Real existierende Sozialdemokratie ist Teil des Establishments
Arne Brix, Berlin, Delegierter des Bielefelder Parteitags
Liebe Genossinnen und Genossen, in einem Antrag an den Parteitag kritisiert das fds, dass wir den strategisch-politischen Diskurs in unserer Partei vernachlässigt haben. Das teile ich. Das politische Tagesgeschäft bindet jedoch viele Kräfte, um solche Erfolge wie in Bremen und Hamburg zu verzeichnen. DIE LINKE ist dadurch ein stabiler politischer Faktor in Ost und West geworden. Zugleich jedoch ist aus meiner Sicht eine Debatte unabdingbar, wie wir angesichts der sich verschärfenden sozialen Ungleichheit in Deutschland und der autoritären und undemokratischen Krisenpolitik unsere politische Wirksamkeit steigern können.
Damit aber endet die Gemeinsamkeit mit dem fds. Denn dessen Schlussfolgerung, die es aus dem Status quo ableitet, führt nach meinem Dafürhalten in eine völlig falsche Richtung. Sie stellen wie so oft auf das Ziel einer linken Regierungsbeteiligung ab. Das ist zu kurz gesprungen und wird den politischen Realitäten in diesem Land nicht gerecht. Auch Gregor hat ja vor kurzem erneut inhaltliche Kompromisse angemahnt, um eine rot-rot-grüne Koalition im Bund zu ermöglichen, unter anderem im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr.
Liebe Genossinnen und Genossen, wenn wir Gregors geforderte Kompromisse machen würden, um mit dieser SPD ein Bündnis einzugehen, dann ist das der schnellste Weg für unsere Partei in die politische Bedeutungslosigkeit.
Die real existierende Sozialdemokratie, und da sollten wir uns keiner Illusion hingeben, ist Teil des neoliberalen Establishments. Sie setzt weiterhin auf die Agenda der Armut, der Demütigung, der Zurückweisung und der Entdemokratisierung. In entscheidenden Fragen steht sie auf der falschen Seite: Die SPD ist für die Schuldenbremse und die fatale Austeritätspolitik, sie stimmt TTIP und der Vorratsdatenspeicherung zu, sie ist gegen die Vermögenssteuer und gegen eine humane Asyl- und Flüchtlingspolitik. Mit dieser SPD sollten wir uns nicht gemein machen, liebe Genossinnen und Genossen.
Es ist nicht unsere Aufgabe, uns in eine Politik einbinden zu lassen, die sich mit den Machtverhältnissen abgefunden hat und im besten Fall die schlimmsten Auswirkungen dieser Machtverhältnisse abfedern will. Aufgabe linker Politik ist es, diese Machtverhältnisse grundsätzlich in Frage zu stellen und zu bekämpfen.
Nehmen wir die Erfahrungen unserer Freundinnen und Freunde der linken Bewegungen in Griechenland und Spanien ernst. Stark wird linke Politik vor allem dann, wenn sie sich klar gegen das neoliberale Establishment positioniert. Ein innerparteilicher Diskurs, wie wir uns hier besser profilieren, ist dringend geboten, um künftige Wahlerfolge für die LINKKE zu erzielen.
(Vorbereiteter Diskussionsbeitrag, der nicht gehalten werden konnte.)
Mehr von Arne Brix in den »Mitteilungen«:
2015-01: 20 Jahre Pflegeversicherung – 20 Jahre Privatisierung des Pflegerisikos
2008-09: Nazis für ein weißes Europa
2007-06: Jugendorganisationen der WASG und Linkspartei.PDS formierten sich neu