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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Offener Brief an Klaus Lederer

anläßlich seiner Rede auf der Kundgebung "Solidarität mit Israel - Stoppt den Terror der Hamas" am 11. Januar 2009 in Berlin

Lieber Genosse Klaus Lederer, wir teilen die von Dir auf der Solidaritätskundgebung mit Israel am 11. Januar 2009 geäußerte Position, daß niemand das Recht hat, seine politische Kritik am Gazakonflikt in Antisemitismus umzumünzen. Dies öffentlich zu sagen, hätte Deiner aktiven Teilnahme an dieser Kundgebung nicht bedurft. Wie wir gemeinsam wissen, handelte es sich um eine Veranstaltung zur ausdrücklichen Unterstützung des militärischen Angriffs israelischer Truppen auf den Gazastreifen. Im Aufruf zur Kundgebung heißt es unmißverständlich: "Israels Selbstverteidigung ist legitim und kein Verbrechen!" Für das Leiden der palästinensischen Bevölkerung wird im Aufruftext ausschließlich die Organisation Hamas verantwortlich gemacht. Dieser überaus einseitigen Sicht widersprichst Du in Deiner Rede nicht. Auch ziehst Du es vor, über den zentralen Ausgangspunkt des Nahostkonflikts zu schweigen. Dies ist bekanntlich die seit mehr als 40 Jahren andauernde Besetzung bzw. Kontrolle des Gazastreifens und der Westbank, wodurch der dort lebenden palästinensischen Bevölkerung beharrlich eine friedliche Entwicklung verweigert wird.

Zum Aufruf der Kundgebung selbst erklärtest Du, daß darin eine Solidarität eingefordert würde, die Du so nicht geben könnest. Zur Begründung führst Du aus: "Weil ich als Sozialist eine grundsätzliche Schwierigkeit habe, mich pauschal mit Institutionen und Staaten solidarisch zu erklären". Geht es für Sozialistinnen und Sozialisten nicht zuvörderst um die grundsätzliche Schwierigkeit, den Krieg als politisches Mittel zu akzeptieren? Das ist doch wohl Konsens in unserer Partei, den Du mit Deiner Rede – und mehr noch mit Deiner Anwesenheit auf dieser Kundgebung – faktisch aufgekündigt hast. "Meine Solidarität gehört Menschen. Menschen in Bedrohung und Menschen in Not", führtest Du weiter aus. Offen gestanden: Diese Formulierung wirkt wie eine bloße Ausflucht und sie ist alles andere als eine Distanzierung von den Parolen der Veranstalter. Etwas später sagst Du: "Ich teile die Einschätzung des israelischen Sicherheitschefs Amos Gilad, daß es bis zum heutigen Tag ‚keine optimale militärische Lösung’ für den Gazastreifen gäbe und Militäreinsätze nicht das Allheilmittel sind, um die Probleme des Nahen Ostens zu beseitigen." Dies ist eine zynische Relativierung von Krieg als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Auch damit stellst Du Dich außerhalb des breiten Meinungsspektrums, das es in unserer Partei zu den Ursachen des Nahostkonflikts gibt.

Lieber Genosse Klaus Lederer, mit manchen Feststellungen in Deiner Rede gehen wir durchaus konform, aber insgesamt stehst Du im tiefen Gegensatz zur Haltung, die Gregor Gysi in der Debatte zum Nahostkonflikt im Deutschen Bundestag am 14. Januar 2009 im Namen der Fraktion DIE LINKE vertreten hat. Auch wir wollen, daß der Nahe Osten endlich in Frieden und Sicherheit gedeihen kann. Auch uns schmerzt das unendliche Leid, daß der Krieg über Menschen bringt. "Einen Krieg kann ich nicht rechtfertigen", führtest Du aus. Aber, Du hast Dich dazu hergegeben, auf einer Veranstaltung zu sprechen, die aus einseitiger Betrachtung eigens zur Rechtfertigung der brutalen israelischen Aggression einberufen wurde und – trotz einiger kritischer Momente Deiner Rede: Die Tendenz Deiner Ausführungen entspricht dem Mainstream des dort Gesagten.

Durch Deinen demonstrativen Auftritt als Landesvorsitzender hast Du die Berliner Partei in eine unerträgliche Nähe mit aktiven Unterstützern des gegenwärtigen Krieges gebracht.

Wir wissen, daß Dein Auftreten auf der Kundgebung "Solidarität mit Israel – Stoppt den Terror der Hamas" am 11. Januar 2009 von außerordentlich vielen Mitgliedern des Berliner Landesverbandes der Partei DIE LINKE nicht gebilligt wird. Auch in ihrem Namen verfaßten wir diesen Brief.                        

Elmar Altvater, Ellen Brombacher, Christine Buchholz, Erkan Demirtas, Paul Grasse, Victor Grossman, Harri Grünberg, Kurt Gutmann, Klaus-Dieter Heiser, Klaus Höpcke, Pia Imhof-Speckmann, Sascha Kimpel, Hermann Klenner, Ralf Krämer, Monika Merk, Hans Modrow, Kurt Neumann, Mischa Olbrisch, Carola Radigk, Marianna Schauzu, Andreas Schlüter, Lucia Schnell, Werner Schulten, Sahra Wagenknecht, Andreas Wehr, Irmgard Wurdack.

Berlin, den 21. Januar 2009.