Keine Rechtfertigung der Kriegspolitik!
Artur Pech, Schöneiche, in der Diskussion am 12. April
Ich denke, bezüglich des Verhaltens von Vertretern der Linken im Bundesrat handelt es sich nicht um eine landespolitische Entgleisung oder um persönliche Befindlichkeiten. Es ist Teil einer verhängnisvollen Entwicklung der Gesamtpartei. Am Tage, an dem der Deutsche Bundestag über ein unbegrenztes Rüstungsprogramm abstimmte, präsentierte Jan Schlemmermeyer seine Überlegungen, wie linke Politik »zur Abwehr autoritärer Bedrohung von außen« ohne »linken Identitätsverlust« gestaltet werden kann. Sie laufen auf ein linkes Konzept der Militarisierung der Europäischen Union hinaus bis hin zu einer Europa-Armee. Der Zweck ist eben bei Lichte besehen nicht Verteidigung, sondern Schaffung einer strategischen Autonomie der EU, die sie in die Lage versetzt, im imperialen Streit um die Neuordnung der Welt die von ihr angestrebte Rolle zu spielen. Das ist die Neuauflage des Burgfriedens nach innen gegen äußere Feinde und die tatsächliche Absage an die Friedensbewegung. Darum geht es gegenwärtig in der Linken.
Die in diese Richtung treibenden Kräfte hätten sich das Ganze behutsamer, geräuschloser im Zuge der anstehenden Revision des Parteiprogramms gewünscht. Das ist mit dem Bundesrat schief gegangen, und nun wird zu sehen sein, wie die in den letzten Monaten stark veränderte Mitgliedschaft der Linken darauf reagiert. Dass es bei der Abstimmung im Bundesrat eben nicht um das Fehlverhalten Einzelner, sondern um einen Teil einer verhängnisvollen Entwicklung geht, machten auch Publikationen im neuen deutschland deutlich. Da schrieb am 7. Januar Bernd Friedrich aus Leipzig, aus seiner Sicht bräuchten wir eine linke Militärdoktrin, und konkret bedeute das, zu erarbeiten, welche militärischen Mittel für die Verteidigung Deutschlands und anderer europäischer Länder nötig sind, was sie kosten und dann zu klären, wie diese Lasten sozial gerecht verteilt werden müssen. Das soll eine linke Position sein! Und er fragte, ob jemandem etwas anderes zu einer linken Militärdoktrin einfalle. Ich habe ihm darauf geantwortet und sie haben das sogar veröffentlicht: »Da fällt was anderes ein, und das war schon vor 100 Jahren. Die Kurzformel lautet: Der Hauptfeind steht im eigenen Land. Und noch direkter: Jede positive Mitwirkung dieser Art wird stets in ein positives Eintreten für den Krieg umgeschmolzen und alle Vorbehalte werden zur Dekoration, was das Erstgeburtsrecht des Sozialismus schließlich doch um ein Linsengericht verkaufen hieße.« Das ist im Bundesrat passiert. Zur blanken Infamie wird es, wenn der gleiche Friedrich am 3. März im nd die Frage stellt, wann die deutsche Friedensbewegung nun unter Trump-Porträts demonstrieren wird. Die größten Kriegstreiber sitzen zurzeit im EU-Europa. Auch wenn Gregor Gysi in dem nach offiziellem Protokoll der Eröffnung des Bundestages unter dem Beifall von Abgeordneten der CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Linken meinte, wir dürften niemals die als Kriegstreiber bezeichnen, die den aktuellen Hochrüstungskurs durchgewunken haben, denn die wollen ja schließlich auf ihrem Weg Frieden. Im Klartext: Das zur Rechtfertigung dieser Kriegspolitik wiederbelebte Märchen von der Gefahr aus dem Osten ist schlicht Dummenfang, auch wenn sich manche Linke seiner Verbreitung nur leicht nuanciert anschließen.
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sagte der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Kujat: »Der amerikanisch-russische Zug fährt in Richtung Frieden und der europäische Zug fährt in Richtung Fortsetzung des Krieges.« Natürlich macht Trump eine militaristische Politik für den US-Imperialismus. Aber genauso macht die Europäische Union keine Friedenspolitik, sondern eine Politik der europäischen Imperialisten. Wenn man sich das nicht eingesteht, wird man als Sozialist, als Linker, in der Frage von Krieg oder Frieden ein Problem haben. Und wie es im Freitag hieß: Wir sind Europäer und Europäerinnen, aber mit einer imperialistischen EU, die bei der Aufteilung der Welt mitspielt, werden wir uns nicht identifizieren. Ich denke, da hat er Recht.
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