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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Linke, Rechte und Nation (Auszug)

Jürgen Horn, Berlin

 

Aufklärung lautet unser Credo. Im Rahmen einer von Jürgen Horn geführten Auseinandersetzung (siehe »antifa«, September/Oktober 2017, S. 18) finden wir genau dieses aufklärerische Prinzip in sehr überzeugender Art und Weise:

1. Diese Gesellschaft bricht auseinander. Kapitallogik wird destruktiv-unlogisch. Wir befinden uns in einem barbarischen Welt-Neu-Ordnungskrieg, in dem die großen, global operierenden Kapitalgesellschaften in einem erbitterten Kampf die Bedingungen ihrer Konkurrenz untereinander definieren und diese dem Rest der Welt aufzwingen. Kapital verwertet sich auf dem einen Pol nur noch dadurch, dass es auf dem anderen massiv vernichtet wird. Gewalt, gewaltsames Durchsetzen von Interessen, gewaltsames Zusammenhalten dieser auseinanderbrechenden »Ordnung«, all dies spielt eine immer größere Rolle.

2. Für eine immer größere Gruppe von Menschen verlieren Zivilisation, Kultur, Demokratie … an Wert, weil sie sich in einer Situation sehen, in der sie ohnehin daran nie teilhaben können. Lebensentwürfe werden massenhaft vernichtet. »Anomische Prozesse« nennt das die Sozialwissenschaft.

3. Traditionelle Gesellschaftskörper werden unter dem Druck der Globalisierung rasant aufgelöst. An deren Stelle treten große imperialistische Zentren. Der Umbruch ist tiefgreifend und weltweit. Bisherige Nationalstaaten, oder besser staatliche Gebilde, die sich am Mythos von Nation und Staatsvolk orientieren, verlieren ihre Existenzberechtigung. Damit werden auch Ideologien, die Gemeinschaft in Gestalt dieser kleineren »nationalen« Gesellschaftskörper denken, obsolet.

4. In dieser Situation wird das auf Nation orientierte Kleinbürgerliche nicht nur einfach deklassiert (ein neues, ein »globales« Kleinbürgertum ist erst im Entstehen). Die Gesellschaft verliert mit diesen Mittelschichten auch ihren bisherigen inneren Zusammenhalt. Wie man auch immer zu den kleinbürgerlichen Mittelschichten steht, mit ihren Werten, ihrer Lebensweise bilden sie einen wesentlichen Kitt der traditionellen Gesellschaft. Auf der anderen Seite treiben sie, wenn sie selbst zur Verzweiflung getrieben werden, diese Gesellschaft auseinander. Sie werden populistisch. Sie werden reaktionär, weil sie in diesem Zustand als willkommene Hilfstruppe der eigentlichen reaktionären Kräfte, eben des global agierenden Monopolkapitals benutzbar sind.

5. Das Proletariat als weltweite Klasse handelt nicht. Und damit fehlt, vor allem für Zwischenschichten, eine progressive Handlungsorientierung.

Das alles erzeugt einen Mix, in dem der derzeitigen Gesellschaft die Tendenz zum Faschismus aus allen Knopflöchern trieft. Deshalb auch ist Antifaschismus jeder Couleur so wichtig. Und schon deshalb sollte man genau hinsehen, ob jemand diese Orientierung in den Vordergrund stellt oder es unterlässt, ob er ihn als politische und als moralische Orientierung betont oder ob er sich auf Ideologien und auf Ideologen einlässt, die diesen Antifaschismus als undemokratisch und deshalb als abzulehnen desavouieren. […]

Clara Zetkin sagt auf dem Erweiterten Plenum der EKKI-Tagung vom 12. bis 23. Juni 1923 sinngemäß, dass der Faschismus die Strafe dafür sei, dass das Proletariat nicht konsequent genug nach der Macht gegriffen habe. Wenn das stimmt, dann ist der Populismus die Strafe dafür, dass es heute gar nichts tut.

 

Mehr von Jürgen Horn in den »Mitteilungen«: 

2016-02: Miteinander leben. Über Flüchtlingshilfe und staatliches Versagen