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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Koch hetzt gegen die Partei DIE LINKE

Reiner Kotulla, Leun

Der hessische Ministerpräsident, Koch, hat die Partei Die Linke zum Ausschluß ehemaliger SED-Genossen aufgefordert. Ob es sich dabei schon um die zentrale Hetzkampagne, die er stets vor Wahlen auslöst, handelt, sei dahingestellt.

Fest steht, daß seit dem Fund von Anweisungen zur „Verhinderung von Grenzdurchbrüchen“ (Spiegel, 14. 8. 2007), rechtzeitig zum Jahrestag der Befestigung der DDR-Grenze erneut eine Kampagne ausgelöst worden ist, die den Staat DDR auf die Faktoren „SED-Diktatur“, „Stasi“ und „Stacheldraht“ reduzieren will. Zu diesen Anweisungen äußerte sich Dietmar Bartsch am 13. August 2007 auf der Pressekonferenz im Karl-Liebknecht-Haus wie folgt:

„Ich will aber auch eine Bemerkung zu dem aufgetauchten Dokument machen: Aus meiner Sicht ist die Herangehensweise ein Stück weit ahistorisch und auch unwissenschaftlich. Zum einen haben diejenigen, die das veröffentlicht haben, einen Tag später schon eingestehen müssen, daß dieses Dokument bereits vor zehn Jahren veröffentlicht worden war. Es soll jetzt aber das Krondokument für den so genannten Schießbefehl sein. Das kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Wenn man das wirklich so annimmt und sagt, ja, der Staatssozialismus war ein Zentralsystem, dann kann es auch kaum sein, daß in einer untergeordneten Behörde ein Dokument ohne Kopfbogen oder Unterschrift nun ‚der Beweis’ für Schießbefehle ist. Gerade angesichts der Opfer mahne ich hier einen seriösen Umgang an und bitte auch um einen wissenschaftlichen Umgang. Das betrifft wahrhaftig nicht nur die Birthler-Behörde. Ich will dann schon gerade auch in Ihrer Anwesenheit feststellen, daß das Aufnehmen solcher Dokumente durch Sie, die Medien, in dieser Art und Weise dazu beigetragen hat, daß es diese Diskussion hier gibt – die aus meiner Sicht ahistorisch und unwissenschaftlich ist. Um es klar und eindeutig zu betonen: Dieses Dokument ist eines, das auch den Gesetzen der DDR widersprochen hat. Wenn es das in dieser Form gibt, ist es etwas, wo man auch in der DDR hätte diejenigen strafrechtlich zur Verantwortung ziehen müssen.“

Bei den Akzeptanzproblemen der Regierenden im eigenen Volk paßt eine solche Kampagne dazu, um das kapitalistische Deutschland als das bessere und menschlicher darzustellen.

Noch so dummer, historische Tatsachen leugnender Antikommunismus ist und bleibt die gefährlichste Waffe gegen jeden gesellschaftlichen Fortschritt, so er das „Heiligtum Kapital“ auch nur in Frage stellt. Wenn heute der viele Jahre vorgezeigte Glanz und Schein einer „sozialen Marktwirtschaft“ samt vielbeschworener „freiheitlicher Demokratie“ dahin schmilzt, dann braucht es um so mehr der abscheulichsten Berichte und Darstellungen bisheriger sozialistischer Praxis. Auftrag ist und bleibt die Delegitimierung des ersten deutschen Staates, der 40 Jahre lang ohne die Segnungen des Kapitals bestanden hat und historisch Ansehnliches und Bemerkenswertes hervorgebracht hat.

So hieß es dazu noch im Parteiprogramm unserer Partei vom Januar 1993 richtig:

„Die Beseitigung von Arbeitslosigkeit, weitgehende Überwindung von Armut, ein umfassendes soziales Sicherungssystem, bedeutende Elemente sozialer Gerechtigkeit, insbesondere ein hohes Maß an sozialer Chancengleichheit im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie in der Kultur, neue Rechte für Frauen und Jugendliche.“

Zugleich wurde festgestellt,

„…, daß ein Sozialismusversuch, der nicht von der großen Mehrheit des Volkes erkämpft, entwickelt und getragen wird, der nicht die Selbstbefreiung der Menschen gewährleistet, früher oder später scheitern muß.“

Kritisch wurden Ursachen des Scheiterns des Sozialismus in der DDR benannt und festgestellt: „Für die Geschichte, Gegenwart und Zukunft Deutschlands wie auch für die Politik demokratischer Sozialistinnen und Sozialisten in diesem Land ist es ebenso notwendig, sich mit den Defiziten der DDR-Gesellschaft auseinanderzusetzen, wie die Berechtigung und Rechtmäßigkeit einer über den Kapitalismus hinausgehenden Entwicklung auf deutschem Boden zu verteidigen.“

Wir KommunistInnen der Partei Die Linke bagatellisieren die Fehler, Irrtümer und Strukturdefizite des DDR-Sozialismus nicht, sagen aber: Den heute Herrschenden geht es absolut nicht um eine differenzierte Analyse der Sozialismusgeschichte, auch nicht um eine objektive Bewertung der Geheimdienste der untergegangenen sozialistischen Länder. Die endlose Debatte über das MfS bedient einen anderen Zweck. Indem das MfS uneingeschränkt verteufelt wird, wird zum Kapitalverbrechen erklärt, daß die DDR Instrumente zu ihrem Schutz geschaffen hatte. Diese Denunziation eines Teils der Staatsmacht greift auf die Gesamtstrukturen des frühen Sozialismus über. Von der Verteufelung des MfS zur These vom Unrechtsstaat DDR ist es ein äußerst kurzer Weg. Die Unerbittlichkeit der Bewertung der Machtstrukturen des sozialistischen Versuchs resultiert aus der Ablehnung, daß da etwas anderes praktiziert wurde als Kapitalverwertung. Aus der Ablehnung des Sozialismus kommt der Haß der veröffentlichten Meinung, nicht aus den Fehlern und Gebrechen der nichtkapitalistischen Ordnung. Und der Haß kommt aus dem Wissen, daß das zunehmend mörderische Funktionieren des Profitmechanismus selbst das Verlangen nach einer gesellschaftlichen Alternative stimuliert. Unausbleiblichem Widerstand soll daher der Gedanke an eine alternative Perspektive genommen werden.

Schade, daß auch der Pressesprecher der Partei DIE LINKE.Hessen diesen Zusammenhang nicht darstellt und in gewohnter Verteidigungshaltung lediglich darauf hinweist, daß DIE LINKE, wie keine andere Partei, ihre historische Verantwortung für Unrecht und Verbrechen in der DDR aufgearbeitet und sich klar und deutlich distanziert habe.

In diesem Zusammenhang fordern wir Herrn Koch auf, seinen politischen Einfluß auf die gegenwärtige Bundesregierung dahin gehend auszuüben, daß unsere Soldaten umgehend Afghanistan verlassen müssen, anstatt immer weiter in den Krieg der Nato zu versinken.

Vergessen wir doch nicht, daß Nato-Truppen in Afghanistan auf Frauen und Kinder schießen, wenn sich hinter denen „mutmaßliche“ Talibankämpfer befinden.

(August 2007)

Reiner Kotulla richtete als kommissarischer Sprecher der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE.Hessen am 12. 9. 07 einen offenen Brief an den Landesvorstand der Partei DIE LINKE.Hessen mit dem Titel „Richtungswahlkampf oder die Allianz der Antikommunisten?“, den wir in der Online-Ausgabe zu diesem Heft veröffentlichen wollen.