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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Schlaglichter der Spaltung Deutschlands

Dr. Norbert Podewin, Berlin

 

Potsdam 1945 – London 1947/48 – Berlin 1948

 

Ab 9. Mai 1945 schwiegen in Europa die Waffen: der Zweite Weltkrieg war beendet. Das vom deutschen Faschismus erstrebte "tausendjährige Reich" germanischer Prägung und weite Teile Europas lagen in Schutt und Asche. Die drei Hauptsiegermächte der Anti-Hitlerkoalition - UdSSR, Großbritannien, USA - tagten dann vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 in Potsdam. Im Abschlussdokument wurde u.a. in den "Politischen Grundsätzen" festgeschrieben, es werde "bis auf weiteres keine zentrale deutsche Regierung errichtet werden. Jedoch werden einige wichtige zentrale deutsche Verwaltungsabteilungen errichtet werden, an deren Spitze Staatssekretäre stehen ..." In den "Wirtschaftlichen Grundsätzen" wurde bestimmt: "Während der Besatzungszeit ist Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Mit diesem Ziel sind gemeinsame Richtlinien aufzustellen ..." Frankreich wurde wenig später in die Potsdamer Beschlüsse mit eingebunden und akzeptierte sie mit speziellen Vorbehalten.

5. März 1946: Die Legende vom "Eisernen Vorhang"

Die obersten Repräsentanten der USA und Großbritanniens machten sehr bald nach Kriegsende öffentlich: die "Russen" hätten eine territorial zu hohe Kriegsbeute erhalten. An der US-Universität Fulton/Missouri gab Winston Churchill, der im Juli 1945 von den Briten abgewählte Premierminister, am 5. März 1946 im Beisein von US-Präsident Truman das weltweit wahrgenommene Signal zur Eröffnung des Kalten Krieges. Sich des von Goebbels entlehnten Begriffs "Eiserner Vorhang" bedienend [1] klagte der Brite: "Hinter jener Linie liegen alle Hauptstädte der alten Staaten Zentral- und Osteuropas: Warschau, Berlin, Prag, Wien, Budapest, Belgrad, Bukarest und Sofia. Alle jene berühmten Städte liegen in der Sowjetsphäre und alle sind sie ... in ständig zunehmendem Maße der Moskauer Kontrolle unterworfen." Fazit: "... eines steht fest; das ist sicher nicht das freie Europa, für dessen Aufbau wir gekämpft haben." [2]

Der Beifall spendende US-Präsident war gleichen Sinnes, hatte er sich doch bereits als Senator 1941 gesinnungsmäßig positioniert: "Wenn wir sehen, dass Deutschland siegt, sollten wir Russland helfen, und wenn wir sehen, dass Russland siegt, sollten wir Deutschland helfen und ihnen auf diese Weise gestatten, so viele wie möglich umzubringen, wenn ich auch unter keinen Umständen einen Sieg Hitlers erleben möchte." [3] Auf deutsche Verhältnisse bezogen hieß das, die drei westlichen separaten Besatzungszonen zu verschmelzen und zum Staatsgebilde zu erheben.

Am 5. Oktober 1945, also noch vor Fulton, sprach bereits der lebenslange rheinische Separatist Konrad Adenauer Klartext: "Nach meiner Ansicht sollten die Westmächte die drei Zonen, die sie besetzt halten, tunlichst in einem rechtsstaatlichen Verhältnis zueinander belassen. Das Beste wäre, wenn die Russen nicht mittun wollen, sofort wenigstens aus den drei westlichen Zonen einen Bundesstaat zu bilden." [4]

1. Januar 1947 - 7. Juni 1948: von der Bi-Zone zum Separatstaat

Wichtigster Kampfplatz zur generellen Beseitigung des beschworenen "Eisernen Vorhangs" war das deutsche Besatzungsgebiet. Am 2. Dezember 1946 wurde in New York zwischen den USA und Großbritannien das "Abkommen über die Vereinigung der englischen und amerikanischen Besatzungszone in Deutschland" unterzeichnet; es trat zum Jahresbeginn 1947 in Kraft. Der sowjetische Vertreter im Alliierten Kontrollrat, der obersten Entscheidungsinstanz für Deutschland, verurteilte diesen Schritt in der Sitzung am 7. Februar und nannte ihn unvereinbar mit dem Potsdamer Abkommen. Briten wie Amerikaner blieben bei ihrem Kurs und drängten nun verstärkt die noch zögernden Franzosen zum Anschluss als Tri-Zone, sie wurde erst am 8. April 1949 Realität. Die Ministerpräsidenten der Bi-Zone wurden von ihren Militärgouverneuren bereits am 7./8. Januar 1947 über das Ziel eines separaten West-Staates BRD informiert.

Am 17. März 1948 traten drei Staaten in der belgischen Hauptstadt zusammen: Belgien, Niederlande, Luxemburg. Sie unterzeichneten den "Brüsseler Vertrag". Das Abkommen, maßgeblich von den USA gefordert, vereinbarte u.a. die gegenseitige militärische Unterstützung im Falle eines bewaffneten Angriffs in Europa; der künftige deutsche Weststaat stand bereits auf der Integrationsliste. Das neue Bündnis "Benelux" sowie die drei westlichen Sieger berieten dann 1948 (Februar/März - April/Juni) in London über die künftige Deutschland-Politik. Hier gelang es Briten und Amerikanern, die bisher gegenüber einem deutschen West-Staat zögernden Franzosen umzustimmen: man konnte sie "zur Anerkennung der Formel, man wolle die Grundlagen für die Beteiligung eines demokratischen Deutschlands an der Gemeinschaft der freien Völker schaffen, bewegen. Damit hatten die Westmächte ihre Absicht, einen westdeutschen Staat zu gründen, auf internationaler Bühne kundgetan." [5]

Die Potsdamer Beschlüsse vom 2. August 1945 über die gemeinsame Gestaltung eines antifaschistischen deutschen Einheitsstaates unter alliierter Kontrolle waren damit einseitig aufgekündigt und wurden Makulatur.

20. März/16. Juni 1948: Finale der Vier-Mächte-Verwaltungen

Mit wachsender Besorgnis verfolgten die sowjetischen Organe die Untergrabung der Potsdamer Vereinbarungen. Am 20. März 1948 tagte der Alliierte Kontrollrat, dessen Verlauf eine amtliche westliche Veröffentlichung so beschreibt: "Der sowjetische Oberbefehlshaber, Marschall Sokolowski, verlangt in der auf seinen Wunsch einberufenen und unter seinem Vorsitz stattfindenden Sitzung des Kontrollrates von den Vertretern der Westmächte Auskunft über die Richtlinien, die ihren Besatzungsbehörden nach den Londoner Beratungen zugegangen seien. Auf die Mitteilung der westlichen Vertreter, sie könnten erst nach Anfrage bei ihren Regierungen die gewünschten Informationen geben, erklärt Marschall Sokolowski, dass durch die Handlungen der Vertreter der Westmächte der Kontrollrat als oberstes Machtorgan in Deutschland faktisch nicht mehr bestehe. Er schließt die Sitzung und verlässt mit der gesamten sowjetischen Delegation den Raum. [6] Am 16. Juni 1948 endete dann auch die 93. Sitzung der Alliierten Kommandantur mit einem Eklat. "Die sowjetische Delegation unter Leitung von Oberst Jelisarow ... verlässt die Sitzung der Alliierten Kommandantur, nachdem sich der amerikanische Stadtkommandant, Oberst Howley, nach dreizehnstündiger Beratung ... beurlauben lässt. Oberst Jelisarow ... fasst dies als beleidigend auf und verlangt eine Entschuldigung von Oberst Howley. Die Alliierte Kommandantur stellt damit auf der Kommandanten-Ebene ihre Arbeit ein." [7]

Währungsspaltung und Teilung Berlins

Bereits im Herbst 1947 waren in den USA Banknoten für einen künftigen deutschen Währungsumtausch gedruckt worden. Am 19. Juni 1948 verkündeten die westdeutschen Rundfunkstationen die Umtauschaktion für den Folgetag. Die sowjetischen Behörden reagierten unverzüglich mit einer Totalabsperrung gegenüber den Westzonen, um eine illegale Umleitung der massenhaften alten Geldnoten in ihre Zone zu unterbinden. Offen blieben ab sofort nur noch die Luftkorridore. Plakate im sowjetischen Sektor informierten, dass Westberliner sich zum Lebensmittelbezug dort eintragen konnten, doch wer das tat, wurde öffentlich bloßgestellt und als "Zonen-Verfechter" diffamiert. Westliche Politiker und Medien suggerierten permanent die "Hungerblockade".

In der sowjetischen Zone und in Berlin wurde überstürzt die Währungsreform nachvollzogen - alte Banknoten mit Aufkleber ("Bärenmark") - kamen kurzzeitig bis zum Neudruck in Umlauf. Die Westmächte verweigerten die Einbeziehung der Westsektoren und setzten dort die D-Mark in Kraft. Vor dem Magistratssitz Neues Stadthaus/Ostsektor kam es mehrfach zu Massenprotesten von Betriebsbelegschaften gegen die Währungsspaltung der Stadt; Demonstranten drangen in den Sitzungssaal ein. - Die alliierten Bestimmungen schrieben einen Magistrat mit allen Parteien vor; mehrheitlich wurde er - seit den Oktoberwahlen 1946 - von der SPD dominiert und entsprach vorrangig internen amerikanischen/britischen Vorgaben. Stadtverordneten-Vorsteher Otto Suhr (SPD) wurde nach Protesten in Sachen Währungsspaltung bei der sowjetischen Kommandantur vorstellig und verlangte eine Bannmeile um das Neue Stadthaus, was abschlägig beschieden wurde. Fortan begann die "stille Verlegung von Magistratsbehörden in die West-Sektoren".

Juni 1948 - Mai 1949: "Rosinenbomber" über Berlin

Seit der Juni-Blockade flogen dort über drei Luftkorridore Militärflugzeuge der Westmächte ein. Die Maschinen landeten im Minutentakt auf den Flughäfen Tempelhof, Gatow und Tegel, entluden Frachten und flogen sofort in die Starthäfen zurück. Sektorenübergreifend populär hießen die Flieger alsbald "Rosinenbomber". Zeitgleich lief die Medienkampagne und schuf den Mythos der westlichen "Frontstädter", die östlichen Aushungerungsversuchen tapfer widerstanden. Tatsächlich gab es keine "Hungerblockade", die Bewohner der Westsektoren litten keinesfalls an Nahrungsödemen, die Westmark mit relativ stabilem Umtauschkurs von 1:4 zur Ostmark sicherte durch privaten Zukauf aus märkischem Umland vielfältigen Gemüse- und Obst-Nachschub.

Die 81. Sitzung der Berliner Stadtverordneten - sie war zum 6. September einberufen - wurde erneut begleitet von Protesten vor dem Neuen Stadthaus. Gruppen drangen zu den Abgeordneten vor; Otto Suhr gab bekannt: Sitzung vertagt. Er berief dann zum Abend das Parlament in die "Taberna academica" am Steinplatz/britischer Sektor ein. Während dem mehrheitlich Folge geleistet wurde, blieben die SED-Abgeordneten sowie weitere "Abtrünnige" aus den übrigen Fraktionen dem Tagungsort fern. Das verwaltungslose östliche Berlin geriet in chaotische Zustände. Am 30. November rief der stellvertretende Stadtverordneten-Vorsteher Ottomar Geschke (SED) zu einer Tagung im "Admiralspalast" Friedrichstraße auf. Abgeordnete, Vertreter von Gewerkschaften und Verbänden - insgesamt 1616 Teilnehmer - setzten dort per Votum den alten Magistrat ab und bestimmten die neue Instanz mit Oberbürgermeister Friedrich Ebert (SED). Eine anschließende Massenkundgebung Unter den Linden begrüßte den rettenden Schritt und spendete dem neuen Magistrat langanhaltend vielfach Beifall.

In den Westsektoren fanden Stadtverordneten-Wahlen dann am 5. Dezember 1948 statt; Oberbürgermeister des Westteils wurde Ernst Reuter (SPD). Luftbrücke und Blockademaßnahmen endeten formell am 12. Mai 1949: Vorausgegangen waren amerikanisch-sowjetische Geheimverhandlungen, mündend in ein Abkommen der vier Mächte.

Westliche Verantwortliche der Berliner Krise zeigten sich über diese Etappe des Kalten Krieges in Erinnerungen hoch erfreut. "Die Luftbrücke hat sich als ein großes strategisches Übungsfeld erwiesen. Alle früheren Erfahrungen über die Möglichkeiten der Luftversorgung im Krieg sind durch die Berliner Erfahrungen völlig über den Haufen geworfen", schrieb die Londoner "Times". Und ein Hauptorganisator, US-General Lucius D. Clay, hielt in seinen Erinnerungen "Entscheidung in Deutschland" fest: "Wir sammelten für militärische und zivile Zwecke unschätzbare Erfahrungen im Einsatz von Lufttransportmitteln. Die Kosten der Luftbrücke sind sehr wohl durch ihren Beitrag zur nationalen Verteidigung zu rechtfertigen."

Berlin war fortan für 4 Jahrzehnte im Wortsinn eine Doppelstadt. Ab 7. Oktober 1949 beanspruchte das östliche Deutschland - die nunmehrige Deutsche Demokratische Republik - Berlin als Hauptstadt. Die Gegenseite schrieb 1950 fest: "Berlin ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland [...] Grundgesetz und Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sind für Berlin bindend."

 

Anmerkungen:

[1] Der aus der Welt des Theaters stammende Begriff wurde während des Ersten Weltkrieges bereits von verschiedenen Autoren im Sinne einer unüberwindbaren Grenze im Bereich von Politik und Militär verwendet. - Red.
[2] Gerhard Kade: Die Bedrohungslüge, Berlin 1981, S. 119/121.
[3] George S. Wheeler: Die amerikanische Politik in Deutschland, Berlin 1958, S. 12.
[4] Bernt Engelmann: Schwarzbuch oder wie man einen Staat ruiniert; Göttingen 1994, S. 52.
[5] Helmut Kistler: Die Bundesrepublik Deutschland; Vorgeschichte und Geschichte 1945-1983, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1991, S. 85.
[6] Berlin. Behauptung von Freiheit und Selbstverwaltung 1946-1948; Herausgegeben im Auftrage des Senats von Berlin; Heinz Spitzing Verlag Berlin 1959, S. 437.
[7] Ebenda, S. 506.