Rußland heute – dynamisch und problemreich
Prof. Dr. Anton Latzo, Langerwisch
Politische Bilanz
Nach den zerstörerischen Bilanzen von Gorbatschow und Jelzin wurde während der Präsidentschaft von Wladimir Putin wieder ein Prozeß der positiven Entwicklung des Landes eingeleitet.
Die vergangenen acht Jahre zeichnen sich vor allem durch eine zunehmende Stabilisierung des politischen und wirtschaftlichen Lebens und eine gesellschaftliche Beruhigung in Rußland und durch die allmähliche Wiederkehr des Landes als Faktor der internationalen Staatenbeziehungen aus, dessen Gewicht und Stimme von den Großmächten wieder zur Kenntnis genommen werden muß. Bei seinem Amtsantritt im Jahre 2000 hat der sich jetzt verabschiedende russische Präsident Wladimir Putin seine Ziele in drei Punkten zusammengefaßt: Wiederherstellung eines starken Staates; Rückbesinnung auf die eigenen Fähigkeiten Rußlands, statt den Westen zu kopieren; Rußland wieder zum "Integrationsknoten" Eurasiens, zu einem aktiven Faktor der internationalen Politik zu machen.
In seiner Bilanzrede im Rahmen einer Staatsratssitzung im Kreml am 8. Februar 2008 wies Putin selbst darauf hin, daß die Ausgangssituation vor acht Jahren äußerst schwierig gewesen sei. Die politische Rechtlosigkeit des Volkes sei vorherrschend gewesen. Das produktive Volksvermögen wurde zerstört bzw. zur persönlichen Bereicherung Einzelner entfremdet und mißbraucht. Die Ersparnisse der Bevölkerung waren entwertet.
Die politische Praxis war davon geprägt, daß die Verwirklichung von Beschlüssen, Gesetzen und öffentlichen Vorhaben durch die Interessen und das Diktat von Monopolen (auch ausländische), Oligarchengruppen, Medienmagnaten und hemmungslosen Populisten ersetzt wurden.
Außerdem drohte der Separatismus russischer Regionen. In den meisten Teilen der Föderation galten Gesetze, die der russischen Verfassung widersprachen.
Von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung Rußlands, aber auch für die Möglichkeiten zur Stabilisierung der internationalen Beziehungen ist deshalb die Tatsache, daß dem regionalen Zerfall der Föderation Einhalt geboten werden konnte. Die Zergliederung, das Auseinanderbrechen Rußlands hätte nicht nur die inneren Unsicherheitsfaktoren verstärkt. Nationaler Zwist, Konkurrenz und Neid waren auf dem besten Wege, die russische Föderation zu einem Selbstbedienungsladen für die Oligarchen und das ausländische Kapital zu machen, die Russische Föderation in eine Peripherie der kapitalistischen Großmächte zu verwandeln, in der jede dieser Großmächte um das größte Stück vom Kuchen kämpft. Die negativen Wirkungen für die Zukunft Rußlands und für die internationale Lage und die Zunahme der Gefahren, die zu Krieg und weltweiter Zerstörung geführt hätten, wären nicht ausgeblieben.
Nachdem unter Jelzin die Oligarchen das Schicksal Rußlands der eigenen Bereicherung untergeordnet hatten, ist es Putin und den ihn stützenden Kreisen gelungen, die politische Macht dieser Oligarchengruppen zu brechen und ihnen die Hebel der wirtschaftlichen Macht aus der Hand zu nehmen. Damit sind ihre Möglichkeiten noch nicht beseitigt. Es wurde auch keine Gerechtigkeit wieder hergestellt. Der Staat, die staatliche Politik ist aber in der Lage, die Oligarchen zu kontrollieren, die negativen Wirkungen ihres Daseins und ihrer Handlungen unter Kontrolle zu halten.
Es ist ein wichtiges Ergebnis der bisherigen Politik während der Präsidentschaft Putins, daß sich die Oligarchen politisch nicht verankern konnten. Es ist ihnen auch nicht gelungen, eine eigene geistige oder anders geartete Infrastruktur in der russischen Gesellschaft (zum Beispiel eigene Schulen, Universitäten usw.) zu schaffen.
Dabei zeigen auch die letzten öffentlichen Auftritte von Putin als Staatspräsident, daß man durchaus auch mit Verschärfungen der inneren und internationalen Auseinandersetzungen rechnet. In der schon erwähnten Abschiedsbilanz formulierte Putin unter anderem: "Unverantwortliche Demagogie und Versuche, die Gesellschaft zu spalten, sowie im Zuge des innenpolitischen Kampfes ausländische Hilfe und Einmischung zu nutzen, sind nicht nur unmoralisch, sondern auch gesetzwidrig." Solche Versuche "schmälern die Würde" der russischen Bürger und schwächen die Demokratie im Lande, so Putin.
Wichtig im gesamten Prozeß war auch die Ausrichtung der Medien, besonders des Fernsehens, an den gesamtstaatlichen Anliegen.
Insgesamt ist eine Zentralisierung der Macht durchgesetzt worden, die sich an den nationalen Interessen Rußlands, an gesamtstaatlicher Stabilität und an der Herstellung bzw. Erhaltung der Durchsetzbarkeit der staatlichen Anliegen orientiert und sich in der Einrichtung einer Führungsstruktur äußert, in der das Präsidialamt die entscheidende Rolle spielt.
Nach wie vor steht aber die Aufgabe der Beantwortung der Frage nach der Rolle der einzelnen politischen und vor allem sozialen Kräfte, Schichten und Klassen in der russischen Gesellschaft. Von ihrer Beantwortung hängen in bedeutendem Maße die künftige Entwicklungsrichtung des Landes und die Stabilität der fortschrittlichen Entwicklung ab.
Bisher besteht konzeptionell Klarheit darüber, daß Rußland ein starker, einheitlicher und unabhängiger Staat mit eigenständiger Politik sein soll, der eine gewichtige Rolle in der Welt spielt. Noch nicht geklärt ist, welche Vorstellungen über die qualitative Substanz der Gesellschaft in Rußland und über ihre Entwicklungsperspektive bestehen.
Das wird auch durch die Abschiedsrede von Präsident Putin bestätigt. Hier sagte er: "Alle gesellschaftlichen Kräfte Rußlands müssen gemäß einem einfachen, aber lebenswichtigen Prinzip handeln: Nichts zum Schaden Rußlands und seiner Bürger – alles für Rußlands Wohlergehen, für seine nationalen Interessen und für die Sicherheit eines jeden russischen Bürgers." [www.rian.ru]
Zur Rolle der politischen Parteien bei der zukünftigen Entwicklung des Landes führte er aus, daß sie "… sich der riesigen Verantwortung für Rußlands Zukunft und die Einheit der Nation bewußt sein (müssen). Wie brisant die politischen Gefechte auch sein mögen, wie unlösbar die Widersprüche zwischen einzelnen Parteien auch erscheinen mögen – sie alle sind nicht so viel wert, um das Land an den Rand eines Chaos zu führen".
Das politische System Rußlands müsse nicht nur der nationalen politischen Kultur entsprechen, sondern sich auch zusammen mit dieser Kultur entwickeln, dann werde es gleichzeitig flexibel und stabil sein, so Putin in seiner Abschiedsrede.
Diese Aussagen widerspiegeln sowohl die nach wie vor komplizierte politische Situation im Lande. Sie geben aber auch zarte Hinweise auf die Notwendigkeit der Erarbeitung einer die einzelnen Komplexe zusammenführenden Gesellschaftskonzeption. Es kommt darauf an, in welche Richtung diese Standpunkte inhaltlich ausgebaut werden. Auf Dauer wird es nicht reichen, über die sehr wichtige Frage der Ausgestaltung des politischen Systems nachzudenken. Die Frage des Gesellschaftskonzepts dürfte sich mit zunehmender Dringlichkeit stellen.
Auf jeden Fall dürfte auf Dauer die bisher erfolgreich praktizierte Methode nicht ausreichen, wonach der Staat die Regulierung der russischen Gesellschaft weitgehend über die Wirtschaft verfolgt.
Hohes Wirtschaftswachstum
Im Vergleich zum Ende der 90er Jahre gehört Rußland laut Ergebnissen des Jahres 2007 gegenwärtig zu den sieben führenden Wirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum war konstant hoch. Im Jahre 2007 verzeichnete das Land ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 8,1 Prozent. In den Jahren 2000-2007 ist das BIP um insgesamt 72 Prozent gestiegen.
Internationale Beobachter führen diese Entwicklung vor allem auf zwei Gründe zurück. Erstens war der Weltmarktpreis für Erdöl und einige andere wichtige Exportprodukte Rußlands sehr hoch. Zweitens sei aber wesentlich gewesen, daß tiefe Strukturveränderungen stattgefunden haben und fortgesetzt werden. Dabei wird auf die in den letzten Jahren entstandenen modernen Dienstleistungsbereiche hingewiesen. Das Dienstleistungsspektrum reiche von Geschäften und Banken über Cafes bis hin zu Reisebüros und Tankstellen.
Gleichzeitig ist seit 2000 ein relativ konstantes Wachstum der Investitionen zu verzeichnen. Im Jahr 1997 betrug die Veränderung zum Vorjahr noch minus 5 und 1998 sogar minus 12 Prozent. In den folgenden Jahren lagen sie bei 10 Prozent und mehr Wachstum, um 2007 sogar 20,5 Prozent zu betragen. Daraus wird die Schlußfolgerung abgeleitet, daß sich Rußland an der Schwelle zu einem investitionsbasierten Wachstum befindet. Es bleibt aber abzuwarten, wie sich die russische Wirtschaftspolitik auf die neuen Bedingungen und Erfordernisse einstellt. Mit großer Sicherheit wird jedoch davon ausgegangen, daß die Wirtschaft, zumindest in den nächsten Jahren, in raschem Tempo weiter wachsen wird. [www.russlandanalysen.de]
Als weitere bedeutende Veränderung wird die Tatsache registriert, daß Rußland seine angewachsenen Exporterlöse sehr ökonomisch eingesetzt hat. Auch die staatliche Auslandsverschuldung ist weitgehend abgebaut worden (von 131 Milliarden USD im Jahre 1999 auf 38 Milliarden USD 2007). Die Devisenreserven sind von 12,5 Milliarden USD 1999 auf 476,4 Milliarden 2007 gestiegen.
Die Gehälter im öffentlichen Bereich sind auch erhöht worden. Der durchschnittliche Monatslohn hat sich von 62 USD im Jahre 1999 auf 589 USD im Jahre 2007 erhöht.
Nicht mithalten konnte die Gestaltung der Situation im Bereich der öffentlichen Investitionen in der Infrastruktur, im Gesundheitswesen, in der Bildungspolitik und in den Innovationsbereichen. Der Investitionsbedarf ist in diesen Bereichen sehr hoch.
Auch bei der Arbeitsproduktivität liegt Rußland hinter den anderen Ländern noch weit zurück. Das Hauptproblem der russischen Wirtschaft ist laut Putin deren deutlich ausgeprägte Ineffizienz. Auf eine wesentliche Problematik in diesem Zusammenhang verwies das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel: das Wachstumstempo der Arbeitsproduktivität in Rußland liegt gegenwärtig etwa 66 Prozent hinter dem Wachstum der Löhne zurück. In seiner Bilanzrede formulierte Putin mit Blick auf die Arbeitsproduktivität: "Innerhalb von 12 Jahren muß in den Hauptbereichen zumindest eine vierfache Steigerung dieser Eckziffer erzielt werden"!
Offensichtlich ist dies ein Hauptweg, um eine weitere Forderung zu erfüllen, die russische Wirtschaft aus der herrschenden "Ineffizienz" herauszumanövrieren und vor dem "Druck aus dem Westen zu schützen".
Rußland werde ohne Übergang zu einem innovativen Entwicklungsweg keine der strategischen Aufgaben lösen können und letzten Endes seine nationale Souveränität verlieren. "Die Strategie der innovativen Entwicklung Rußlands auf der Basis eines der wichtigsten Konkurrenzvorteile des Landes, und zwar der Nutzbarmachung des Menschenpotentials, zählt nach wie vor zu unseren Vorrangaufgaben", so Putin. Dabei sei das Tempo der innovativen Entwicklung wesentlich zu erhöhen. Die Wirtschaft muß runderneuert werden. "Wir haben die Wirtschaft bisher nur unsystematisch modernisiert", kritisierte er. Obendrein sei Rußland zu stark auf seine natürlichen Ressourcen – und damit vor allem auf die großen Öl- und Gasvorkommen – fixiert. Jetzt drohe dem Land eine wachsende Importabhängigkeit, während es zugleich zu einer Art Energielager für die Weltwirtschaft werde. Auf diese Weise könnten die Sicherheit des Landes und seine "normale Entwicklung" nicht garantiert werden. Rußland sei in seiner Existenz bedroht, warnte er. In diesem Zusammenhang werden verschiedene Gedanken in Zusammenhang mit Teilaspekten der künftigen Entwicklung geäußert.
Rußland müsse letzten Ende zu einem der Weltfinanzzentren werden. "Das ist mit solchem Umfang an Gold- und Devisenreserven selbstverständlich", betonte Putin. Er verwies darauf, daß im Januar 2008 "ihr Umfang die Marke von 484 Milliarden US-Dollar erreicht hat." An anderer Stelle seiner Rede sprach er sich für eine Kürzung des staatlichen Sektors in der russischen Wirtschaft und für eine aktive Mobilisierung von Privatinvestitionen aus. "Ein derart großer staatlicher Sektor geht über Rußlands Kräfte". Demzufolge müssen die russischen Behörden eine aktivere Beschaffung von Privatkapital für den staatlichen Sektor – Industrie und Sozialbereich – sichern. Tiefgreifende Änderungen in der Wirtschaftspolitik sind unwahrscheinlich. Die unter Putin entwickelte Politik dürfte in der einen oder anderen Form bestimmend bleiben.
Eine neue Etappe der russischen Außenpolitik
Die erfolgreiche ökonomische Entwicklung der letzten acht Jahre, die Stärkung der Finanzkraft und die Stabilisierung der inneren politischen Verhältnisse bilden die Grundlage für die gewachsene Fähigkeit Rußlands, auch weiterhin in den internationalen Beziehungen eine stabilisierende Rolle von der souveränen Position der wieder gewonnenen außenpolitischen Selbständigkeit zu spielen. Es wird immer deutlicher, daß Rußland erwartet, als eine in die internationale Politik zurückkehrende Großmacht betrachtet und behandelt zu werden. Der Anspruch Rußlands wurde in Kurzfassung in der schon zitierten Bilanzrede Putins am 8. 2. 2008 wie folgt formuliert: "Ich bin absolut sicher, daß unser Land seine Positionen als einer der globalen Spitzenreiter festigen wird und daß unsere Bürger würdig leben werden." [www.rian.ru]
Einen Meilenstein in dieser Richtung bildete ohne Zweifel die Rede des russischen Präsidenten in München im Februar 2007.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow präzisierte kürzlich in einem Artikel: "Wir wollen lediglich fest auf eigenen Beinen stehen, und das entspricht auch den Vorstellungen der Amerikaner, Franzosen, Deutschen und anderen Völkern über sich und ihre Länder. Das ist das Minimum, das unsere partnerschaftlichen Beziehungen auf dem internationalen Schauplatz sicherstellt." [www.ln.mid.ru am 18. 12. 2007]
Er versicherte zugleich, "daß die russische Außenpolitik prinzipiell nicht konfrontationsgerichtet ist". Ausgehend von der Tatsache, daß die russische Diplomatie eine neue und festere Grundlage erworben hat, zeigt sie aber eine gewachsene Entschlossenheit, "im Rahmen der universellen demokratischen Werte unseren eigenen und nicht von außen aufgedrängten Weg (zu) gehen, unsere jahrtausend alten Traditionen achten und bewahren". Rußland lehnt mit Entschiedenheit die "um uns herum geführte propagandistische Arbeit", die von der These über den "Sieg im Kalten Krieg" ausgeht, ebenso ab, wie die von der "einpoligen Welt". "Einige wollten uns das Stimmrecht in der Weltpolitik und sogar das Recht verweigern, unsere inneren Angelegenheiten eigenständig zu lösen, sie wollten uns sogar den eigenen Platz in der Geschichte verweigern", so Lawrow. Der Außenminister geißelt die Versuchung derjenigen, die "die zweifelhafte Idee, ‚Das Licht komme aus dem Westen’, das dort Erreichte sei das Endprodukt der menschlichen Entwicklung, eine Art ‚Ende der Geschichte’", für die letzte Wahrheit halten.
Die hauptsächlichen Bemühungen der russischen Außenpolitik sind darauf gerichtet, die internationale Zusammenarbeit entsprechend den neuen Bedingungen nach Ende des Kalten Krieges zu organisieren.
Stärker als zuvor dürfte Rußland bemüht sein, das eigene Verständnis von Multilateralität in den internationalen Beziehungen durchzusetzen. Dieses geht davon aus, daß richtige Mehrseitigkeit nicht von der Zahl der Teilnehmer abhängt, sondern von den Modalitäten des Zusammenwirkens: sie setzt gemeinsame Analyse und gemeinsame Beschlußfassung voraus, und auf dieser Grundlage gemeinsame Verantwortung. Teilnahme an einseitig erdachten Militäraktionen, "Koalitionen der Willigen" und dergleichen mehr bilden nach russischer Auffassung keine Mehrseitigkeit. In den Beziehungen zur Europäischen Union sieht Rußland die "kollektive Einseitigkeit" der EU als Problem. Aus der Art des Zusammenwirkens der EU-Staaten bei der Abstimmung ihrer Positionen gegenüber Rußland resultiert nach russischer Auffassung eine "blockartige Position", die sich negativ auf die Beziehungen Rußland – EU auswirkt. Unannehmbar für Rußland ist auch die Rückkehr zur Praxis der Vergangenheit, als seine Beziehungen zur EU und zu einzelnen europäischen Staaten in großem Maße als Funktion der russisch-amerikanischen Beziehungen praktiziert wurden.
Zu einem wichtigen Feld der internationalen Politik Rußlands könnte in Zukunft die Frage des Aufbaus offener Systeme der kollektiven Sicherheit werden. Lawrow weist darauf hin, daß dies eine "akute" Frage ist. Damit verfolgt Rußland "die Transformation der globalen und regionalen Sicherheitsarchitektur auf der Grundlage der Gleichberechtigung gemäß den Anforderungen der Zeit". Von der Fähigkeit der Staaten, dies zu tun, hängt nach russischer Auffassung der Erfolg des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus, gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Drogenverkehr, Überwindung der globalen Armut, Gewährleistung der Energiesicherheit, Lösung der Probleme des Klimawandels ab.
Rußland weist auf die großen Risiken hin, wenn man versucht, Probleme wie den KSE-Vertrag, das Raketenabwehrsystem, der Kosovo, verschiedene Aspekte der Nahostregelung, Irans Atomprogramm wieder auf Grund von einseitigen, insbesondere militärischen Schemata, über die Isolierung einer der Seiten zu lösen.
Ein weiterer Vorschlag der russischen Außenpolitik zielt auf die Schaffung "neuer flexibler Formen der gemeinsamen Leaderschaft (kollektive Leadership – A.L.), die auf der gemeinsamen Berücksichtigung von Interessen und auf dem Bewußtsein der Verantwortung für die Geschicke der Welt beruhen. Die russische Seite nennt das Vorhaben "Konzert der Mächte des 21. Jahrhunderts".
Die Notwendigkeit wird aus der Tatsache abgeleitet, daß die Zahl der globalen Probleme wächst und deshalb ein gemeinsames Vorgehen notwendig ist. Es wird aber auch darauf hingewiesen, daß sich die Zahl der Wachstumszentren und der Kräfte vermehrt, die diese Probleme beeinflussen. Die Multipolarität ist eine objektive Realität, der man bei der stabilen Lösung von Problemen Rechnung tragen müsse.
Den Sinn solcher Vorschläge hat Außenminister Lawrow wie folgt zusammengefaßt: "Rußland wird auch ferner eine stabilisierende Rolle in globalen Angelegenheiten spielen und zu diesem Zweck seine Möglichkeiten in der modernen Welt nutzen. Aber wir werden es niemandem erlauben, uns in die Konfrontation jeder Art einzubeziehen. Nie werden wir neuen ‚Heiligen Allianzen’ angehören, gegen wen sie auch gerichtet sein mögen."
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2007-06: Ausbeutung und Krieg