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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Wir schworen uns: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

Prof. Dr. Moritz Mebel im Gespräch

Der Urologe Prof. Dr. Moritz Mebel, geboren am 23. Februar 1923, gehört zu den international bekanntesten Medizinern der DDR. Sein Name ist für immer verbunden mit dem Krankenhaus Berlin-Friedrichshain und der Berliner Charité. Der jüdische Junge floh Anfang der dreißiger Jahre mit seiner Familie nach Moskau und kämpfte den gesamten Krieg über in sowjetischer Uniform gegen den Faschismus. Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung am 8. Mai 2020 gab unser Genosse Moritz Mebel den »Mitteilungen der KPF« das folgende Interview.

Wie begann Dein Weg in der Roten Armee?

Den 14. Oktober 1941 werde ich nie vergessen. Das Sowinformbüro meldete, dass sich die Lage an der Westfront weiter verschlechtert und die deutsch-faschistische Wehrmacht sich 100 km vor der sowjetischen Hauptstadt Moskau befindet. Ich war achtzehn Jahre, als ich mich am gleichen Tag freiwillig meldete. Meine Eltern billigten meinen Entschluss und am nächsten Tag begann die Notausbildung. Wir bekamen keine Uniform und erhielten Vorderlader aus dem 19. Jahrhundert als Bewaffnung. So bezogen wir etwa 30 km vor Moskau Stellung, zunächst als Soldaten der kommunistischen Arbeiterbataillone. Später wurden wir zu einer Infanteriedivision zusammengefasst. Es war bitterkalt, als wir am 8. November 1941 zum Angriff übergingen und etwa 100 km zuvor okkupierter sowjetischer Erde wieder befreiten. Es bot sich uns ein Bild des Schreckens. Niedergebrannte Häuser und in Ziehbrunnen umgebrachte kleine Kinder. Wir sahen, und das begleitete uns während des gesamten Krieges, unvorstellbare Gräueltaten.

Welche Erinnerungen hast Du an das Ende des Krieges?

Da war ich Gardeoberleutnant der Sowjetarmee und Instrukteur der Politverwaltung. Über Lautsprecherwagen kämpften wir darum, faschistische Soldaten aufzuklären, um das Ende des Mordens zu beschleunigen. Am 8. Mai 1945 teilte uns der Chef der Politabteilung mit, dass Hitlerdeutschland bedingungslos kapituliert hat. Ich befand mich damals unweit von Brno in der ČSR. Vor uns lag die Wehrmacht-Heeresgruppe Nord-West. Deren Kommandeur General Schörner befahl den deutschen Soldaten weiterzukämpfen, während er sich im Flugzeug absetzte. So hielten die Kämpfe noch drei Tage an. Ich dachte dann, der Krieg sei für mich zu Ende und ich könne mein Medizinstudium fortsetzen. Doch zunächst ging es im Güterzug in den Fernen Osten, gemäß der Vereinbarung zwischen der Sowjetunion und den Westalliierten, dass die Rote Armee nach Beendigung des Krieges in Europa den Kampf gegen das imperialistische Japan unterstützt. Mit dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki kapitulierte auch Japan bedingungslos. Wir waren glücklich, nichtsahnend, was die Atombombe bedeutet. Ich habe als Arzt später die beiden japanischen Städte besucht. Grauenhaft die Folgen des Abwurfs dieser schrecklichen Waffe.

Noch einmal ging es zurück nach Deutschland. In der sowjetischen Besatzungszone gehörte ich zu denen, die als Instrukteure den deutschen Antifaschisten zur Seite standen.

Was sagst Du heute angesichts der wiedererstarkten Rechten?

Damals schworen wir uns – alle, die unter dem Faschismus gelitten und gegen ihn gekämpft hatten: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Meine Generation weiß, wie schwer der Neuanfang war, und heute müssen wir feststellen, dass unsere Vorstellungen von einem friedlichen und von Humanität getragenen Leben nur teilweise Wirklichkeit wurden. Heute ist wieder faschistische Ideologie vorhanden und wieder lassen sich Menschen von ihr verführen. Und wieder wird Hass gegen Russland geschürt. Das ist eine große Gefahr, auch für den Weltfrieden. Für faschistische Ideologie gibt es keine Entschuldigung. Sie muss mit allen Mitteln bekämpft werden, nicht zuletzt vom Staat. Alles andere wäre ein großes Verbrechen. Wenn dieser Kampf gegen Krieg und Faschismus nicht geführt wird, geht die Welt zugrunde.

Das Gespräch führte Ellen Brombacher am 3. April 2020.