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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Operation Schweinebucht: Vor 50 Jahren landeten die USA in Kuba

Horst Schäfer, Berlin

 

Vor 50 Jahren überfielen die USA mit Flugzeugen, einem von Pentagon und CIA ausgebildeten Invasionsheer, das vorwiegend aus exil-kubanischen Söldnern bestand, sowie einer stattlichen Flotte Kuba. Die direkte Invasion dauerte vom 17. bis 19. April und endete mit einem großen Fiasko für die Aggressoren. Unter der persönlichen Leitung von Fidel Castro wurden die Eindringlinge von der Armee und Polizeikräften zurückgeschlagen und mehr als 1200 gefangengenommen.

Die Vorbereitung des Unternehmens mit dem Tarnnamen "Operation Zapata" hatte bereits 1959 kurz nach dem Einzug von Fidel und Raul Castro und seiner Revolutionäre in Havanna begonnen. In mehreren Konferenzen von Präsident Dwight Eisenhower mit dem Nationalen Sicherheitsrat (NSC) im Januar und März 1959 wurde die Sorge geäußert, daß "der Sieg Castros Schwierigkeiten mit den lateinamerikanischen Diktatoren bringen könnte" – und die waren zumeist Diktatoren von Washingtons Gnaden. Parallel zur Invasionsvorbereitung plante die US-Regierung, die Gebrüder Castro sowie Che Guevara ermorden zu lassen.

Mit der Planung der Invasion wurden von der US-Regierung die gleichen Leute in der CIA betraut, die 1954 den blutigen Putsch gegen die Regierung Arbenz in Guatemala erfolgreich durchgeführt hatten. Die Terror-Ausbildung der angeworbenen Exil-Kubaner fand in streng abgeschirmten Lagern in den USA und in Guatemala statt.

Im Herbst 1959 legten Außen- und Verteidigungsministerium zusammen mit der CIA den Invasionsplan vor, der am 17. März 1960 ? 13 Monate vor dem Überfall ? von Präsident Eisenhower gebilligt und im Januar 1961 nahezu unverändert vom neuen Präsidenten John F. Kennedy übernommen wurde. Gleich im ersten Satz des Dokuments wird das Ziel der geplanten Aggression klar formuliert: "Der Zweck des hier dargestellten Programms ist es, das Castro-Regime durch eines zu ersetzen, das … annehmbarer für die USA ist, und zwar auf eine solche Weise, die den Anschein einer US-Intervention vermeidet." Das Programm, das nicht einmal zu einem Drittel freigegeben wurde, ist trotzdem eines der wichtigen Zeugnisse für den staatlichen Terrorismus der USA gegenüber Kuba. Die vier Punkte für die Vorbereitung der Invasion würden selbst in der zensierten Version für eine Anklage wegen Bruch des Völkerrechts vor dem Internationalen Strafgerichtshof in den Haag ausreichen.

Auch heute noch bestimmt dieses 51 Jahre alte Dokument die Grundrichtung der US-Politik gegenüber Kuba. Als erste Voraussetzung für die US-Invasion wird im Programm "die Bildung einer verantwortlichen, wirkungsvollen und vereinigten kubanischen Opposition zum Castro-Regime" gefordert. Um Castros Grundlage der Unterstützung durch das Volk zu unterminieren, sei es notwendig, "Mittel für die Massenkommunikation zum kubanischen Volk zu entwickeln, damit eine machtvolle Propaganda-Offensive im Namen der erklärten Opposition initiiert werden kann". Für diesen Zweck soll auch ein nicht als US-Station zu identifizierender Radiosender – Radio Swan – genutzt werden. Die "Bildung einer verdeckten Organisation innerhalb Kubas für Geheimdienst-Informationen und -Aktionen, die den Anordnungen und der Leitung der 'Exil'-Opposition folgt", habe bereits begonnen. Das Gleiche gelte "für die Bildung einer entsprechenden paramilitärischen Streitmacht außerhalb von Kuba" zusammen "mit der Schaffung der Mechanismen für die notwendige logistische Unterstützung für verdeckte militärische Operationen auf der Insel".

Der psychologischen Kriegsführung war nach dem Willen der Eisenhower-Regierung vor und während der Invasion eine wichtige Rolle zugedacht. Bis wenige Monate vor dem Angriff sollte sich die oben erwähnte "neutrale" Radiostation mit großer Reichweite durch interessante Musikprogramme und unverfängliche Texte einen großen Hörerkreis in Kuba sichern. Wichtigste Aufgabe war es, die Invasion dann mit einer Hetz-, Verleumdungs-, und Desinformationskampagne vorzubereiten. So sollten laut dem CIA-Plan "Gerüchte verbreitet werden" und insbesondere die kubanischen Streitkräfte "eingeschüchtert, zum Desertieren veranlaßt, zur Panik getrieben oder verunsichert werden". Weiter komme es darauf an, "der Welt das gewünschte Bild eines inneren Konflikts zu präsentieren und die US-Beteiligung zu minimieren". In den kubanischen Küstengewässern sollte eine auf einem Schiff untergebrachte Radiostation einen kubanischen Oppositionssender vortäuschen und den auch auf Flugblättern verbreiteten Aufruf ausstrahlen: "Zu den Waffen! Für ein Freies Kuba und ein einheitliches Amerika."

Der US-Regierungs-Sender Stimme Amerikas und die zum Außenministerium gehörende Regierungs-Propagandabehörde United States Information Agency (USIA) waren voll in die Kriegsvorbereitungen eingebunden. Die USIA war auch für die Propagandastationen Radio Free Europe und Radio Liberty verantwortlich. Seit den 80er Jahren betreibt sie die Rundfunk- und TV-Station Marti, die immer noch exklusiv nach Kuba sendet und als Hauptziel den Sturz der Regierung Castro und einen Regime-Wechsel in Kuba verfolgt. Der Etat der Propaganda-Organisation liegt bei weit über einer Milliarde Dollar. Zur ökonomischen Vorbereitung der Invasion gehörten die erhebliche Reduzierung des Handels mit Kuba durch verdeckte und offene Beschränkungen sowie am 16. Dezember 1960 die komplette Einstellung des Zuckerimports von der Insel. Nach Einschätzung des US-Außenministeriums betraf das 70 Prozent der gesamten Importe aus Kuba.

Am 4. Januar 1961 legte die CIA-Sondereinsatzgruppe Kuba den jetzt schon sehr detaillierten Plan für die Invasion vor. Am selben Tag wiesen die USA im UN-Sicherheitsrat alle Vorwürfe und alle durch Kuba vorgelegten Beweise für aggressive Pläne zurück und ließen ihren Botschafter erklären: "Die US-Regierung hat mit solchen Aktivitäten nichts zu tun." Am 22. Januar 1961 übernahm John F. Kennedy das Präsidentenamt. Bei einem Treffen am 19. Januar hatte Eisenhower seinem Nachfolger noch mit auf den Weg gegeben: "Die USA können langfristig eine Existenz der Regierung Castro nicht zulassen."

Trotz grundsätzlicher Zustimmung der Kennedy-Regierung zu den Invasionsplänen wurde in Regierungskreisen auch Kritik laut. Was allerdings in keinem Fall bedeutete, daß man Castro und seine Regierung nicht auch beseitigen wollte. Man mochte nur nicht dabei erwischt werden und man sorgte sich insbesondere um das internationale Ansehen der USA. Außenminister Rusk warnte in der Sitzung vom 22. Januar vor den "enormen Konsequenzen" einer Landung von US-Streitkräften in Kuba. Man solle alle anderen Möglichkeiten prüfen, "eingeschlossen Gewaltakte", ehe man sich auf einen solchen Kurs einlasse. Im Protokoll der Sitzung, die im Außenministerium stattfand und an der auch der neue Justizminister Robert Kennedy teilnahm, heißt es dann: "Was wir brauchten, ist ein 'Feigenblatt'."

Das schien auch John F. Kennedy so zu sehen. Der Präsident, so heißt es "drängte auf Alternativen zu einer von Flugzeugen, Schiffen und Material der USA unterstützten 'Invasion'". Unter Bezugnahme auf die von den USA ausgebildeten exilkubanischen Söldner fragte Kennedy: "Könnte eine solche Streitmacht nicht nach und nach und leise an Land gebracht werden und ihre ersten militärischen Anstrengungen von den Bergen aus unternehmen – dann würden sich kubanische Streitkräfte doch in Kuba bilden, und nicht als eine Invasions-Macht, die von den Yankees geschickt wurde?"

Auch Präsidentenberater Arthur Schlesinger erhob Bedenken, machte aber in einem Schreiben vom 11. Februar 1961 deutlich, daß es bei seinen Einwänden gegen den Invasionsplan nicht um Recht, Gesetz oder gar Moral geht, sondern nur darum, Kubas Regierung – auf welchem Wege auch immer – zu beseitigen, ohne daß allerdings die Verantwortung der USA dafür zu erkennen sein sollte. Sein Vorschlag war: "Wäre es nicht möglich, Castro zu veranlassen, als erster eine Angriffshandlung vorzunehmen", schreibt er. "Wenn man Castro nur dazu bringen könnte, anzugreifen, dann wäre die moralische Frage (der US-Invasion – H.S.) vernebelt und die Anti-US-Kampagne wäre von Anfang an in der Klemme."

Daß die Exil-Organisationen eine Schöpfung der CIA waren, geht auch aus Erklärungen von Mitarbeitern des Geheimdienstes hervor. "Wir haben die FRD (Revolutionäre Demokratische Front) als Alternative zu Castro gebildet", berichtete der Leiter der "Paramilitärischen Studiengruppe" der Regierung, Jacob Esterline. "Sie bestand aus fünf kubanischen politischen Führern, die nach unserer Ansicht repräsentativ für das kubanische Volk waren, nicht den Anstrich der schlimmsten Elemente von Batista hatten, aber auch nicht so weit links waren, daß sie unvereinbar gewesen wären mit den US-Interessen… Als die Frente (FRD) ein exklusiver Klub wurde, haben wir eine neue Organisation gebildet, an der die Frente teilnehmen konnte, den 'Revolutionären Rat'."

Am 4. April 1961 erklärte Kennedy, er möchte immer noch erreichen, "daß die Operation aussieht wie eine innere Erhebung". Am 6. April stimmte der Präsident "begrenzten Luftangriffen auf wesentliche Ziele sowie Landeunternehmen zur Ablenkung" zu. Die Luftangriffe, so beschloß die Regierung auf Vorschlag der CIA, sollten den Eindruck erwecken, als ob Bomberpiloten der kubanischen Luftwaffe desertiert seien und die Angriffe durchgeführt hätten. Und so wurde es dann am 15. April, zwei Tage vor der Invasion, auch gehandhabt. Zuerst bombardierten die USA mehrere Flughäfen, um die kubanische Luftwaffe auszuschalten. Zur gleichen Zeit flog eine in Nicaragua mit kubanischen Hoheitszeichen präparierte Maschine in die USA und landete in Miami. Der Pilot erklärte, er sei gerade desertiert und habe vorher noch die Bombardements durchgeführt. Seine Pilotenkanzel wies zahlreiche "Einschüsse" der "kubanischen Abwehr" auf.

Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine gewaltige US-Armada aus sechs großen Transportschiffen, die zur Tarnung unter den Flaggen von Liberia und Nicaragua fuhren und die mehr als 1.500 US-Söldner, ihre Ausrüstung und den Nachschub an Bord hatten. Dazu kamen als Geleitschutz der Flugzeugträger Essex, sieben Zerstörer, ein Landungs- und Versorgungsschiff sowie ein Kriegsschiff als "Reserve". Der Konvoi hatte auch 35.000 vom Verteidigungsministerium und der CIA sorgsam zusammengestellte Pakete mit Waffen und Munition geladen, die nach der Landung in Kuba an die potentiellen Aufständischen verteilt werden sollten. Pentagon und Geheimdienst ahnten nicht, daß sie es nicht schaffen würden, die Waffen an Land zu bringen und daß auch die 35.000 Kubaner nicht auftauchen würden, für die die Waffen gedacht waren.

Die Miami New Times berichtete, daß zum gleichen Zeitpunkt – Mitte April 1961 – ganz besonders illustre Gäste unter scharfer Bewachung auf einem Flughafen in Südflorida zusammen kamen: die von der CIA ausgesuchte kubanische Putsch-Regierung. Sie sollte, nach Kuba geschafft, auf dem erhofften Brückenkopf in der Schweinebucht die "provisorische Regierung auf kubanischem Boden" installieren, andere Staaten zur Anerkennung auffordern, dem die USA nachgekommen wären, was dann eine direkte militärische Hilfe Washingtons ermöglicht hätte. "An sie wurden Uniformen ausgegeben und gesagt, sich für einen schnellen Abflug bereitzuhalten – wahrscheinlich für einen Flug zu einer Landebahn nahe der Schweinebucht, um die Provisorische Regierung auszurufen", schreibt das Blatt. Den Frust dieser "demokratischen Marionetten" und ihrer US-Puppenspieler über den Sieg der kubanischen Streitkräfte gegen die Aggressoren kann man sich sehr gut und auch immer wieder vorstellen.

Ein bemerkenswertes Resümee der CIA-Invasion in Kuba stammt vom Geheimdienst selbst. Der stellvertretende Leiter der Historischen Abteilung der CIA, Michael Warner, machte sich 1996 daran, die Dokumente zu sichten, in denen sich die CIA mit ihrer eigenen "Arbeit" auseinandersetzt. So beklagt sich Warner darüber, daß die diplomatischen Beziehungen zu Kuba von der Regierung Eisenhower abgebrochen wurden. Dadurch habe man die Invasion durchführen müssen ohne "diese besondere Möglichkeit, die bei der Operation SUCCESS (dem CIA-Putsch in Guatemala) so entscheidend gewesen war… 1.500 mutige und gut trainierte Männer hatten keine Hilfe von den (US)-amerikanischen Diplomaten und den Geheimdienstoffizieren in Havanna."

Auch ein weiterer Punkt klappte nicht so, wie es sich die Eisenhower-Regierung vorgestellt und gewünscht hatte: Trotz aller Mordkomplotte gegen ihn lebte Fidel Castro noch und leitete sogar den Kampf in der Schweinebucht. Darüber schrieb der CIA-Historiker: "Aber die CIA ... glaubte wahrscheinlich, daß, ehe die (Invasions-)Brigade an Land gehen würde, Castro schon von der Hand eines CIA-finanzierten Mörders getötet wäre."

Der Historiker des US-Geheimdienstes stützte sich bei seiner Analyse auf einen Bericht des CIA-Generalinspekteurs Lyman B. Kirkpatrick vom Oktober 1961. Im Zusammenhang mit den Aufgaben des US-Geheimdienstes in der Vorbereitungsphase der Operation Schweinebucht heißt es da: "a. Bildung einer kubanischen Exilorganisation ..., um die Aktivitäten der Opposition lenken zu können und um eine Tarnung zu schaffen für die Operationen der Agentur (CIA). b. Eine Propaganda-Offensive im Namen der Opposition. c. Die Schaffung einer geheimen Struktur in Kuba für Aktionen und zum Sammeln von Nachrichten." Angesichts der aktuellen Kuba-Politik des Weißen Hauses und der seit Jahren praktizierten offenen US-Unterstützung kubanischer Oppositioneller mit dutzenden Millionen Dollars ist diese CIA-Beschreibung ihrer Strategie gegenüber Kuba höchst aktuell und merkenswert.

Horst Schäfer war 11 Jahre ADN-Korrespondent in den USA und ist Verfasser des Buches "Im Fadenkreuz: Kuba" über 50 Jahre US-Staatsterrorismus gegen die Insel-Republik. Der vorliegende Artikel ist eine vom Autor für die KPF-"Mitteilungen" erheblich gekürzte und bearbeitete Fassung des Kapitels über die US-Invasion in der Schweinebucht. – Zum gleichen Thema siehe: Rücktitel.

 

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2010-02: Angst, Krieg. Und die Unterhose

2009-12: Und immer noch fliegt der Condor