80 Jahre Internationale Demokratische Frauenföderation (IDFF)
Brigitte Triems, Berlin
Am 1. Dezember wird die IDFF mit einer feierlichen Veranstaltung in Havanna den 80. Jahrestag ihrer Gründung begehen. Welch ein großartiges Jubiläum! Mit der Gründung der Internationalen Demokratischen Frauenföderation am 1. Dezember 1945 in Paris entstand vor 80 Jahren eine Organisation, die zu einer der bedeutendsten Zusammenschlüsse der weltweiten Frauenbewegung werden sollte.
Bewegte Geschichte
Nur wenige Monate waren seit Beendigung des zweiten Weltkrieges, der Millionen von Menschen unendliches Leid gebracht hatte, vergangen. Die körperlichen und seelischen Wunden, die der Krieg hinterlassen hatte, waren längst noch nicht verheilt. Millionen Frauen hatten gegen den Faschismus und seine Verbrechen gekämpft und die Menschenwürde verteidigt. Sie hatten ihre nächsten Angehörigen verloren; sie waren in den faschistischen Konzentrationslagern unmenschlichen Qualen ausgesetzt; sie hatten in der Illegalität gelebt und gekämpft.
850 Frauen aus 41 Staaten, die 181 Frauenorganisationen vertraten, waren nach Paris ins Palais de la Mutualité gekommen, um ihre Entschlossenheit, sich für den Aufbau eines neuen menschenwürdigen Lebens in Frieden einzusetzen, zu bekunden. Sie einte die Forderung »Nie wieder Krieg!«. Unter ihnen waren auch die Frauen, die die ersten führenden Persönlichkeiten der IDFF werden sollten. So wurde die bekannte französische Naturwissenschaftlerin und Résistance-Kämpferin Eugénie Cotton zur ersten Präsidentin der IDFF gewählt; erste Generalsekretärin war Marie-Claude Vaillant-Couturier, die die Konzentrationslager von Auschwitz und Ravensbrück überlebt hatte und als Zeugin im Nürnberger Prozess auftrat.
Bereits während des Krieges hatten viele der Teilnehmerinnen am Gründungskongress der IDFF an antifaschistischen Konferenzen in ganz Europa teilgenommen und begonnen, Ideen für einen weltumspannenden Zusammenschluss von Frauen zu entwickeln. Im März 1945, als in London der Internationale Frauentag unter Beteiligung von Antifaschistinnen aus allen Schichten der Bevölkerung begangen wurde, nahmen die Ideen Gestalt an. Frauen mit unterschiedlichen weltanschaulichen, politischen und religiösen Positionen bildeten 1945 ein Internationales Vorbereitungskomitee für den ersten Weltkongress der Frauen, der vom 26. November bis 1. Dezember 1945 in Paris stattfand, und der in der Gründung der IDFF gipfelte. Die Teilnehmerinnen am Gründungskongress leisteten einen Schwur, der in den vergangenen 80 Jahren stets Leitfaden des Handelns der IDFF war und heute noch unvermindert gültig ist:
»Im Namen von 81 Millionen Frauen schwören wir feierlich, die politischen, wirtschaftlichen, zivilen und sozialen Rechte der Frauen zu verteidigen, für die Schaffung solcher Bedingungen zu kämpfen, die für die harmonische und glückliche Entwicklung unserer Kinder und der kommenden Generationen unerlässlich sind, unermüdlich dafür zu kämpfen, dass der Faschismus, in welcher Form er auch auftreten möge, vernichtet wird und dass in allen Ländern der Welt eine wahrhaft demokratische Ordnung geschaffen wird, unermüdlich zu kämpfen, um der Welt einen dauerhaften Frieden zu sichern, … die einzige Garantie für das Glück in unseren Häusern und die Entwicklung unserer Kinder.«
Als Ziele der IDFF wurden die aktive Beteiligung am Kampf gegen den Faschismus und für den Weltfrieden, Schutz der öffentlichen Gesundheit mit besonderem Schwerpunkt auf dem Wohlergehen von Kindern und die Verbesserung der Rechte der Frauen definiert.
Die Gründung der IDFF fand weltweit große Beachtung. Zu den Frauen, die Glückwünsche und Unterstützung für die Gründung der IDFF bekundeten, gehörten Clementine Churchill, die Ehefrau des britischen Premierministers, und Eleanor Roosevelt, First Lady der Vereinigten Staaten.
Die Historikerin Francisca de Haan bezeichnet die WIDF als einen fortschrittlichen, links-feministischen internationalen Dachverband mit einer schwerpunktmäßigen Orientierung auf Frieden, Frauenrechte, Anti-Kolonialismus und Anti-Rassismus. Sie verweist auf wesentliche Unterschiede zwischen der IDFF und den zu einem früheren Zeitpunkt gegründeten internationalen Frauenzusammenschlüssen, wie dem Frauenweltbund (International Council of Women) und dem Weltbund für Frauenstimmrecht (International Alliance of Women). Zum einen war das die starke Betonung auf die Verteidigung des Friedens, die sich aus den furchtbaren Erlebnissen und dem Widerstandskampf der IDFF-Begründerinnen während des zweiten Weltkrieges ergab. [1]
Zum anderen war die IDFF inklusiver, weil sie Frauen aus allen sozialen Schichten umfasste und starke Mitgliedsverbände in allen Kontinenten hatte. Sie vereint Frauen verschiedener Länder aus allen Teilen der Welt, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem gesellschaftlichen Status und ihrer Weltanschauung. Darin liegt auch heute noch ihre Kraft.
Es war keineswegs leicht, eine solchen Zusammenschluss nach dem zweiten Weltkrieg zu der Föderation zu machen, die sie heute ist. Die IDFF musste in ihrer langen Geschichte auch schwierige Situationen bewältigen und Rückschläge hinnehmen.
Als die IDFF während des Indochinakrieges in Solidaritätsbekundungen mit dem vietnamesischen Volk gegen das Vorgehen der französischen Kolonialmacht protestierte, verfügte die französische Regierung 1951 ihre Ausweisung aus Frankreich. Mit Unterstützung der Regierung der DDR richtete die IDFF ab 1951 ihren Sitz in Berlin ein.
Einen weiteren Rückschlag musste die IDFF hinnehmen, als sie 1951 einen internationalen Untersuchungsausschuss mit Vertreterinnen aus 17 Ländern nach Nordkorea entsandte, um die Situation von Frauen und Kindern, die Opfer von Luftangriffen und Massakern der US-Truppen an Zivilisten waren, zu untersuchen. Der im Ergebnis in mehreren Sprachen veröffentlichte Abschlussbericht »Wir klagen an« führte auf Druck der USA und Großbritanniens 1954 zur Aberkennung ihres Konsultativstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen. Erst 1967 erhielt sie diesen Status wieder; 1969 wurde die IDFF in die höchste Kategorie, den Allgemeinen Konsultativstatus, eingestuft.
Die IDFF maß den Vereinten Nationen immer große Bedeutung bei. Schon auf dem Gründungskongress unterstützte sie die Einrichtung einer Frauenrechtskommission der UNO. 1972 schlug sie auf der Sitzung der Kommission die Durchführung eines Internationalen Jahres der Frau, das auf Beschluss der UNO-Generalversammlung 1975 stattfand, vor. Die IDFF war auch eine der Initiatorinnen des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), das von der UNO-Generalversammlung im Dezember 1979 beschlossen wurde.
Schutz des Friedens und Frauenrechte
Die IDFF hat in ihrer langen Geschichte konsequent und aktiv für die Erhaltung des Friedens, gegen die Atomkriegsgefahr und für weltweite Abrüstung gekämpft. Bereits auf dem 2. Kongress 1948 in Budapest wurde ein »Manifest zum Schutze des Friedens« angenommen. Die IDFF gehörte 1949 zu den Mitbegründern des Weltfriedensrates. Aus Sicht der IDFF war Frieden nicht die Abwesenheit von Krieg, sondern die notwendige Voraussetzung für die Durchsetzung von Frauen- und Kinderrechten. Die IDFF betonte auch aus Frauensicht die außerordentliche Bedeutung der Schlussakte von Helsinki 1975, in der sich die unterzeichnenden Staaten zur Unverletzlichkeit der Grenzen, zur friedlichen Regelung von Streitfällen, zur Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sowie zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten verpflichteten.
Die IDFF forderte wiederholt die Reduzierung der Militärausgaben und die Verwendung der freiwerdenden Mittel für die Beseitigung von Hunger und Elend, für Jobs, Schutz von Mutter und Kind, für Bildung, Gesundheit und Wohnraum. Immer wieder wies sie auf die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Wettrüstens auf Frauen und ihre Familien hin.
Nach der Ratstagung der IDFF im September 1989 begann für die IDFF eine schwierige Zeit. Es galt, sich den neuen weltpolitischen Bedingungen, die radikale Veränderungen in der Struktur der IDFF, in den Formen und Methoden ihrer Arbeit erforderten, anzupassen. Dazu gehörte vor allem auch eine stärkere Regionalisierung der Aktivitäten. Auf dem 10. Kongress der IDFF im März 1991 in Sheffield bekannten sich die Teilnehmerinnen vollinhaltlich zu den Gründungszielen der IDFF und richteten einen Appell an die Frauen der ganzen Welt, im Ringen um Frauenrechte und Geschlechtergleichstellung nicht nachzulassen und sich für die Gestaltung einer Zukunft des Fortschritts, der Gerechtigkeit und des Friedens einzusetzen.
Aufgrund mangelnden Interesses der Bundesregierung, den Sitz der IDFF in Berlin zu belassen, und zunehmender finanzieller Schwierigkeiten wurde der Sitz 1992 nach Frankreich und ab 2002 nach Brasilien verlegt. Seit 2016 hat die IDFF ihren Sitz in El Salvador – Präsidentin ist Lorena Peña, ehemalige Präsidentin des Parlamentes von El Salvador.
Die IDFF ist dem von den Gründerinnen der IDFF 1945 geleisteten Schwur treu geblieben. Sie setzt sich auch heute, wo Kriegstreiberei und Aufrüstung die Weltlage bestimmen, dafür ein, Demokratie und Frieden zu sichern, Faschismus und Rassismus zu bekämpfen, Frauenrechte als Menschenrechte zu garantieren und kommenden Generationen eine glückliche Zukunft zu bahnen.
Berlin, 18. November 2025.
Brigitte Triems war Vorsitzende des Demokratischen Frauenbundes e.V. (1994 – 2024).
Anmerkung:
[1] »Hoffnungen auf eine bessere Welt: Die frühen Jahre der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF/WIDF) (1945 – 1950)« in Gabriele Kämper, Regine Othmer, Carola Sachse (Eds.), Gebrochene Utopien. Feministische Studien vol. 27, no. 2 (November 2009): 241-257.
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2021-11: 25. November: Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen
2020-11: 75 Jahre Internationale Demokratische Frauenföderation