Parteibasis nicht entmündigen
Bundessprecherrat der Kommunistischen Plattform
Die LINKE muß nach Meinung von Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck den innerparteilichen Klärungsprozeß forcieren, um auf Bundesebene zum potentiellen Koalitionspartner anderer Parteien zu werden.
Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel meint, erst wenn die LINKE "endlich den Kampf zwischen linken Demokraten und linken Sektierern" ausgetragen habe, "werden wir wissen, ob es sich lohnt, miteinander zu reden."
Das 2011 per Urabstimmung zu beschließende Grundsatzprogramm der LINKEN solle so ausfallen, so der Bundesinnenminister De Maizière, "daß es danach keinen Anlaß mehr zur Beobachtung gibt".
Immer klarer zeichnet sich ab: Der Programmentwurf vom 20. März 2010 ist all jenen ein Dorn im Auge, denen antikapitalistische Positionen mehr als suspekt sind. Antikapitalismus ist ein Fall für den Verfassungsschutz. Begreifen jene den vorliegenden Programmentwurf zumindest weitgehend ablehnende Genossinnen und Genossen in der LINKEN nicht, in wessen Gesellschaft sie sich begeben? Oder stört das fds [Forum Demokratischer Sozialismus] diese Gesellschaft nicht, weil ihnen nichts wichtiger ist, als "auf Bundesebene zum potentiellen Koalitionspartner anderer Parteien zu werden"? Die Angriffe führender Protagonisten des fds auf den Programmentwurf sind von so prinzipieller Härte, daß man sich unwillkürlich fragt, ob schon ein neuer Entwurf in irgendeinem Schreibtisch liegt. Prinzipielle Kapitalismuskritik soll durch einen Sowohl-als-auch-Kapitalismus ersetzt werden. Prinzipielle Kapitalismuskritik ist in den Augen der fds-Protagonisten neokommunistisch, sie zeichne eine Elendswelt, als gäbe es im Kapitalismus nicht auch anderes als Elend, sie male ein Horrorszenario, als brächte Kapitalismus nicht auch Innovation und Fortschritt. Der Kapitalismus soll weicher gezeichnet, die Geschichte der sozialistischen Bewegung soll härter gegeißelt, Regierungsbeteiligung soll ohne rote Linien befürwortet werden, und die friedenspolitischen Prinzipien der LINKEN sollen der Möglichkeit, Militäreinsätze nach Kapitel VII der UN-Charta als ultima ratio anzuerkennen, nicht länger im Wege stehen.
Dies sind nicht die Vorstellungen der Parteibasis. Wir haben seit dem 20. März 2010 an einer Vielzahl von Veranstaltungen zum Programmentwurf teilgenommen. Im Osten wie im Westen. Und immer befürwortete eine nicht knappe Mehrheit den antikapitalistischen Charakter des vorliegenden Programmentwurfs. Wir sagen in voller Verantwortung: Die Ersetzung dieses Entwurfs durch einen dem Innenminister gemäßen käme in der Sache einem Putsch in der Partei gleich. Die Basis sollte ihre Position zum vorliegenden Programmentwurf vielfach bekannt machen, bevor womöglich andere Tatsachen geschaffen werden. Eine Sommerpause haben wir nicht.
Mit solidarischen Grüßen, Bundessprecherrat der Kommunistischen Plattform
Berlin, 24. Juni 2010