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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Ja zu Evakuierungen, Nein zu Kampftruppen in Sudan

Sevim Dağdelen, MdB, DIE LINKE

 

Der Bundestag hat nachträglich den bewaffneten Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Sudan abgesegnet. Ich habe dem von der Bundesregierung vorgelegten Mandat nicht zugstimmt. Die Rettung deutscher Staatsbürger ist angesichts der prekären Sicherheitslage richtig. Der Einsatz von Kampftruppen ist dagegen falsch, gefährlich und nicht alternativlos wie von der Bundesregierung im Mandatstext dargestellt.

Im Unterschied zu den ehemaligen europäischen Kolonialmächten sowie den USA setzen viele andere Länder und die Vereinten Nationen auf nicht-militärische Evakuierungen ihrer Staatsbürger und ihres Personals. Die UNO hat am 23. April 2023 mit einem Konvoi rund 700 Personen zur Evakuierung von Khartum nach Port Sudan gebracht. Über diese Evakuierung wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums auch fünf deutsche Polizisten, die in Sudan an einer internationalen UN-Mission teilgenommen hatten, sicher außer Landes geführt.

Auch bei der ersten Evakuierung am 22. April 2023 von insgesamt 157 Personen, darunter 91 saudische Staatsangehörige, die mit Autos und Bussen von Khartum nach Port Sudan gebracht und von dort aus von der saudischen Marine nach Dschidda gebracht wurden, war der Einsatz militärischer Spezialkräfte offenbar nicht erforderlich, weil die Evakuierung diplomatisch in die Wege geleitet wurde.

Selbiges gilt auch für die Evakuierung indischer Staatsbürger. Indien hat zwei C-130J-Transportflugzeuge in Dschidda stationiert und das Patrouillenschiff INS Sumedha entsandt, aber keine Kampftruppen. Nach Angaben des indischen Außenministers haben bis 24. April 2023 rund 500 Staatsbürger Port Sudan erreicht. Weitere sollen folgen.

Während die NATO-Staaten USA, Großbritannien und Frankreich mit militärischen Kommando-Operationen ihr diplomatisches Personal evakuiert und ihre Botschaften geschlossen haben, entsandte das chinesische Außenministerium eine Arbeitsgruppe nach Khartum, um Evakuierungen chinesischer Staatsbürger zu unterstützen. Ein Großteil der chinesischen Bürger in Sudan sei »gruppenweise, ordnungsgemäß und sicher evakuiert worden«, teilte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums am 25. April 2023 mit. Dank Bemühungen verschiedener Parteien seien die chinesischen Bürger zum größten Teil an die Übergänge an der sudanischen Grenze oder in die Nachbarländer evakuiert worden. Die Mitarbeiter der chinesischen Botschaft in Khartum bleiben weiterhin auf ihren Posten, um die Gewährleistung der Sicherheit chinesischer Bürger und Institutionen im Sudan tatkräftig zu unterstützen. Bei Gefahr ziehe sich die Botschaft immer als Letzte zurück.

Alternativen zu militärischen Evakuierungen mithilfe bewaffneter Spezialkräfte sind mithin gegeben und sie werden von einer Vielzahl von Ländern in Abstimmung mit den lokalen Kräften realisiert. Neben den genannten evakuieren unter anderem auch Indonesien, Pakistan, Südkorea und Japan ihre Staatsbürger aus Sudan ohne Einsatz von Kampftruppen. Auch das NATO-Mitglied Türkei hat mehr 1.600 seiner Staatsbürger sicher mit Bussen über Äthiopien evakuiert ohne Einsatz von Kampftruppen.

Die Bundesregierung kann nicht plausibel darlegen, warum der gefährliche und riskante Einsatz deutscher Kampftruppen angesichts der effektiven zivilen Evakuierungen zahlreicher anderer Länder alternativlos sein soll.

Eine erste geplante Evakuierungsaktion der Bundeswehr am 19. April war wegen anhaltender Kämpfe in der Hauptstadt Khartum gescheitert. Für eine Evakuierung bedarf es ganz offensichtlich also einer Zustimmung seitens der beiden Konfliktparteien, welche die SAF wie auch die RSF-Miliz öffentlichen Stellungnahmen zufolge gegeben haben.

Allein die Tatsache, dass die Bundeswehr auf die Kooperation der SAF angewiesen ist, unter deren Kontrolle das Flugfeld Wadi Seidna nördlich der Hauptstadt Khartum steht, wo die Streitkräfte des Landes einen Teil ihrer Luftwaffe stationiert haben und über das die Evakuierungen abgewickelt werden, offenbart, dass die Notwendigkeit für die Entsendung von Kampftruppen nicht besteht. Wenn also die Evakuierungen nur unter Genehmigung der Konfliktparteien und in Kooperation mit diesen stattfinden können und müssen, ist der Einsatz von Kampftruppen auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.

Aus diesen Gründen sage ich: Ja zu Evakuierungen, Nein zum Einsatz von Kampftruppen. Deswegen habe ich mich bei der Abstimmung im Bundestag enthalten.

(Quelle: https://www.sevimdagdelen.de/ja-zu-evakuierungen-nein-zu-kampftruppen-in-sudan, abgerufen am 7. Mai 2023, veröffentlicht und aktualisiert am 27. April 2023)