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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Interview zur Aktion "Ein Bulldozer für Kuba"

Konstantin Seeger, AG Cuba Sí

"Mitteilungen": Kuba steht vor der dringenden Aufgabe, einen höheren Grad der Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln zu erreichen. Dafür müssen landwirtschaftliche Flächen von dem wuchernden Marabú-Strauch befreit werden. Kuba-Reisenden wird schon seit vielen Jahren von diesem Problem berichtet, das sich bisher nicht wirksam lösen ließ und enormen wirtschaftlichen Schaden mit sich bringt. Wie ist die Lage bei den Milchprojekten, auf denen der Cuba-Sí-Bulldozer zum Einsatz kommen soll? Welches Ergebnis kann er dort erzielen?

Konstantin Seeger: Gerade in den Provinzen Havanna, Pinar del Río und Sanctí Spíritus, in denen Cuba Sí-Milchprojekte realisiert werden, gibt es große Flächen, die von Marabú befallen sind. Im Projekt Dos Rios in Sanctí Spíritus erzählte uns Projektleiter Reinol Méndez von dem ehrgeizigen Vorhaben, die Milchproduktion im Projekt von einer Million Liter pro Jahr auf zwei Millionen Liter pro Jahr zu verdoppeln. Wann diese Verdopplung zu erreichen sei, hänge im wesentlichen davon ab, wie schnell Weide- und Futtermittelflächen nutzbar gemacht werden können, also vom Marabú befreit werden. Bei Gesprächen in Kuba zwischen Cuba Sí und unserer Partnerorganisation ACPA (kubanische Vereinigung für Tierproduktion) wurde schnell klar, daß bei der Größe der befallenen Flächen – Raúl Castro sprach von 1,2 Millionen Hektar in ganz Kuba – es lange Zeit dauern kann, bis das Landwirtschaftsministerium den Projekten Bulldozer zur Marabú-Bekämpfung zur Verfügung stellen kann. Ein Bulldozer für die Projekte ist also eine sinnvolle Investition zur mittelfristigen Steigerung der Produktionsergebnisse in den Projekten und somit ein wichtiger Beitrag zur Ernährungssicherheit in Kuba.

Kannst Du etwas zu Technologie des Rodens der Sträucher sagen?

Die Technologie ist recht simpel: Der Strauch mit seinen bis zu armdicken Ästen wird mit dem Schild des Bulldozers abgeschert. Die Wurzeln werden mit dem Heckaufreißer des Bulldozers herausgezogen. Sträucher und Wurzeln werden dann verbrannt oder zur thermischen Verwertung veredelt. Dies wäre das technische Vorgehen. Das funktioniert natürlich nur, wenn entsprechende Technik vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall, und das ist leider noch häufig so, wird dem Marabú manuell mit durch Macheten ausgestatteten Brigaden begegnet.

Um die Nachhaltigkeit eines solchen Projektes sicherzustellen, bedarf es vielerlei Unterstützung. So muß die Ersatzteilsicherheit gewährleistet sein, die Kooperation mit Groß- und Kleinbetrieben ist zu organisieren, und neben der maschinellen ist auch manuelle Arbeit notwendig, um die Sträucher dauerhaft zu bekämpfen und durch Nutzpflanzen oder endemische Gewächse zu ersetzen. Kannst Du uns das diesbezügliche Konzept ein wenig erläutern?

Bei dem Projekt "Ein Bulldozer für Kuba" arbeitet Cuba Sí eng mit ACPA und dem kubanischen Landwirtschaftsministerium zusammen. So wurde ein Bulldozer ausgewählt, der einerseits den Ansprüchen der Marabú-Rodung genügt und für den andererseits in Kuba problemlos Ersatzteile bestellt werden können. Das bedeutet, daß alle in dem Bulldozer verarbeiteten Teile nicht unter die Blockadegesetze der USA fallen. Neben der organisatorischen Unterstützung wird das Landwirtschaftsministerium auch logistische Unterstützung leisten – so bei der Umsetzung des Bulldozers von einem Projekt zum anderen. Das Ministerium verfügt über entsprechende technische Mittel. Die mit dem Bulldozer gerodeten Flächen sollen der Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln dienen. Sie werden also ständig maschinell und manuell bearbeitet, so daß der Marabú auf diesen Flächen keine Möglichkeit mehr haben sollte, sich dort erneut auszubreiten.

Was geschieht mit den Bioabfällen? Kann man die Überreste des Marabú-Strauchs nutzen, etwa zur Energiegewinnung?

Der abgeholzte Marabú-Strauch wird derzeit in Kuba zu Holzkohle verarbeitet. Diese Holzkohle ist anscheinend von sehr hoher Qualität, da sie einen hohen Kohlenstoffanteil besitzt. Die Verarbeitung des Marabú zu Holzkohle ist eine effiziente, kostengünstige und ökologische Methode zur Energiegewinnung. Der gewonnene Energieträger Holzkohle verhält sich weitestgehend CO2-neutral. Die gewonnene Holzkohle wird derzeit sogar nach Europa exportiert. Es gibt weitere Überlegungen, den Marabú-Strauch anders energetisch zu verwerten, so z.B. die Nutzung der im Strauch gespeicherten Energie in Biomassekraftwerken. Diese Möglichkeit der Energieerzeugung würde für Kuba die Verringerung der Abhängigkeit von Ölimporten bedeuten, ist aber erst einmal mit hohen Investitionen verbunden, so daß davon wahrscheinlich zunächst abgesehen wird.

Wird der Bulldozer-Einsatz im Erfolgsfall auch Auswirkungen auf andere Bereiche der kubanischen Landwirtschaft haben?

Der Bulldozer dient in erster Linie der Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen zur Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln in den Cuba-Sí-Projekten. Denkbar ist aber auch die Nutzung des Bulldozers zur Unterstützung infrastruktureller Maßnahmen, z.B. dem Straßenbau. Dies bedeutete eine Verbesserung der Versorgung der Verbraucher mit den landwirtschaftlich erzeugten Produkten. Cuba Sí wird erst einmal nur einen Bulldozer kaufen. Man kann nicht erwarten, daß eine einzige Maschine sämtliche Probleme der kubanischen Landwirtschaft löst, er kann jedoch einen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten.

Mit Konstantin Seeger, Koordinator der AG Cuba Sí, sprach Volkmar Vogel am Rande der "Fiesta de solidaridad" für die "Mitteilungen" über die Solidaritätsaktion.

Cuba Sí startet neue Spendenaktion

Wir möchten für unsere Milchprojekte in Kuba einen Bulldozer kaufen, damit die von Marabú überwucherten Flächen wieder landwirtschaftlich nutzbar gemacht werden können. Marabú ist ein Fluch für die kubanische Landwirtschaft. Dieser eingeschleppte Dornenstrauch pflanzt sich über tiefe unterirdische Sprosse, Stengelfragmente und Unmengen produzierter Samen fort. Diese sind feuerunempfindlich, bleiben über viele Jahre fruchtbar und zersetzen sich auch nicht im Verdauungstrakt von Tieren. Durch seine rasante Ausbreitung gehen kostbare Flächen für Viehzucht und Lebensmittelanbau verloren. Ursprünglich stammt die Marabúpflanze aus der Kalahari-Wüste im Süden Afrikas. Vermutlich wurde sie als Zierstrauch Ende des 19. Jahrhunderts nach Kuba eingeschleppt. Mangelnde Kenntnisse im Umgang mit dieser Pflanze, die ungezügelte Abholzung der Wälder bis Anfang des 20. Jahrhunderts und die tropische Feuchtigkeit haben dazu beigetragen, daß sich der Marabú sehr schnell über das gesamte kubanische Territorium ausbreiten konnte. Für die Bekämpfung des Marabú gibt es zwar mittlerweile Herbizide, die jedoch zu einer Kontaminierung des Bodens führen. Deshalb finden sie in den Cuba-Sí-Projekten keine Anwendung. Mit dem Einsatz eines Bulldozers ist es möglich, die Böden von der Marabúpflanze samt Wurzeln zu befreien. Eine sofortige landwirtschaftliche Nutzung der so behandelten Flächen kann die Wiederkehr des Marabú verhindern. Bitte unterstützen Sie unsere Solidaritätskampagne "Milch für Kubas Kinder" – spenden Sie für den Kauf eines Bulldozers zur Rodung von Marabú befallenen Flächen auf den Cuba-Sí-Milchprojekten! Sonderspendenkonto beim Parteivorstand DIE LINKE/Cuba Sí, Nummer 13 222210, Berliner Sparkasse, BLZ 100 500 00, VWZ bitte unbedingt angeben: Milch für Kubas Kinder/Bulldozer