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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Gegen die Leugnung der Selbstbefreiung!

Jugendgruppe VVN-BdA Freiberg

Ein Bericht vom 19. Antifacamp 2007 in Weimar

Auch in diesem Jahr beteiligten wir uns an wichtigen Arbeitsprojekten. Dabei wurden wieder zahlreiche archäologische Relikte entdeckt. Aus der Bahntrasse soll ein Wanderweg zur Gedenkstätte Buchenwald entstehen. Die Leitung der Gedenkstätte ist zwar damit einverstanden, aber gearbeitet wird an diesem Projekt nur durch eine Weimarer Bürgerinitiative, die wir natürlich gern unterstützt haben.

Schwerpunkt in diesem Jahr waren die Auseinandersetzungen über das Illegale Lagerkomitee und die Selbstbefreiung. Im vergangenen Jahr wurde unsere Kritik mit Bemerkungen, wir wüßten nicht, wovon wir reden, und wir sollten uns erst einmal in der Ausstellung kundig machen, abgetan. Der Mitarbeiter, der dies äußerte, ist heute Leiter der pädagogischen Abteilung. Nun entstand die Idee, in diesem Jahr den Historiker Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der FIR (Internationale Föderation der Widerstandskämpfer) einzuladen. Er war früher Leiter der Gedenkstätte Buchenwald. Ulli kam unserer Bitte sehr gern nach. Eine Führung durch die Gedenkstätte und eine offene Diskussionsrunde fanden statt. An der offenen Diskussionsrunde nahm auch wieder der Mitarbeiter der Gedenkstätte teil. Er zeigte sich erstaunt über die Aussagen von Ulrich Schneider, er hätte noch mehr Hetze erwartet! Im Gegensatz zu ihm konnten die meisten den Schlußfolgerungen von Ulrich Schneider folgen.

Unsere Hauptkritikpunkte: Es fehlt die Vorstellung der Illegalen Lagerorganisation und die authentische Darstellung der Selbstbefreiung. Wichtige Ereignisse werden aus dem Zusammenhang gerissen.

Wir nutzten natürlich unsere Gelegenheit, dem Mitarbeiter der Gedenkstätte einige unbequeme Fragen zu stellen. "Warum wird das internationale Lagerkomitee nicht als solches in der Ausstellung benannt?" Die Antwort lautete: "Diese Organisation hätte so viele verschiedene Namen, daß man nicht wüßte, welche man verwenden sollte." Nach der Ankündigung, daß die Gedenkstätte ihre Ausstellung im nächsten Jahr neu gestalten wird, fragten wir, ob dann immer noch der unsägliche Begriff "Kommunistische Geheimorganisation" für den Widerstand im Lager stehen wird. Er hielt das für sehr wahrscheinlich. Zu einem Eklat kam es, als er erklärte, daß die Ausstellung im Museum im Glockenturm die teuerste der gesamten Gedenkstätte wäre. Dies veranlaßte einen Teilnehmer des Camps zu bemerken: "Früher war dieses Gebäude das Klo am Glockenturm, das heißt, die Geschichte der DDR wurde aufs Klo verbracht, und wenn es darum geht, die DDR zu diskreditieren, dann ist auch genug Geld da!"

Bemerkenswert war auch die Mitteilung, die Gedenkstätte sammle Vorschläge für die Neugestaltung der Ausstellung. Wir rufen alle Antifaschisten auf, diesem Wunsch der Gedenkstättenleitung nachzukommen und sie förmlich mit konkreten Vorschlägen zuzuschütten! Wir haben uns in den folgenden Tagen des Camps die Ausstellung sehr genau angesehen und halten auch danach alle Kritikpunkte aufrecht.

In der Ausstellung werden Ereignisse der Geschichte des Lagers Buchenwald durch Berichte über einzelne Personen dargestellt. Es soll also einzelne gute Menschen, aber keine Organisation gegeben haben. Einige Beispiele:

  • Rolf Kralovitz berichtet in einem Video über zusätzliche Essenrationen. Er schildert diese Aktion sehr eindrücklich, bleibt aber, zumindest in dem Videoabschnitt, die Aussage schuldig, woher dieses zusätzliche Essen kam.
  • Kurt Goldstein kam ins Lager und beschloß für sich, Arier zu sein, der Schreiber der Effektenkammer begrüßte ihn mit "Hallo Julio" – seinem Namen aus dem Spanienkrieg. Wenige Tage später holte man ihn aus dem Kleinen Lager. Hatte das ein einzelner Schreiber vollbracht?
  • Die 46, die sich kurz vor der Befreiung am Tor melden mußten, wurden versteckt. Ging das ohne Hilfe? Ohne Organisation?

Spontan entschlossen wir uns, gegen diese Geschichtsfälschung zu protestieren. Unter den Losungen "Nehmt den Häftlingen nicht ihre Würde – gegen die Leugnung der Selbstbefreiung!" und "Gegen die Umdeutung der Geschichte – die Selbstbefreiung achten!" demonstrierten wir vor dem Eingang des Lagers Buchenwald und anschließend mit einer Spontandemo durch Weimar. Dabei gab es viele Gespräche mit Bürgern Weimars und Touristen. Skeptiker wurden in vielen Einzelgesprächen überzeugt. Über tausend Flugblätter wurden verteilt und gelesen! Wir fordern von der Gedenkstätte

  • die eindeutige Darstellung des illegalen Widerstandes und des Wirkens des Internationalen Lagerkomitees,
  • die eindeutige Darstellung der Selbstbefreiung und
  • die Mörder Ernst Thälmanns zu benennen!

Widerstand darstellen! Den vorstehenden Bericht ergänzt Mandy Heinzig aus Freiberg: Angeregt durch ein Interview des Sohns von Albert Kuntz in der "jungen Welt" fuhren circa 20 AntifaschistInnen aus dem Camp in Weimar nach Nordhausen zum Konzentrationslager Mittelbau Dora. Mit einem Transparent: "Widerstand darstellen!" unterstützten wir die Forderung des Sohns von Albert Kuntz. Unser Flugblatt fand bei Besuchern reges Interesse. Nur eine Mitarbeiterin der Gedenkstätte hatte kein Interesse, sie zerknüllte das Papier und warf es weg. Es ist tatsächlich wahr: Kein Wort über Widerstand! Kein Wort über eine illegale Organisation! Kein Wort über Albert Kuntz und Genossen! Dafür aber Bildbände über die "Gestapo" und die "Waffen-SS"! Welch eine Verhöhnung des Leidens und Sterbens von Tausenden Häftlingen in Mittelbau Dora.

Wir bitten alle Antifaschisten in Deutschland und Europa, sich dem Protest des 19. Antifacamps Weimar anzuschließen. Und an der Vorbereitung des nächsten Camps sollten sich wieder mehr Menschen beteiligen. Den Aufruf kann man unter jg.vvn-freiberg@gmx.de abrufen.