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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Dresden – 13. Februar 1945

Heide Hinz, Dresden

 

Über Gedanken an Dresden schreibe ich als Betroffene. Meine Familie hat die Bomben­nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 in Dresden überlebt, welch ein Wunder. Das vierstö­ckige Mietshaus in der Johannstadt brannte schon nach dem ersten Angriff britischer Flie­ger, der zweite zerstörte es bis auf die Grundmauern. Zwischen dem ersten und zweiten Bombardement, so erinnere ich mich als damals als fast Sechsjährige, konnte ich noch mein Köfferchen mit den Lieblingsspielsachen aus der Wohnung holen und in den Keller mitnehmen. Aber bald irrte die Mutter mit uns vier Kindern im Inferno umher. Wohin? Soll­ten wir an die Elbe oder in den Großen Garten fliehen? Überall Trümmer, verkohlte Men­schenleiber, herabhängende elektrische Oberleitungen, ausgebrannte Straßenbahnen, aus­gebrochene Tiere aus dem Zoo, verängstigt, zahm. Die Nacht war glutrot, fast taghell und ungeheuer heiß vom Flammenmeer. Über uns Tiefflieger, die auf die an die Elbe flüchtende Menge flackernde Stabbrandbomben oder wie ein Gerücht sagt, Phosphorbomben warfen und Menschen zu Fackeln machten. Wehrmachtssoldaten schichteten am Folgetag die Lei­chen wie Hölzer übereinander, einmal längs und einmal quer zu Stapeln, übergossen diese aus Benzinkanistern und zündeten sie an, um der Seuchengefahr zu entgehen.

Unser abenteuerliches Entkommen aus der Stadt gelang nach Dorfhain, ein Ort im Vorerz­gebirge, und dauerte 7 Jahre. Hier, 1945 eingeschult, erlebte ich die Nachkriegs- und An­fänge der Aufbruchszeit. Neulehrer unterrichteten uns. In der 6. Klasse schrieb mir die Musiklehrerin Verse von Walter Dehmel ins Poesiealbum:

»Diese Zeit ist eine Wende,
Hoffnung ist ihr Stern.
Diese Zeit braucht deine Hände,
halte dich nicht fern.«

Dresden und der imperialistische Krieg

Das wurde mir eine Lebensmaxime. Ich erzähle es, weil mich das Kindheitstrauma Bom­bennacht nicht loslässt. Im Erwachsenwerden und auch später bis heute habe ich darum den Krieg immer wieder auf seine Ursachen hin hinterfragt in der Verantwortung, mit der Geschichte objektiv umzugehen und mitzuwirken, dass Krieg nie wieder zugelassen wird.

In meine Geburtsstadt bin ich vor drei Jahren aus familiären Gründen, von Mecklenburg kommend, zurückgekehrt.

Hier, so nehme ich aus dem langen zeitlichen Abstand wahr, hat sich unterschwellig ein Opfermythos etabliert, der behauptet, dass eine unschuldige Stadt fast völlig zerstört wor­den ist. Die Einwohner von Dresden glaubten, ihre vielgerühmte Stadt wäre wegen der ar­chitektonischen barocken Schönheit unangreifbar. Sie blieb ja auch lange vom äußeren Kriegsgeschehen verschont. Und ihre Bewohner wurden von braunen Beamten eines bis zuletzt intakten, akribisch arbeitenden Verwaltungszentrums sowie von Nazi-Organisatio­nen, propagandistisch in Sicherheit gewogen.

Die Meinung, die Stadt könne kein militärisches Ziel gewesen sein, denn in ihr sei das Gewerbe von jeher auf Konsum- und Luxusartikel ausgerichtet, kursiert noch immer. In Wirklichkeit galt Dresden als ein Industriestandort mit intelligenter Präzisionsarbeit von Zeiß-Ikon, wie im Sachsenwerk, in den Kamerawerken, bei Radio Mende, beim Schreib- und Nähmaschinenhersteller Seidel & Naumann, in der Möbel- und Zigarettenherstellung …. Und sie war ein Fernmelde- und Verkehrsknotenpunkt mit Autobahnanbindung und ei­nem modernen Flughafen in Klotzsche. Über Verschiebebahnhöfe lief der militärische Nachschub. Die gesamte Industrieproduktion der Stadt war längst auf Rüstungsgüter um­gestellt. Selbst im nur 28 km entfernten Dorfhain mit der Elektronischen Fabrik »Ellinger und Geißler«, die 950 Arbeiter und Angestellte, darunter 300 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter beschäftigte, ist die Entwicklung und Herstellung einst von Zubehör für Ra­dioapparate ausschließlich auf Bauteile für die Heeres- und Nachrichtentechnik festgesetzt worden. [1]

Dass Dresden zudem mit 20.000 Soldaten der zweitgrößte Truppenstandort mit mächtigen Kasernenkomplexen in Deutschland war, wird in der Debatte von kriegerischer Mitschuld allenthalben ausgeblendet. [2]

Nach wie vor scheiden sich die Geister am Schicksal der Stadt, weil man den Verursacher des Zweiten Weltkrieges außen vor lässt. Das faschistische Deutschland aber hat den Völ­kern den imperialistischen Raubkrieg in Europa bis weit in die Sowjetunion hinein mit grau­samen Massakern aufgezwungen. Coventry wurde kurz nach Kriegsbeginn 1940 dem Erd­boden gleichgemacht, Leningrad drei Jahre lang ausgehungert, Stalingrad … völlig verwüs­tet. Dass die militärischen Gegenangriffe der Alliierten bis zu ihrem Sieg über Hitler-Deutschland zuletzt auch Dresden trafen, war vom Kriegsrecht nach der Haager Konventi­on getragen, so schrecklich das auch klingt. Dennoch, in diesem Krieg sind moralische Grenzen überschritten worden.

Denn, es darf sich die Frage stellen: War die Bombardierung der Stadt mit ihren sich in Sicherheit wiegenden Einwohnern und den vielen Flüchtlingen, die hierher aus Schlesien und Böhmen gekommen waren, nötig, um dem Krieg den Todesstoß zu versetzen?

25.000 Menschen wurden in einer Nacht infolge der verbrecherischen Politik der Nazis und der barbarischen Kriegsführung durch den anglo-amerikanischen Luftkrieg zivile Opfer.

Der DDR-Militärhistoriker Groehler stützt die Deutung, dass die Zerstörung der Stadt in der Absicht geführt wurde, »britisch-amerikanische Waffenstärke gegenüber der Sowjetunion demonstrieren zu können.« [3] Auch sollte es die SU wohl abschrecken, weiter nach Westen vorzudringen, denn die Rote Armee stand bereits kurz vor Görlitz. Hinzu kommt, dass zwei Tage vor dem Angriff die Konferenz in Jalta mit den alliierten Staatsoberhäuptern Roose­velt, Churchill, Stalin die Aufteilung Deutschlands nach Kriegsende beschlossen hatte. 

Diese Umstände verunsichern, lassen Zweifel an den Hintergründen für die ungeheuren Zerstörungen aufkommen und geben Spekulationen noch immer Raum.

Niemand wusste, wie lange der Krieg, der an der Ostfront wie an der Westfront und um Berlin tobte, noch dauern wird. Selbst Victor Klemperer meinte laut Tagebucheintrag am 4. Januar 1945: »Eines steht fraglos fest: die ungeheure Zähigkeit und immer neue Erfin­dungskraft«, (die Propaganda war nun vom Bau einer Masse »Kleinst-U-Boote«) »mit der die Regierung den Krieg weiterführt … und ich bin mir wahrhaftig ihrer Niederlage nicht mehr so gewiss; mindestens werden sie sich noch überlange wehren … Dass sie die Masse bei der Stange halten, verdanken sie nicht bloß ihrer Tyrannei. Sondern vor allem dem immer wiederholten (und … geglaubten!) Die Feinde, und besonders die Bolschewisten, wollen euch vernichten …« [4]

Ich weiß, auf welches heikle Thema ich mich mit dem »13. Februar Dresden« einlasse.

Die für viele Dresdner traumatisierten Bombardements haben eine besondere Erinne­rungskultur zu diesem Tag hervorgebracht. Gedenkveranstaltungen gibt es seit 1946. Sie unterlagen den jeweils politischen inneren und äußeren Bedingungen. Während die Zerstö­rung Dresdens zunächst als sinnloses Verbrechen galt und den Terror geißelte, erhielt das Erinnern in der DDR die Kampfansage gegen den imperialistischen Krieg hinzu.

Rechter Freistaat im Canaletto-Blick

Wie sich Dresden nach der Wiedervereinigung Deutschlands im Gedenken an den 13. Fe­bruar verhält, kann nicht losgelöst von der hiesigen Situation der Staatsführung gesehen werden. Seit der Wende regiert im Freistaat Sachsen ununterbrochen die CDU und das mit immer deutlicher werdendem Rechtsruck. Die lange CDU-Herrschaft, geprägt vor allem von Kurt Biedenkopf mit seinen Verbindungen zum Großkapital, der noch aus dem Hinter­grund als »König Kurt« Einfluss nimmt, schien unantastbar bis zur Bundestagswahl 2017. Ministerpräsident Tillich musste infolge des Wahlergebnisses seinen Rückzug bekanntge­ben. Der designierte Nachfolger ist wieder ein CDU-Mann. Es scheint, das aber kann eine Frage auf Zeit sein! Welch ein Alarmsignal! Denn es sollte schlimmer kommen: Die AfD machte sich den geduldeten Nährboden, bereitet von der NPD mit Sitz im Landtag 2004 und der Pegida-Bewegung sogenannter besorgter Bürger seit 2014, für ihren Wahlerfolg zu Nutze und verschiebt die Machtverhältnisse weiter nach rechts.

Das Ausblenden von Tatsachen und Verschleiern von Problemen hat in Dresden und Sachsen System.

Sachsens Bürger pflegen überwiegend ihren Heimatstolz. Heimat wird patriotisch gelebt. Viele Menschen, besonders in Dresden, so empfinde ich es, tragen »August den Starken« noch immer wie ein Korsett in sich, und sie wollen wieder einen starken Mann. Nur nichts ändern, und vor allem, nicht das Fremde hereinlassen. Politischer Pluralismus existiert nicht. Es mutet an, dass sich die einen eingerichtet haben, andere protestieren gegen die Arroganz der Macht und deren abgehobenen Politikbetrieb.

Mit angstmachender »Islamisierung« fand sich schnell ein populistisches Thema in der Flüchtlingsfrage, auf das der Ministerpräsident in seiner Aussage: Der Islam gehört nicht zu Sachsen, sprang. Unter den noch immer 2 bis 3 Tausend »Montagsspaziergängern« bei Pegida agieren äußerst national Rechtsgesinnte, aber auch Angehörige der Mittelschicht, die ihr existenzielles Fallen in der Gesellschaft nach unten fürchten, hinzu kommen die Ab­gehängten. Letztere sind Menschen, die sich nach der Wende ausgegrenzt sehen.

Und dann ist da der Nachbar Bayern, seine Wende- und Nachwendeberater kamen als Vor­mund daher, sie, wie weitere hochbesoldete Beamte aus den alten Bundesländern, besetz­ten quasi alle lukrativen Posten, was demütigte. Die Arbeiterschaft mit ihren seit Genera­tionen gut ausgebildeten Fachkräften und die große Zahl von Intelligenzangehörigen aus den platt gemachten Volkseigenen Betrieben, wurden vielfach abgewickelt, das bedeutete Abwanderung in den Westteil der Bundesrepublik. Die 18 Hoch- und Fachhochschulen, die TU eingeschlossen, haben ausschließlich Rektoren aus der alten Bundesrepublik. Der Verkauf des Kommunalen Wohnungsbestandes an Konzerne, die nun als Miethaie agieren, das alles wird als Kränkung und Ungerechtigkeit empfunden, die, wie viele Sachsen meinen, sie zu Bürgern zweiter Klasse mache.

Zweifelsohne hat sich die Wirtschaft erholt, Sachsen ist wieder ein ernst zu nehmender In­dustriestandort. Denn sprichwörtlich arbeitsam und fleißig sind die Menschen hier und sparsam auch. Das kommt wohl auch aus historisch entstandener territorialer Enge. Denn Sachsen hat alle Kriege, nicht nur den »Siebenjährigen Krieg«, verloren und mit ihm große Teile des Landes, nämlich Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die Verluste des Zweiten Weltkrieges waren enorm hoch.

Viele Menschen haben sich auf sich selbst zurückgezogen. Charakteristisches Merkmal dafür, dünkt mir, ist, dass fast jeder Dresdner noch einen Kleingarten besitzt, den er sich in der Gemeinschaft, oft im Tun beim »Nationalen Aufbauwerk«, zugelegt hat. Daraus resul­tiert eine solidarische Nachbarschaftshilfe, die einen gesellschaftlichen Zusammenhalt stellt. Und hier wird politisiert.

Gefahren, die von Pegida und der AfD ausgehen, lassen viele nicht an sich heran.

Heimatstolz gründet sich auch darauf, dass in der Stadt die einstigen Prachtbauten fast alle wiederhergestellt sind. Die Elbsilhouette mit dem Canaletto-Blick erhielt ihr einstiges Aussehen zurück. Der Zwinger und die Semperoper sind in der DDR-Zeit aus den Ruinen auferstanden wie auch die Hofkirche, das Staatsschauspiel und das Neue Rathaus, und es ist ein sozialistisches Wahrzeichen hinzugekommen, der Kulturpalast, ein Haus des Volkes.

Nach 1989 waren es die Frauenkirche, das Schloss, und noch ist es gegenwärtig der Neu­markt, der einer denkmalpflegerischen Vollendung zugeht. Das hat Dresden wieder einen erstrangigen Touristenmagneten werden lassen. Und nicht zu verkennen ist, dass die aus­gelagerten sowie von der Sowjetunion zurückgegebenen Kultur- und Kunstgüter mit un­schätzbarem Wert, der Öffentlichkeit zugänglich sind.

Das hat, so empfinde ich es, jedoch auch eine gewisse Selbstgefälligkeit zur Folge.

Ich war gegen die Wiedererrichtung der Frauenkirche, weil damit das markante »Mahnmal gegen den Krieg« vor aller Welt verloren ging, muss jedoch gestehen, dass ich mich der Schönheit dieses Domes nicht entziehen kann.

»Herz statt Hetze« in der geteilten Stadt  

Aber alles auszulöschen, was an Krieg und seine Ursachen erinnert, birgt Gefahren für Hal­tungen der nachwachsenden Generationen. Das ist ja längst abzulesen an den Aufmär­schen mit rechten Ansichten und Parolen. Welches Ausmaß die Nazi-Ideologie in Dresden bereits hat, zeigte sich schon am 13. Februar 2009, als sich 10.000 Anhänger zum damals größten Naziaufmarsch in Europa formierten.

Dem stellt sich seither ein Bündnis »Nazifrei! – Dresden stellt sich quer« entgegen. In ihm finden sich Einzelpersonen, Antifa- Gruppen, Parteien, darunter Die LINKE mit ihren sehr engagierten Vertretern, Gewerkschaften, studentische Organisationen; nicht aber bezeich­nenderweise offizielle Vertreter des Freistaates Sachsen und der Stadtregierung Dresden.

Ein kurzer Rückblick auf die Aktivitäten:                                                               

Am 13. Februar 2010 blockierte das Bündnis »Nazifrei …« den »Trauermarsch« und konnte die Neonazis in der Auseinandersetzung mit der sie schützenden Polizei auf deren Treff­punkt Neustädter Bahnhof festhalten. Ein danach angestrengtes Verfahren der Polizei wur­de vom Oberlandesgericht mit dem Recht auf Meinungsfreiheit entschieden.

Ab 2011 galt daraufhin ein Trennungsgebot: Die Dresdner Neustadt wurde den Demonst­ranten vom Bündnis »Nazifrei …« zugesprochen, während die Altstadt den Aktionen der Rechtspopulisten gehörte.

Das Bündnis »Nazifrei ...« setzte dem kultivierten »Opfermythos« der Rechten einen Mahn­gang »Täterspuren« entgegen. Da sich die Täterspuren vor allem auf der Altstadtseite be­fanden, durfte der Mahngang infolge oben genannten Gerichtsbeschlusses dort nicht durchgeführt werden. Der dann gegen das Trennungsgebot angestrengte Prozess vom Bündnis »Nazifrei …« wurde 2013 gewonnen.

Seither fand der Mahngang jährlich am 13. Februar statt und ist auf entlarvende Machen­schaften der Nazibarbarei gerichtet.

Seit 2014 stellen sich den Pegida-Aufmärschen und Kundgebungen Jung und Alt aus der Bevölkerung, besonders die studentische Jugend, mit Demonstrationen »Herz statt Hetze« entgegen.

2015, so erinnere ich mich, galt der Mahngang der Bücherverbrennung und der Gleich­schaltung von Politik, Gesellschaft und Kultur, was die Gerichtsbarkeit, Medien bis hin zur Kirche einschloss. Angemerkt sei hier, dass am 23. September 1933 im Lichthof des Rat­hauses die Ausstellung »Spiegelbilder des Verfalls in der Kunst« eröffnet worden war. Es war übrigens die erste Ausstellung von sogenannter »entarteter Kunst« in Deutschland mit Werken von Grosz, Otto Dix und anderen, darunter auch Arbeiten des Sohnes der Stadt Hans Grundig. Und wieder richtet sich Widerstand gegen Kunst, die den Krieg anklagt. Das Mahnmal des deutschsprachigen syrischen Künstlers Manaf Halbouni, der eine Barrikade der sich schützenden Bewohner von Aleppo nachbaute, rief heftige Diskussionen hervor. Von Überfremdung bis »Es sei eine Schande angesichts der Bombenopfer in Dresden, ein solches Monument vor der Frauenkirche zu installieren« war die Rede, aber auch Friedens­appelle und Blumen rankten sich um das Kunstwerk – welch eine geteilte Stadt.

2016 enthüllte das Bündnis »Nazifrei …« die Euthanasie-Verbrechen, die nach Hitlers Machtergreifung von Dresdens Sozialämtern gesteuert, in großem Ausmaß im »Haus Son­nenstein« in Pirna verübt wurden.

Für 2018 liegen Organisation und Planung für den Mahngang vom Bündnis »Nazifrei – Dresden stellt sich quer« bei den Studierenden der Evangelischen Hochschule. Sie recher­chieren und erarbeiten daraus die Beiträge. Der Mahngang soll voraussichtlich am 10. Februar stattfinden, um dem Datum 13. Februar den verbreiteten Mythos vom Opfertod zu nehmen.

Die Dresdner Stadtregierung hat sich zum offiziellen Erinnern an den Krieg und seine Fol­gen, wie ich meine, ein symbolisches Gedenkkleid angezogen. Sie ruft am 13. Februar zur Menschenkette auf. Tausende Menschen kommen und umfassen einander händereichend in stillem Gedenken die Altstadt. Dagegen kann niemand sein. Nur ist das m.E. zu wenig. Es bleibt aus, eine Botschaft zu vermitteln. 2009 konnten sich auch Neonazis in die Men­schenkette einreihen. Die damalige CDU-Oberbürgermeisterin ließ sich gar mit ihnen foto­grafieren.

Die Geschichte des Zweiten Weltkrieges wird im deutschen Volk nicht einhellig empfunden und beurteilt. Für die einen war das Ende des Krieges der Tag mit der »Stunde Null«, das höre ich noch meine Mutter sagen, für uns in der DDR war es der »Tag der Befreiung«, für viele Bürger im Westen des Landes trotz der Weizsäcker-Rede ein »Tag der Niederlage«.

Diese, unsere deutsche Geschichte, lässt sich wahrscheinlich unter den Generationen nicht mehr übereinstimmend klären. Es sind zu viele Jahre mit unterschiedlichen Erfahrun­gen der Menschen in zwei deutschen Staaten hingegangen, wohl aber lässt sich Geschich­te erklären.

Denn Krieg ist ein Verbrechen und mit nichts zu rechtfertigen. Nie wieder Krieg! – In dieser Verantwortung stehen zuerst wir Deutschen, das ist ein Appell an die Zeitzeugen wie an alle demokratischen Kräfte!

 

Anmerkungen:

[1]  Dorfgeschichten II. Teil, Rat der Gemeinde Dorfhain 1987.

[2]  Dresdner Hefte 53 – Dresden als Garnisonsstadt 1998.

[3]  Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland.

[4]  Victor Klemperer, Tagebücher 1945.

 

(Red.) »Täterspuren suchen statt Opfermythen pflegen« stand im vorigen Jahr auf einem Trans­parent des Bündnisses. Der Mahngang Täterspuren führt am Sonnabend, den 10. Februar 2018, von 14 bis 17:30 Uhr unter dem Titel »Macht – Bildung – Propaganda im faschis­tischen Dresden« über acht Stationen durch Dresden-Jo­hannstadt vom heutigen Uniklinikum (Fiedlerstraße/Ecke Mildred-Scheel-Straße) zur Mar­schnerstraße 8-10. Siehe www.dielinke-dresden.de,  www.dresden-nazifrei.com.