Schädigung der Hessischen Verfassung abgewehrt
Die Aufgabe bleibt, die Grundsätze der Verfassung zu realisieren
Der nachstehender Aufruf verdient weite Verbreitung, da bei der kommenden Landtagswahl in Hessen am 28. Oktober 2018 auch über Änderungen der Hessischen Verfassung abgestimmt werden soll:
Die Verfassung des Landes Hessen ist die erste im Nachkriegsdeutschland beschlossene Verfassung. Sie strahlt bis heute die damalige Erkenntnis aus, dass es nie wieder Faschismus und Krieg geben dürfe. Dafür stehen die Ächtung des Krieges und das Verbot jeder Kriegsvorbereitung.
Durch einen Volksentscheid am 1. Dezember 1946 angenommen, kann diese Verfassung auch nur durch Zustimmung in einer Volksabstimmung geändert werden. Die hessische Landesregierung entschloss sich, diese Verfassung zu »reformieren«. Sie machte das vordergründig an der in der Verfassung enthaltenen Möglichkeit der Todesstrafe fest, obwohl diese durch das später in Kraft getretene Grundgesetz bereits ungültig geworden war.
Tatsächlich ging es maßgebenden Betreibern der »Reform« um etwas anderes. Unter den Änderungsvorschlägen befanden sich recht bald die nach Streichung der kapitalismus-kritischen und pro-sozialistischen Teile der Verfassung.
Zur Vorbereitung der Verfassungsänderung wurde eine Enquetekommission eingerichtet, mit Beteiligung von Vertreter/innen von Organisationen und Institutionen aus der Zivilgesellschaft, darunter Gewerkschaften, Kirchen, Juristenvereinigungen sowie Wirtschafts- und Sozialverbände. Insgesamt kamen weit über zweihundert Änderungs- und Ergänzungsvorschläge zusammen, über die im Verlauf von rund zwei Jahren diskutiert wurde. Zum Schluss kamen dabei allerdings nur noch 15 Änderungs- und Ergänzungsvorschläge heraus, die einvernehmlich von CDU, Grünen, SPD und FDP getragen werden; in einigen Punkten zustimmend auch von der Linksfraktion.
Für alle, die sich für die Verteidigung der Verfassung eingesetzt haben, ist das Ergebnis ein beachtlicher Erfolg.
An die substantiellen Bestandteile der Hessischen Verfassung wollte man offenbar dann doch nicht mehr herangehen, zumal neben der LINKEN vor allem SPD und Gewerkschaften, aber auch Sozialverbände und andere Teile der Zivilgesellschaft Widerstand signalisiert hatten.
Darüber hinaus waren CDU und andere offenbar auch kaum daran interessiert, dass es über die kapitalismuskritischen Teile der Verfassung zu einer größeren öffentlichen Diskussion kommt. Dabei wäre dann möglicherweise auch thematisiert worden, dass die CDU selbst, ebenso wie SPD und KPD, seinerzeit die Texte für die Verfassung erarbeitet hat.
Leider wurde es in der Zeit unmittelbar nach Inkrafttreten der Verfassung versäumt und auch verhindert, entscheidende Bestandteile der Hessischen Verfassung zu realisieren. Das Friedensgebot und das Verbot jeglicher Kriegsvorbereitung (Art. 69) verpflichten zu einer aktiven Friedenspolitik, zur Abrüstung und Entmilitarisierung. Rüstungswirtschaft, Rüstungsforschung und Rüstungsexport widersprechen den Verfassungsgeboten. Die Bundeswehr ist von Schulen, Hochschulen, Volksfesten, insbesondere dem Hessentag, fernzuhalten. Ein Unterrichtsfach Friedenserziehung ist einzuführen; die Friedensforschung ist finanziell auszubauen und Kriegspropaganda unter Strafe zu stellen.
Nach der Verfassung gilt das verbriefte Recht auf Arbeit, das jeder nach seinen Fähigkeiten hat (Art. 28). Aussperrungen sind rechtswidrig (Art. 29). Das Arbeitsentgelt hat der Leistung zu entsprechen und muss zum Lebensbedarf ausreichen (Art. 33). Oberster Grundsatz ist, wie in Artikel 3 formuliert: »Leben und Gesundheit, Ehre und Würde des Menschen sind unantastbar«.
Die Wirtschaft des Landes hat die Aufgabe, dem Wohle des ganzen Volkes und der Befriedigung seines Bedarfs zu dienen (Art. 38). Jeder Missbrauch der wirtschaftlichen Freiheit – insbesondere zu monopolistischer Machtzusammenballung und zu politischer Macht – ist untersagt (Art. 39).
In einer Zeit drohender Kriege und der neoliberalen, demokratiefeindlichen Durchdringung der Gesellschaft ist die Beachtung und Erfüllung der Grundsätze der Verfassung mehr denn je eine ebenso dringende wie aktuelle Aufgabe.
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Bitte einsenden an: Friedens- und Zukunftswerkstatt e. V., c/o Frankfurter Gewerkschaftshaus, Wilhelm-Leuschner-Str. 69-77, 60329 Frankfurt am Main, E-Mail: Frieden-und-Zukunft@t-online.de.
Quelle: www.frieden-und-zukunft.de.