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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Politikwechsel notwendig

Konrad Hannemann, Eisenhüttenstadt

Liebe Genossinnen und Genossen, die LINKE im Land Brandenburg hat eine bewegte Zeit hinter sich und wahrscheinlich eine nicht weniger bewegte vor sich. Es ging und geht dabei um sehr grundsätzliche Fragen, bei denen wir als Kommunisten in der Partei sehr gut überlegen müssen, wie wir uns dazu stellen. Einerseits dürfen wir grundsätzliche Positionen nicht preisgeben, andererseits sollten wir den Kontakt zu der Mehrzahl der Mitglieder unserer Partei nicht verlieren. Das ist, wie so oft, eine Gratwanderung.

Ihr wißt, daß es schon seit etwa einem Jahr darum geht, ob sich Die LINKE im Land Brandenburg an der Landesregierung beteiligt oder nicht. Da hinein spielt der Wahlkampf mit unzähligen Gesprächen mit Bürgern, an denen auch wir uns beteiligt haben.

Dabei konnten wir wahrnehmen, daß viele Menschen große Hoffnung auf eine Politikwende im Lande mit Hilfe der LINKEN gesetzt haben. Als Kommunisten sind wir uns bewußt, wie begrenzt die Möglichkeiten einer sozialistischen Partei in einem kapitalistischen Staat sind. Es besteht stets die Gefahr, daß in den Menschen falsche Hoffnungen geweckt werden und daß sie sich enttäuscht von uns abwenden, wenn wir diese nicht erfüllen können, weil wir nicht die Macht dazu haben.

Aber sollten wir den Wählern sagen: "Wählt uns nicht. Wir können sowieso nichts ändern"? Schließlich haben alle bemerkt, welche Grenzen auch die Oppositionspolitik hat. Nur wenig haben wir aus dieser Position durchsetzen können, weil auch die besten und konstruktivsten Anträge durch andere Mehrheiten abgeschmettert wurden.

Dabei konnte sich die SPD in Brandenburg bequem dahinter verstecken, daß ihr Koalitionspartner, die CDU, nicht mitspielt. Hinter diesem Vorwand konnte die SPD ihre eigenen Wahlversprechungen brechen.

Der Gedanke, daß die SPD im Bündnis mit der LINKEN ihre Wahlversprechungen einhalten muß, ist deshalb nicht unberechtigt. Hinzu kommt, daß unsere Verhandlungsgruppe im Koalitionsvertrag der SPD Zugeständnisse abgerungen hat, die mit der CDU nicht möglich gewesen wären. Dieser Argumentation ist die weit überwiegende Mehrheit der Delegierten auf zwei Landesparteitagen und einer Aktivkonferenz gefolgt. Wir mußten also gut überlegen, wie wir uns dazu stellen.

Auf dem Landesparteitag, der über das Landtagswahlprogramm entschied, sagten wir also: "Als KPF stehen wir der Regierungsbeteiligung in einem kapitalistischen Staat grundsätzlich kritisch gegenüber. Wenn aber dadurch im Land ein Politikwechsel erzielt wird, können wir uns dem nicht verschließen."

Wir machten unser Verhalten also davon abhängig, wieweit mit dem abzuschließenden Koalitionsvertrag ein solcher Politikwechsel eingeleitet würde.

Als der zu bestätigende Koalitionsvertrag dann vorlag, ging die Meinung bei den der KPF angehörenden Delegierten darüber auseinander, ob er diesem Anspruch gerecht wird. Dementsprechend teilte sich auch die Zustimmung bzw. Ablehnung auf dem Landesparteitag am 4. November in Strausberg.

Dort führten die Delegierten der Linksjugend "solid", unterstützt vom Genossen Wolfgang Neskovic und wenigen älteren Delegierten, einen energischen Kampf um die Aufnahme von Nachverhandlungen, um eine Reihe von ihnen erhobener Forderungen zum Koalitionsvertrag durchzubringen. Aber Fraktion und Landesvorstand behaupteten entschieden, daß das nicht möglich sei. Die 20 Ja-Stimmen reichten dann nicht aus, den Antrag der Jugendlichen zu bestätigen. Ich persönlich halte es für fatal, daß die Mehrheit der Delegierten sich in dieser Weise gegen unsere Jugend gestellt hat.

Als es dann zur Abstimmung über den Koalitionsvertrag kam, waren es nur noch 15 Gegenstimmen. Die Jugendlichen dürften bemerkt haben, daß KPF-Angehörige unter denen waren, die den Koalitionsvertrag ablehnten.

Liebe Genossen, zu meinem Bedauern muß ich feststellen, daß es uns auch nach dem Landesparteitag nicht gelungen ist, eine gemeinsame Erklärung im Landeskoordinierungsrat zu beschließen. Keiner der Entwürfe fand eine Mehrheit. Einig sind wir uns über die kritikwürdigen Punkte im Koalitionsvertrag. Das sind hauptsächlich:

l. In der Präambel sind Formulierungen enthalten, die den öffentlichen Zeitgeist bedienen und die Entstellung der historischen Wahrheit befördern. Das betrifft insbesondere das Verhältnis von SPD und KPD zum Zeitpunkt ihrer Vereinigung.

2. Es ist nicht hinnehmbar, daß tariflich bezahlte Beschäftigung abgebaut wird.

3. Das Aussteigen aus der Braunkohleverstromung ist zwar keine Tagesaufgabe, aber das Abbaggern weiterer Dörfer ist zum großen Ärger vieler Lausitzbewohner in diesem Vertrag nicht ausgeschlossen. Das hat uns harte Kritik eingebracht.

Die CSS-Technologie wurde trotz breiten Widerstands von Bürgerbewegungen nicht grundsätzlich verworfen, sondern Vattenfall wurde die Chance eingeräumt, sie wissenschaftlich begründen lassen. Damit ist nicht gewährleistet, daß Brandenburg im Bundesrat gegen diese Technologie stimmt.

4. Ohne Not wurde den Lisabonner Verträgen die Zustimmung gegeben, obwohl die Gesamtpartei sie ablehnt. Dieser Passus hätte im Vertrag gar nicht erscheinen dürfen.

Die Meinungsverschiedenheiten im Landeskoordinierungsrat laufen also darauf hinaus, ob man bei diesen Kröten, die geschluckt wurden, noch von einem Politikwechsel sprechen kann oder nicht. Sachlich muß man allerdings feststellen, daß wir bei der auf dem Landesparteitag herrschenden Stimmung die Annahme des Koalitionsvertrages ebenso wenig hätten verhindern können wie die Jugendlichen. Jetzt kommt es darauf an, wie wir uns weiterhin der Situation stellen. Und darin sind wir uns wieder einig.

Wenn wir als KPF glaubhaft sein wollen, müssen wir in dem Sinne für die Interessen der Bürger eintreten, wie es im Landeswahlprogramm versprochen wurde. Wir haben also die Parteivorstände und die Fraktionen auf Kreis- und Landesebene darin unterstützen, die positiven Seiten des Vertrages im praktischen Leben durchzusetzen. Darüber hinaus müssen wir die SPD unter Druck setzen, daß sie nicht nur ihre Verpflichtungen laut Vertrag erfüllt. Auch jene Forderungen, die unsere Verhandlungsgruppe nicht durchsetzen konnte, gilt es, gemeinsam mit den Bürgern immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen und das mit außerparlamentarischen Aktionen zu unterstützen.

Dabei ist der auf dem Landesparteitag zusätzlich gefaßte Beschluß hilfreich, der dazu auffordert, gegen den Stellenabbau im öffentlichen Dienst zu kämpfen.

Erfolgreich werden wir nur sein, wenn wir mit den Gewerkschaften, der Friedensbewegung, den Sozialverbänden und anderen linken Kräften zusammenwirken. Die Regierungspolitik unserer Landespartei werden wir in diesem Sinne kritisch begleiten.

Eigenständige Beiträge leisten wir, indem wir für das Jahr 2010 wieder einen Plan der Öffentlichkeitsarbeit aufstellen, den wir zusammen mit anderen linken Kräften umsetzen. Darüber hinaus pflegen wir den Gedankenaustausch mit tschechischen, slowakischen und polnischen Kommunisten, insbesondere zu der Frage, wie ein künftiger Sozialismus aussehen sollte. In diesem Sinne stellen wir uns weiterhin dem Kampf, wie es von uns als Kommunisten erwartet wird.