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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Staatskrise? – Krise des Diskurses der Macht

Prof. Dr. Klaus-Jürgen Bruder, Berlin

Von »Staatskrise« zu sprechen sei »überblasen« versucht Blome [1] den im parlamenta­rischen Putsch unterlegenen linken Kandidaten für die Wahl des thüringischen Minister­präsidenten Ramelow zu belehren. [2]

»Staatskrise« kann man diese »Epiphanie« [3] von Thüringen durchaus nennen: wenn man sich die Bedeutung des Diskurses der sich selbst so nennenden »Politischen Klasse« der Medien im Bett mit den Politikern für die Aufrechterhaltung der Staatsloyalität eingesteht.

Spätestens am Aufwand, den die Vertreter dieser »Klasse« nun treiben, um ihre Deutung des von ihnen lieber bezeichneten »Dammbruchs« durchzusetzen, bestätigt diese Bedeu­tung dieses Diskurses der Macht. [4]

Am Beispiel Thüringen kann man sehr gut sehen, wie dieser Diskurs funktioniert: da hat er nämlich nicht mehr funktioniert, da lagen sozusagen seine Nerven blank:

Das falsche Spiel mit den Parolen dieses Diskurses: »Keine Zusammenarbeit mit den Rechten - keine Zusammenarbeit mit den Linken« war mit einem Schlag beendet, als mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD der Kandidat des »Rot-Rot-Grünen«-Bündnisses, der bisherige Ministerpräsident des Landes Thüringen, abgewählt worden war.

Nun war vor aller Augen offenkundig geworden, was »nie wieder« geschehen gemacht hätte werden dürfen: die Zusammenarbeit mit den Rechten.

Maaßen [5], der sich nicht mehr weiter enttarnen konnte, kommentierte: »Hauptsache, die Sozialisten sind weg!« – egal was es kostet, wird man zurecht diesen Offenbarungs-Satz vervollständigen können.

Er war allerdings der einzige, der nicht der AfD-Fraktion angehörte, und dennoch mit seiner Preisgabe der Absicht (aller) die Konsequenz daraus zog, dass das frivole Treiben mit der Täuschung (der Bevölkerung) nicht mehr funktionierte.

Denn sie wussten, was sie mit ihrem »nie wieder« verstecken wollten: Sie konnten sich nicht nur ausrechnen, dass das Bündnis mit den Linken weniger Stimmen versammelt, als sie, die anderen Parteien selbst zusammen, sondern es gab sogar Vorgespräche innerhalb dieser Parteien, die die Realität des Blocks im Nachhinein erkennen lassen und die schließlich ja nicht weniger als das fundamentum in re in ihrem gemeinsamen »neoliberalen« Mantra haben.

Das zu verstecken war der Sinn und Inhalt des Diskurses der Macht vor dem Platzen seiner Lügen. Den Judassen war klar: die Linken verhindern geht nur in Kumpanei mit der AfD. Was sie vorher nicht geahnt hatten, dass sie das ihr Gesicht gekostet hat.

Das versuchen sie mit dem Abschieben der Verantwortung wieder zu liften: abschieben auf den Buckel der FDP dafür, dass sie sich als Klingelbeutel für die Stimmen gegen Ramelow zur Verfügung gestellt hat, und auf den Buckel der AfD dafür, dass sie der Absicht der Verschwörer zum Erfolg verholfen hat.

Vollkommen durchgeknallt ist der Versuch, die Linken selbst zum Spielverderber zu machen, indem man ihnen vorwirft, sich überhaupt zur Wahl gestellt zu haben, statt die Regierung einfach provisorischer Form weiter geführt zu haben (AKK) [6]. Das ist allerdings der Vorwurf, sich an die Regeln der Demokratie zu halten. Die letzte Spitze der Pirouette ist damit erreicht: Die Zusammenarbeit mit der Rechten besiegelt die Verabschiedung der Demokratie.               

Der Beitrag erschien auf der Homepage der Neuen Gesellschaft für Psychologie,  www.ngfp.de/2020/02/staatskrise-krise-des-diskurses-der-macht. – Wir danken für die freundliche Genehmigung zum Abdruck.

Anmerkungen:

[1]  Nikolaus Blome, bis Herbst 2019 stellvertretender Chefredakteur der Bild-Zeitung und verantwortlich für das Politik- und Wirtschaftsressort (https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_Blome – 13.2.2020).

[2]  Bei »Maischberger« am 12. Februar 2020.

[3]  Hier in seiner wörtlichen Bedeutung: »Erscheinung des Herrn«.

[4]  Siehe Klaus-Jürgen Bruder (2009). Die Lüge: das Kennwort im Diskurs der Macht. In: Klaus-Jürgen Bruder & Friedrich Voßkühler (2009): Lüge und Selbsttäuschung. Göttingen (Vandenhoeck).

[5]  Hans-Georg Maaßen, von August 2012 bis zu seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand im November 2018 war er Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) (https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Georg_Maaßen).

[6]  Annegret Kramp-Karrenbauer, seit Dezember 2018 Bundesvorsitzende der CDU, am 10. Februar 2020 kündigte sie an, sich im Laufe des Jahres vom Parteivorsitz zurückzuziehen.