Menschen als nacktes Interesse
Barer Bezahlung. "Adlige Haltung" und "Ritterlichkeit" und
"Treues Gesinde", "Liebe zum Boden" und "ehrliches Handwerk"
"Dienst an der Sache" und "inn’re Berufung" ertränkt sie in
Eiskaltem Wasser der reinen Berechnung. Menschliche Würde
Macht sie zum Tauschwert, brutal setzend nun anstelle der vielen
Heilig verbrieften Freiheiten nur die Freiheit des Handels.
Kurz: an Stelle der innigen, frommen, scheinbar natürlichen
Ausbeutung setzt sie die offene, schamlos betrieben direkte.


2

Der Kommunismus ist das Mittlere

Eine Antwort nach der Uraufführung von Brechts "Die Mutter" auf den Vorwurf der bürgerlichen Presse, der Kommunismus sei nur die Sache einer kleinen extremen Minderheit (datiert 1932)

Wenn schon nicht die ganze Welt den Kommunismus
Für ihre Sache hält, so ist doch die Sache des Kommunismus
Die ganze Welt. Wir sprechen nicht für uns als
Einen kleinen Teil, sondern als Teil der Menschheit, der die
Interessen der Menschen (und nicht die eines Teiles) vertritt.
Zum Umsturz aller bestehenden Ordnung aufzurufen
Scheint furchtbar.
Aber das Bestehende ist keine Ordnung, sondern
Verordnete Unordnung und planmäßige Willkür.
Zur Gewalt seine Zuflucht zu nehmen
Scheint böse.
Aber da, wo das, was ständig geübt wird, Gewalt ist
Ist es normal und nichts Besonderes.
Der Kommunismus ist nicht das Äußerste
Aber wenn er nicht verwirklicht ist, gibt es keinen Zustand, der
Selbst von einem Unempfindlichen auf Dauer ertragbar wäre.
Der Kommunismus ist wirklich die geringste Forderung
Das Allernächstliegende, Mittlere, Vernünftige.
Wer sich gegen ihn stellt, ist nicht ein Andersdenkender
Sondern ein Nichtdenkender, ein nur an sich Denkender.
Niemand hat das Recht, daraus, daß wir kämpfen
Den Schluß zu ziehen, wir seien nicht objektiv. Der scheinbar
Objektive bürgerliche Skeptiker erkennt nicht oder
Will nicht erkennen lassen, daß er in diesem großen Kampf
Mitkämpft, indem er die permanente, aber durch den Usus
Lange Zeit dem Bewußtsein entrückte Ausübung der
Gewalt durch eine kleine besitzende Schicht
Nicht Kampf nennt. Es ist notwendig, dieser besitzenden Schicht auch
Sämtliche "Güter idealer Art" aus den Händen zu schlagen.
Was immer weiterhin "Freiheit", "Gerechtigkeit", "Menschlichkeit"
Bedeuten sollen – bevor diese Begriffe
Nicht von allem gereinigt sind, was ihnen ihrem
Funktionieren in der bürgerlichen Gesellschaft anhaftet, werden sie
Nicht mehr gebraucht werden können. Unsere Gegner sind
Gegner des Menschgeschlechts. Sie haben
Nicht "Recht" von ihrem Standpunkt aus: das Unrecht
Besteht in ihrem Standpunkt. Sie müssen vielleicht
So sein, wie sie sind, aber sie müssen nicht sein. Es ist
Verständlich, daß sie sich verteidigen, aber sie verteidigen
Den Raub und die Vorrechte, und verstehen darf hier nicht heißen
Verzeihen. Der dem Menschen ein Wolf ist, ist kein Mensch, sondern
Ein Wolf
Furchtbar
Böse
Unempfindlich
Stets nur das Äußerste wollend, was selbst zum kleinsten Teil verwirklicht
Die ganze Menschheit immer wieder ins Verderben stürzte.

3

Die Klassiker und ihre Zeit, aus ME-TI - Buch der Wendungen, datiert 1940

Die Klassiker lebten in den finstersten und blutigsten Zeiten.
Sie waren die heitersten und zuversichtlichsten Menschen.

Zusammengestellt von Manfred Wekwerth

"Der Kommunismus ist das Mittlere" – mit diesem Gedicht Bertolt Brechts hatten wir auf eine im Rheinischen Merkur veröffentlichte Position von Michael Brie geantwortet. Er hatte geschrieben: "Einige in der Linken können linke Positionen nicht von Positionen trennen, die eigentlich extremistisch sind. Es gibt in der Partei durchaus noch Mitglieder, die bereit wären, die politische Freiheit für die Ziele Gerechtigkeit und Gleichheit einzuschränken." Hierzu fand auf Einladung der Kommunistischen Plattform und des Marxistischen Forums am 7. Mai 2008 im "ND im Club" eine Podiumsdiskussion statt, an der neben Michael Brie und Hermann Klenner auch Ellen Brombacher und Stefan Liebich teilnahmen. Klaus Höpcke moderierte. Nach den Statements von Prof. Dr. Michael Brie und Prof. Dr. Hermann Klenner trug Renate Richter diesen Text vor. Mehr als 200 Teilnehmer folgten der prinzipiellen und zugleich sachlichen Diskussion, auf der vor allem programmatische Fragen behandelt wurden.