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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Harry Nick: Ökonomiedebatten in der DDR

Helmut Müller, Berlin

 

Wer sich nicht von dem leichtgewichtigen Umfang des Buches (109 Seiten) und dem anscheinend in die Vergangenheit weisenden Titel irritieren lässt, findet in ihm für gegenwärtige und zukünftige linke Politik Gewichtiges.

Indem Harry Nick – einer der namhaftesten Ökonomietheoretiker der DDR – den Disput über theoretische Fragen der Wirtschaftspolitik der SED von ihren Anfängen bis zu ihren schmerzlichen Ende Revue passieren lässt, erfährt der Leser viel über die Entwicklung der Volkswirtschaft in der DDR, von den Ursachen ihres Aufstiegs, ihrer Stagnation und ihres Niedergangs. Dabei werden Kernauffassungen von Karl Marx in Erinnerung gerufen, ihre Anwendung und ihre teilweise Ignorierung und deren Folgen in der Praxis gezeigt. Dabei jedoch belässt es Harry Nick nicht, sondern er entwickelt dazu seine Auffassung für ihre Verwertbarkeit in der Gegenwart und Zukunft. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die Diskussion über den sozial-ökonomischen Charakter des Volkseigentums in der Übergangsperiode (S. 9 ff.), die Rolle der halbstaatlichen Betriebe als Form der Bündnispolitik (S. 12 ff.), das Verhältnis von Gesellschaft-Betrieb-Individuum, besonders unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution (S. 42 ff., 63 ff.) u.a.m. Erhellend sind die Aussagen über die unterschiedliche Strategie der KPdSU und der SED zu Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Durch die KPdSU: Proklamierung des Übergangs zum Kommunismus; durch die SED: Verbesserung, Vervollkommnung des Sozialismus und Übergang zum Neuen Ökonomischen System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft, dass den ersten ernstzunehmenden Versuch einer Wirtschaftsreform in den europäischen Ländern des Sozialismus darstellte (S. 20 ff.). Jedem, dem die Aufhellung der Ursachen unserer Niederlage am Herzen liegt, findet hier viele Denkanstöße, besonders was die hauptsächlichsten Gründe für das wirtschaftliche Scheitern anbetrifft (S. 92 ff.) Die Antwort auf die selbst gestellte Frage "Was bleibt" (S. 105 ff.) hebt den großen Wert der DDR-Erfahrungen für heutige sozialistische Politik und Zukunftsvorstellungen hervor. Gerade die hier in Erinnerung gerufenen Ökonomie-Debatten können als Anregungen für eine Diskussion über die Gestaltung eines lebensfähigen Sozialismus aufgefasst werden.

Gewichtig für Politikansätze der Linken sind die Überlegungen zur Frage "Wie wollen wir leben?" Harry Nick bezeichnet sie als "die Frage aller Fragen, auch die aller sozialistischen Wertvorstellungen, Bewegung und Ziele. Über diese Frage muss ohne Unterlass nachgedacht, debattiert und sicher auch gestritten werden. Sie permanent vernachlässigt zu haben, gehört zu den Erbsünden der Linken".

Harry Nick: Ökonomiedebatten in der DDR, GNN Verlag 2011, ISBN 978-3-89819-366-5, Preis: 9,00 Euro.

 

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